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Knochenbruch

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Knochenbruch

Fraktur, Knochenfraktur, Fractura sind weitere Bezeichnungen für den Knochenbruch. Bei einem Knochenbruch handelt es sich um eine Durchtrennung eines Knochens unter Bildung von mindestens 2 Bruchstücken. Es gibt zahlreiche Einteilungen von Frakturen. Sie basieren auf der Frakturlinie, der Anzahl der Knochenfragmente, dem Entstehungsmechanismus, dem Ausmaß und ob mit und ohne Gelenkbeteiligung. Im Verlauf einer sekundären Abheilung einer Fraktur findet eine Knochenkallusbildung statt. Wobei eine primäre Abheilung die direkte Verbindung der Frakturteile wiederherstellt und das ohne Kallusbildung. Die meisten Knochenbrüche werden nach der AO-Klassifikation beschrieben, damit sie weltweit zugeordnet werden können und auch eine standardisierte Behandlung möglich ist. Knochen haben ja keine Schmerzrezeptoren, können deshalb auch keine Schmerzen verursachen. Die Schmerzen werden deshalb von der Verletzung des Periosts, des Endosts und von einem begleitenden Weichteilödem verursacht. Die Behandlung ist vom Ausmaß und der Lokalisation der Fraktur abhängig und deshalb sehr verschieden.

Leitmerkmale: Fehlstellung, abnorme Beweglichkeit (abnorme Lage), sichtbare Knochenfragmente, Krepitation (Knochenreiben)
Definition Als Knochenbruch bezeichnet man eine Unterbrechung der Kontinuität eines Knochens

Weitere Bezeichnungen
(Synonyme)
  • Fraktur
  • Knochenfraktur
  • Fractura
Einteilung
  • nach Ort des Bruches: Schädelfraktur, Oberschenkelfraktur, Beckenfraktur usw.
  • nach Verlauf des Frakturspaltes: Quer-/Längs-/Schräg-/Spiralbruch(mit Verlust von Knochensubstanz)
  • nach Anzahl der Knochenfragmente: Einfragment-/Mehrfragmentfraktur, Trümmerbruch (mehr als 6 Fragmente)
  • nach Pathomechanismus: Abrissfraktur, Abscherfraktur (ein Teil des Knochens wird abgeschlagen), Berstungsfraktur, Ermüdungsfraktur(durch Überbelastung des Knochens), Kompressionsfraktur (Gewalteinwirkung auf die Längsachse), pathologische Fraktur(durch Osteoporose, Knochenmetastasen)
  • nach Gelenkbeteiligung: intraartikuläre, extraartikuläre Fraktur
  • nach Ausmaß der Fraktur: dislozierte, nicht dislozierte Fraktur
  • nach Form des Frakturspalts: Y-Fraktur, T-Fraktur
  • Grünholzfraktur: kindliche Fraktur, das Periost ist noch erhalten
  • mit Epiphysenverletzung: es kommt zu Wachstumsstörungen
Einteilung nach Art
  • offene Frakturen: die Haut wurde durch einen Knochen durchstießt, die Wunde ist sichtbar
    • Grad I: unbedeutende Verschmutzung, einfache Frakturform
    • Grad II: umschriebene Hautverletzung, mittelschwere Kontamination, alle Frakturformen
    • Grad III: ausgedehnte Weichteilverletzungen, Gefäß-/ Nervenverletzungen, starke Wundkontamination, ausgedehnte Knochenzertrümmerung
    • Grad IV: unvollständige Amputationsverletzung

  • geschlossen Frakturen: ohne Verletzung der Haut, keine sichtbare Wunde
    • Grad I: keine/wenig Weichteilverletzung, einfache Frakturform
    • Grad II: oberflächliche Hautabschürfung/Quetschung, einfach bis mittelschwere Frakturform
    • Grad III: tiefe/verschmutzte Hautverletzung, drohendes Kompartmentsyndrom, mittelschwere bis schwere Frakturform
    • Grad IV: ausgedehnte Hautverletzungen oder Zerstörung der Muskulatur, Kompartmentsyndrom, Verletzung eines Hauptgefäßes
AO-Klassifikation Für eine weltweit eindeutige Zuordnung der Frakturen:

  • Körperregion:
    • 1: Oberarm
    • 2: Radius/Ulna
    • 3: Femur/Patella
    • 4: Tibia/Fibula
    • 5: Wirbelsäule
    • 6: Becken
    • 7: Hand
    • 8: Fuß
    • 9: Schädel

  • Frakturort:
    • 1: proximal
    • 2: diaphysär
    • 3: distal

  • Bewertung der Fraktur:
    • A: einfache oder extraartikuläre Fraktur
    • B: Kleifraktur oder partielle Gelenkbeteiligung
    • C: komplexe Fraktur oder vollständige Gelenkfraktur
AO-Klassifikation der Begleitverletzungen
  • I: Hautschäden
    • IC1: keine Hautverletzung
    • IC2: Kontusion ohne Hauteröffnung
    • IC3: umschriebenes Decollement
    • IC4: ausgedehntes, geschlossenes Decollement
    • IC5: Nekrose durch tiefe Kontusion

  • offene Hautverletzung
    • IO1: Hautdurchspießung von innen nach außen
    • IO2: Hautdurchspießung von außen < 5cm mit kontusionierten Rändern
    • IO3: Hautläsion < 5 cm, umschriebenes Decollement mit Randkontusion
    • IO4: Hautverlust, tiefe Kontusion, Schürfung
    • IO5: ausgedehntes Decollement

  • Muskel-/Sehnenverletzung
    • MT1: keine Verletzung
    • MT2: umschriebene Muskelverletzung (auf eine Muskelgruppe beschränkt)
    • MT3: ausgedehnte Muskelverletzung (2 oder mehr Muskelgruppen)
    • MT4: Ausriss oder Verlust ganzer Muskelgruppen, Sehnendurchtrennungen
    • MT5: Logen- oder Crush-Syndrom

  • neurovaskuläre Verletzungen:
    • MV1: keine Verletzung
    • MV2: isolierte Nervenverletzung
    • MV3: umschriebene Gefäßverletzung
    • MV4: kombinierte neurovaskuläre Verletzung
    • MV5: Subtotal-/Totalamputation
Ursachen
  • Trauma (Gewalt von außen)
    • direktes Trauma: Fraktur an der Stelle der Gewalteinwirkung
    • indirektes Trauma: Stelle der Gewalteinwirkung mit Bruchort nicht identisch

  • Spontanfraktur
    • Ermüdungsfraktur: Überbeanspruchung
    • pathologische Fraktur: Osteoporose, Knochen-Tbc, Tumoren wie Plasmozytom, Skelettmetastasen
Symptome
  • Allgemeinsymptome: Störung der Durchblutung, Motorik und Sensibilität, Fettembolie, Blutverlust
  • sichere Frakturzeichen:
    • Fehlstellung, Achsabweichung der physiologischen Knochenlinie (Stufenbildung)
    • abnorme Beweglichkeit (abnorme Lage)
    • Krepitation (Knochenreiben, „Knistern“ bei Palpation)
    • sichtbare Knochenfragmente

  • unsichere Frakturzeichen:
    • Schmerzen, Schwellung, Bluterguss, Hämatome, abnorme Stellung, Störungen der Beweglichkeit, Schonhaltung
Diagnose Anamnese: Klinik, Unfall
Körperliche Untersuchung: Knochen
Apparative Diagnostik: Röntgen, MRT, CT

Differentialdiagnose
  • Spontanfraktur
  • pathologische Fraktur
Komplikationen
  • Allgemein: Schock durch Blutverlust/Schmerzen, Infektionsgefahr bei einer offenen Verletzung, Komplexes regionales Schmerzsyndrom, Pseudarthrose
  • Kompartiment-Syndrom: Schmerzen, Bewegungseinschränkung, neurologische Symptome durch ein Frakturhämatom, Gipsverband, Muskelödem, venöse Thrombose => Komprimierung von Gefäßen und Nerven => Muskelnekrose => Faszienspaltung
  • Infektion, Osteomyelitis: nur bei offenen Frakturen => Antibiotika (meist Staphylo- oder Streptokokken)
  • Embolie: durch Fette (Fettembolie) oder Fraktursplitter
  • neurologische Ausfälle: bei Nervenverletzungen
  • Verletzung innerer Organe: Milzruptur durch Knochenspitzen, Pneumothorax bei Rippenfraktur
  • Pseudoarthrose (Gelenkfalschbildung): Wundheilung bleibt länger als 6 Monate aus, als Spätfolge Arthrose des beteiligten Gelenks
  • Sudeck-Syndrom: sympathische Reflexdystrophie
  • Verletzungen des umliegenden Gewebes: Nerven, Blutgefäße, Gelenke, Lymphe, Organe
Therapie
  • Allgemeinmaßnahmen: Betroffene möglichst wenig bewegen, Retention (Fixation), Ruhigstellung durch Gips, Extension, bei offenen Brüchen sofort keimfreien Verband anlegen, beengende Kleidungsstücke öffnen (Armbanduhren, Ringe, Schuhe)
  • Ernährungstherapie: kalziumreiche Kost, Getreide, grünes Gemüse, Fisch
  • Naturheilkundliche Therapie: Bachblüten (Rescue), Eigenbluttherapie, Homöopathie, Magnetfeldtherapie, Neuraltherapie, Phytotherapie, Schüssler Salze
  • Medikamentöse Therapie: Antibiotika, Analgetika, Antiphlogistika, Thromboseprophylaxe, Tetanusprophylaxe
  • Operative Therapie: Reposition (offen, geschlossen), Osteosynthese
Prognose Heilungsdauer: abhängig von: Alter, Lokalisation, Durchblutung, Begleitverletzungen (3-5 Wochen)

Knochenbruchheilung Ist nur möglich, wenn die Bruchenden zur Ruhe kommen und nicht bewegt werden (Gipsverband, Operation), die Dauer der Knochenheilung hängt von Form/Größe/ Durchblutung/Art des Bruches, Ruhigstellung, Stoffwechsellage und Alter des Patienten ab (3 – 8 Wochen):

  • Bluterguss (Hämatom): entsteht als ersten zwischen und um die Bruchenden, es wandert Granulationsgewebe ein (Abbau von Zelltrümmern, Bekämpfung von Infektionen)
  • Granulationsgewebe: legt sich um die Knochenstücke und verschleiß sie nach außen hin (bindegewebiger/ fibrokartilaginärer Kallus)
  • Knochenvorläuferzellen (Osteoprogenitorzellen): aus dem Periost/Endost bauen sich zu Osteoblasten um und bilden aus den bindegeweblichen Kallus einen Knochenmanschette, die Bruchstücke werden fest (knöcherner Kallus)
  • weiterer Umbau von Bindegewebe in Knochengewebe: der Bruchspalt wird weiter stabiler
  • Abbau der Knochenmanschette: der Knochen hat wieder seine ursprüngliche Form, der Geflechtsknochen wird durch Lamellenknochen ersetzt

 

Notfall

Notfallmaßnahmen beim Knochenbruch:

  • Anruf: Notarzt
  • Allgemeinmaßnahmen: Patienten beruhigen, Patient zudecken, offene Fraktur steril abdecken
  • Lagerung: betroffene Extremität erhöht lagern, bei Becken-/Wirbelbruch: Patienten nicht bewegen, bei Rippenbruch: erhöhter Oberkörper, (evtl. auf die betroffene Seite lagern)
  • Vitalzeichenkontrolle: engmaschig
  • Zusatzmaßnahmen: Sauerstoffgabe, i.v.- Zugang, evtl. Schockbehandlung

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