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Phlebothrombose

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Phlebothrombose

Gerinnselbildung in einer tiefen Vene (Becken/Bein), stört durch Einengung des Gefäßsegments den Abfluss des Blutes in Richtung Herz; betroffen sind v.a. ältere Menschen.

Leitmerkmale: Spannungs-/Schweregefühl mit ziehenden Schmerzen (Oberschenkel, Kniekehle, Waden), Ödeme, Glanzhaut, Überwärmung
Einteilung
  • Bein-/Beckenvenenthrombosen: Unterschenkel, Knie (V. poplitea)
  • Armvenenthrombosen: M. Paget von Schrötter-Syndrom
  • Organvenenthrombosen: Leber, Milz, Pfortader, Nieren, Mesenterialgefäße
Pathogenese Durch einen Thrombos (Blutgerinnsel) wird der Blutfluss verringert und das Lumen des Gefäßes immer mehr eingeschränkt, wodurch es zu einem akuten Aufstau des Blutes mit einer lokalen Hypertonie kommt. Dabei werden die tiefen Venenabschnitte überdehnt und die Klappen zerstört. Das Blut strömt von der Mitte in die oberen Venen und zerstört auch diese (Bildung von Kollateralkreisläufen). Der Thrombus kann sich von der Gefäßwand ablösen und über den Blutstrom verschleppt werden und schließlich eine Embolie auslösen (Herz, Lunge).

Ursachen
  • Virchow- Trias (verlangsamter Blutfluss, Schaden an der Intima der Venen, erhöhte Gerinnungsneigung des Blutes)
  • Immobilisation
  • kann sich aus oberflächlichen Thrombophlebitis entwickeln, Varizen
  • nach Operationen, Wochenbett
  • Verletzungen, langes Sitzen
Risikofaktoren
  • Rauchen
  • Schwangerschaft, Wochenbett, Pille
  • Immobilisation (Bettlägerigkeit), langes Sitzen
  • unbequeme Kleidung
  • Adipositas
  • Flüssigkeitsmangel
  • hohes Alter
  • schwere Grunderkrankung
  • tiefe Venenthrombose/ Lungenembolie in der Anamnese
  • Herzinsuffizienz
  • Polyzythämie
  • Varizen
  • Frakturen (Gipsverbände)
  • Operationen
  • Tumoren
  • Strahlentherapie
Symptome Anfangsstadium: meist symptomlos, aber große Emboliegefahr:

  • Leitsymptome (oft nicht voll ausgebildet):
  • Schwellung/Ödeme (Knöchel, Unterschenkel)
  • Zyanose, Glanzhaut, Ödembildung
  • Überwärmung, Tachykardie
  • Weitere Symptome:
  • Schmerzen: ziehend, entlang der Venenverläufe (Wade, Fußsohle), nehmen zu, spontan und Druckschmerz
  • Spannungs-/Schweregefühl im Bein, Besserung durch Hochlagerung
  • anhaltende Wadenkrämpfe (nachts)
  • Allgemeinsymptome: Unwohlsein, mäßig Fieber, Unruhe
Diagnose Anamnese: Klinik (jedoch meist unsicher)
Inspektion: Beinumfangdifferenz, trophische Störungen (Zyanose, Hyperpigmentierung), Temperatur
Zeichen:
  • Payr-Zeichen (Fußsohlendruckschmerz): Schmerz beim Druck auf die Innenseite der Fußsohle
  • Homans-Zeichen: Wadenschmerz bei Dorsalflexion des Fußes (Hinweis auf Thrombose)
  • Mayr-Zeichen: Schmerz der Wade bei manuellen Druck
  • Lowenberg-Mayr-Zeichen: Wadenkompression mit einer Blutdruckmanschette über mehrere Minuten ist schmerzhafter auf der erkrankten Seite
  • Pratt-Zeichen: im Liegen werden beide Beine hochgehoben, die Venen am erkrankten Bein entleeren sich später als bei Gesunden, V. saphena magna ist sichtbar (gefüllt, druckschmerzhaft), sie dient als Umgehungskreislauf
  • Lisker-Zeichen: Drücken/Beklopfen der Schienbeinvorderseite verursacht starke Schmerzen
Labor: BSG ↑, Gerinnung, Leukozytose, D-Dimere
Tests: Trendelenburg, Perthes
Apparative Diagnostik: Duplex-Sonographie, Phlebographie, CT, MRT

Differentialdiagnose
  • vasal: akuter arterieller Verschluss, Thrombophlebitis, postthrombotisches Syndrom
  • lymphal: Lymphödem, Lymphangitis
  • traumatisch: Ischias-Syndrom, posttraumatische Schwellung, Muskelfaserriss
  • allgemein: Borreliose, Kreislauf-/Herz-/ Nierenerkrankungen, Erysipel, Tumoren
Komplikationen
  • Lungenembolie (große Gefahr in den ersten Tagen bis zu 3 Wochen: Thoraxschmerz, Luftnot, Husten, Unruhe)
  • Postthrombotisches Syndrom; Chronisch-venöse Insuffizienz
  • Thromboserezidive, Ulcus cruris
Therapie
  • Sofortmaßnahmen in Akutsituationen (starke Schmerzen bei geringsten Bewegungen):
    • Hochlagern der Extremität, kühle Umschläge
    • Kompressionsverband: Thrombos wird festgehalten
    • Bettruhe: 7-10 Tage wegen Emboliegefahr
    • Thrombolysetherapie: bei bis 5 Tage alten Thromben
    • Antikoagulation: über 6-12 Monate
    • Analgetika
  • bei leichten Symptomen:
    • Allgemeinmaßnahmen: langfristiges Tragen von Kompressionsstrümpfen, ausreichend körperliche Bewegung, Gewichtsreduktion, Nikotinverzicht, Pillenverzicht
  • Operative Therapie: Thrombektomie, Cava Filter
  • Rezidivprophylaxe: Marcumar, bei jeder Bettlägerigkeit: Heparin, Kompressionsstrümpfe
Prognose Unter oraler Antikoagulation: 2-4 % Rezidive im 1. Jahr.
Chronisch-venöse Insuffizienz bei bis zu 70 % der Patienten.

gg

  Phlebothrombose (tief)
Thrombophlebitis (oberflächlich)
Ursache Blutstase (Bettlägerigkeit, Virchow-Trias) Bagatelltrauma, Varikosis, Infektionen
Symptome Ganze Extremität ist betroffen
zuerst: meist symptomlos, höchste Emboliegefahr!!!
später:
dermal: Schwellung/Ödeme (Knöchel/ Unterschenkel), rötlich-livide, Glanzhaut, überwärmt
Venen: gestaut (oberflächliche Venen)
Schmerz: ziehend,entlang der Venenverläufe, Leiste, Wade, Fußsohle
Fieber, Tachykardie
Nur lokale Symptome
dermal: kein Beinödem
Venen: entzündet (oberflächliche Venen)
Schmerz: schmerzhafter, geröteter, derber Venenstrang
kein Fieber
Komplikationen Embolie Keine Emboliegefahr
Nekrose, Übergreifen auf tiefere Venen
Therapie NOTFALL- Krankenhauseinweisung
Strengste Bettruhe, Patient nicht mehr bewegen, Extremität hoch lagern
Lysetherapie
Keine Bettruhe
Kompressionsverband

 

Notfall

Akute Phlebothrombose:

  • Anruf: Notarzt
  • Allgemeinmaßnahmen: Patienten beruhigen, Patient zudecken
  • Lagerung: Ruhigstellung, Extremität hoch lagern
  • Vitalzeichenkontrolle: engmaschig
  • Zusatzmaßnahmen: Sauerstoffgabe, i.v.- Zugang, Kompressionsverband
  • Cave: keine Wärme zuführen (aber locker in Watte packen), keine i.m.- Injektion (Lyse-Therapie)
Merke
Thrombosebildung (Virchow´sche Trias):

  • Gefäßwandschäden: Entzündungen, Verletzungen, Arteriosklerose, nach Operationen (z.B. Gelenksersatz), Venenkatheter, Injektionen, Allergien, Tumoren, Kompression von außen, Strahlentherapie
  • veränderte Blutzusammensetzung: erhöhte Gerinnungsneigung (Mangel an Gerinnungshemmern, Protein C/S und Antithrombin III, oder vermehrte Produktion von Gerinnungsfaktoren), Thrombozytose, Tumorleiden, Pille, Rauchen, Schwangerschaft, Polyzythämie, Polygobulie => Neigung zu Thrombosen
  • herabgesetzte Blutstromgeschwindigkeit (venöse Stauung): Bettruhe, Ruhigstellung (Gipsverbände), Herzerkrankung (Rechtsherzinsuffizienz), Adipositas, nach Operationen, pAVK, Varizen, Venenentzündung => Neigung zu tiefen Venenthrombosen

Merke
Die Phlebothrombose zeigt keine Blässe, keine Rötung (sondern Zyanose). Sie verursacht keine Stenosegeräusche, die Fußpulse sind tastbar (nicht bei pAVK).
Merke
Eine Thrombose ist nicht auf die Venen beschränkt, sie kann auch bei den Arterien vorkommen.

Cave
Vor einem Lösen eines Thrombus und damit Gefahr der Lungenembolie.

Cave
Keine Kompression Behandlung bei arterieller Durchblutungsstörungen (Phlegmasia coerulea dolens)

Cave
Bei der Phlebothrombose sind Kneipp-Güsse und viel Gehen verboten.

gg