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Schlaganfall

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Schlaganfall (Apoplex, apoplektischer Insult)

Syn. Hirninfarkt, ischämischer Insult; akute Durchblutungsstörung des Gehirns mit neurologischen Ausfällen infolge einer Verlegung einer Gehirnarterie durch ein Blutgerinnsel oder durch einen Einriss einer Hirnarterie, v.a. ältere Personen betroffen, Ursache für 15% aller Todesfälle (nach 3–4 Min. irreversible Schäden am Gehirn).

Leitmerkmale: akute Symptome: Halbseitenlähmung, Bewusstseinstrübung, Aphasie (Sprachstörung)
Stadien
  • kurzzeitige Ausfälle: flüchtig über einige Minuten andauernde Sehstörungen/Lähmungen/Sensibilitäts-/Sprachstörungen
  • TIA (transitorisch ischämische Attacke): neurologische Ausfälle, die sich nach Minuten bis höchstens 24 Stunden völlig zurückbilden (z.B. Schwächegefühl am Arm/Bein), plötzliche Sensibilitäts-/Sprach-/Sehstörungen (Symptome oft vom Patienten selbst nicht bemerkt)
  • PRIND (prolongiertes reversibles ischämisch-neurologisches Defizit): neurologische Symptome länger als 24 Stunden, bilden sich ebenfalls vollständig zurück
  • PS (progressive Stroke – zunehmender Insult): neurologische Ausfälle mit zunehmender Symptomatik; nur teilweise reversibel
  • vollständiger Infarkt: kein vollständiges Verschwinden der Symptome
Pathogenese Durch die Einschwemmung eines Blutgerinnsels (Herz, Aorta, große Gefäße) kommt es zu einem Verschluss von Hirnarterien, wobei das zu versorgende Gehirngewebe unterversorgt wird und neurologische Ausfälle entstehen.

Ursachen
  • verminderte Blutversorgung (Ischämie; 85% der Fälle) des Gehirns:
    • thrombotische Gefäßverschluss einer Hirnarterie (Arteriosklerose), arterio-/arterielle Embolie, Hirninfarkte (Hypertonie)
    • Embolus aus dem Herzen (Vorderwandinfarkt, Vorhofflimmern, Endokarditis)
    • selten: entzündliche Gefäßerkrankung (Vaskulitis, Syphilis, Herpes zoster, bakterielle Meningitis), Meningitis, Enzephalitis, Migräne, Medikamente (Pille), Drogen (Alkohol, Kokain, Heroin)
  • intrazerebrale Blutung (10-15%): z.B. Aneurysma, Tumor, chronische Hypertonie, Gerinnungsstörung, Schädel-Hirn-Trauma
  • Subarachnoidalblutung (5-10%):  z.B. Aneurysma, Tumor, chronische Hypertonie, Gerinnungsstörung, Schädel-Hirn-Trauma
Risikofaktoren
  • weißer Insult/ischämischer Hirninfarkt (85%): durch Thrombose mit anschließender Nekrose bedingt; Hypertonie, Diabetes mellitus, Rauchen, Fettstoffwechselstörung, Adipositas, „Pille“, Polyglobulie, Vorhofflimmern
  • roter Insult/hämorrhagischer Hirninfarkt (15%):durch eine Gehirnblutung verursacht; Hypertonie
Symptome
  • Vorboten: neurologische Ausfallserscheinungen (Lähmungen, Sensibilitätsstörungen Sprach-/ Schluck-/Kaustörung, Sehstörungen: Doppelbilder, epileptische Anfälle), Schwindel, Ohrensausen, Erinnerungslücken, Kopfschmerzen
  • akute Allgemeinsymptome: schlagartiger Ausfall von Hirnfunktionen, meist nachts, Puls beschleunigt, Atmung normal, Gesichtsfarbe blass, starke Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Bewusstseinsstörungen bis Koma, Drehschwindel, Gangunsicherheit, Gleichgewichtsstörungen, Verwirrtheit, Sprachschwierigkeiten
  • Lähmungen: erst schlaff, später evtl. spastisch, mit Bewusstseins-/ Atemstörungen

Je nach Lokalisation zusätzliche folgende Symptome

  • mittlere Großhirnarterie (Cerebri-media-Infarkt):
    • Halbseitenlähmung der Gegenseite: mit Hemiparese oder Hemiplexie (armbetont, Fazialisparese, zuerst schlaff, später spastisch)
    • Sensibilitätsstörungen: Taubheitsgefühl, Kribbeln
    • Aphasie: Störung Sprachverständnis, Sprechstörungen (verwaschene Sprache)
    • Apraxien: Unfähigkeit bestimmte Handlungen auszuführen (Kämmen)
    • Harn/Stuhlinkontinenz oder –verhalt
    • Bewusstseinstrübung: bis Koma
    • akute Verwirrtheit: Orientierungsverlust, Teilnahmslosigkeit
  • vordere Großhirnarterie: kontralaterale, beinbetonte Halbseitenlähmung (Hemiparese), psychische Störungen, Verlangsamung, Inkontinenz, Greif-/Saugreflexe
  • hintere Großhirnarterie: gleichseitige Gesichtsausfälle, Verwirrtheit, Apathie, Kopfschmerzen
  • Hirnstamm: Horner-Syndrom, gekreuzte Symptomatik (rechte Gehirnhälfte führt zu Symptomen der linken Körperhälfte), Gesichtsschwäche, Schwindel, Nystagmus, Schluckstörung, Ataxie, Bewusstseinsstörung, Kopfschmerzen
  • Kleinhirn: Gangunsicherheit (fehlende Paresen), Kopfschmerz, Übelkeit, Blickdysmetrie, Fallneigung
Diagnose Anamnese: Risikofaktoren (Nikotin, Hyperlipidämie, arterieller Hypertonus), TIA/PRIND in der Vorgeschichte, Diabetes mellitus, Symptome akut/ langsam auftretend, Medikamente (Marcumar, Pille)
Körperliche Untersuchung: neurologischer Status, Bewusstsein, Paresen, Blutdruck-Messung seitenvergleichend, Pyramidenzeichen
Labor: Blutbild, Blutzucker, BSG, Elektrolyte, Kreatinin, GOT, GPT, Gerinnung
Apparative Diagnostik: CT, MRT, EKG (absolute Arrhythmie, Herzinfarkt), Doppler (Stenosen der großen Gefäße), Rö-Thorax, Echokardiogramm, Angiographie (Verschluss)

Differentialdiagnose Subdurales/epidurales Hämatom, Herzinfarkt, Tumoren, Abszess, Migräne, fokale Epilepsie, hypertensive Krise

Komplikation Hirnödem, bleibender Ausfall bestimmter Hirnregionen, Pneumonien, Dysphargie, Harnwegsinfekte/-inkontinenz , Cluster-Kopfschmerz, Vergiftungen

Therapie Je früher die Therapie beginnt, desto größer die Überlebenschance: Notarzt!

  • Allgemeinmaßnahmen:
    • akut: Sicherung der Atmung, Notarzt verständigen
    • chronisch: Pflege nach Bobath, Thromboseprophylaxe, Risikofaktoren ausschalten, Vermeidung von Komplikationen, Logopädie, Krankengymnastik, Ergotherapie
  • Ernährungstherapie: ballaststoffreich, reichlich Flüssigkeit
  • Naturheilkundliche Therapie: Aderlass, Akupunktur, Bachblüten, Eigenbluttherapie, Fußreflexzonentherapie, Homöopathie, Manuelle Therapie, Neuraltherapie, Phytotherapie (Ginkgo, Weißdorn, Rosskastanie, Johanniskraut) Sauerstofftherapie, Schröpfen, Schüssler Salze
  • Medikamentöse Therapie: durchblutungsfördernd (ASS, Heparin), Vollheparinisierung, Hirnödemprophylaxe
  • Operative Therapie: Thrombolyse, Gefäßoperation, Stent-Implantation
Prognose  20-50% Letalität innerhalb der ersten 4 Wochen, 1/3 der Patienten erleidet einen Re-Infarkt.

 

Ischämiegebiete
A. cerebri anterior Beinbetonte, motorische Hemiparese, zentrale Blasenstörung
A. cerebri media Brachiofazial betonte Hemiparese, Parästhesien, Aphasien, zirkumduzierter Gang
A. ceribri posterior Hemihypästhesie, Hemianopsie
A. opthalmica Amaurosis fugax (einseitiger schmerzloser Visusverlust)
A. basilaris/vertebralis Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Kopfschmerzen, Doppelbilder, Kleinhirn-infarkte mit Bewusstseinsstörungen/Ataxien
Multiple Infarkte Psychoorganische Veränderungen (emotionelle Verflachung, Antriebs-/ Aufmerksamkeitsstörungen, organische Psychosen, Demenz

 

Notfall

Apoplex:

  • Anruf: Notarzt
  • Allgemeinmaßnahmen: Patienten beruhigen, beengte Kleidung entfernen, Patient zudecken
  • Lagerung: stabile Seitenlage (nicht auf die gelähmte Seite) oder Oberkörper 300erhöht ( je nach Bewusstseinslage)
  • Vitalzeichenkontrolle: engmaschig
  • Reanimation: wenn nötig
  • Zusatzmaßnahmen: Sauerstoffgabe, i.v.- Zugang, evtl. Schockbehandlung
  • Cave: Blutzuckerkontrolle, je schneller der Patient behandelt wird, desto weniger bleibende Schäden gibt es

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