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Erb-Goldflam-Krankheit

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Erb-Goldflam-Krankheit

Myasthenia gravis, Myasthenia gravis pseudoparalytica sind weitere Bezeichnungen für die Erb-Goldflam-Krankheit. Bei der Erb-Goldflam-Krankheit, handelt es sich um eine seltene schwere Muskelschwäche, die unter Belastung (am Tag) sich verschlechtert, in Ruhe sich aber bessert. Vor allem davon betroffen ist die Gesichts- und Rachenmuskulatur. 90% entwickeln sich zur generalisierten Form. Die Erkrankung zählt zu den Autoimmunerkrankungen. Antikörper, die im Thymus des betroffenen Patienten produziert werden, gelangen an die Synapsen (motorischen Endplatten), die zwischen Nerven und Muskeln sich befinden. Dort vermindern sie die Impulsübertragung durch Blockierung der Acetylcholin-Rezeptoren. Sie binden sich danach an den Acetylcholin-Rezeptor und lösen damit eine Reaktion des Komplimentsystems aus. Dies führt schließlich zu einer Zerstörung der postsynaptischen Membran. Durch Beanspruchung der Muskulatur kommt es zu deren Ermüdung (bis Lähmung), sie erholt sich erst wieder nach einer gewissen Ruhephase und funktioniert erst dann wieder. Als erstes treten als Beschwerden Sehstörungen auf, da die äußeren Augenmuskeln von einer Lähmung betroffen sind. Danach nehmen die Lähmungserscheinungen weiter kaudalwärts zu (Gesichtsmuskeln, Schluck-/Sprechmuskeln bis hin zu den Extremitäten). Die Erkrankung ist nicht heilbar, es können nur die Beschwerden gemildert werden.

Leitmerkmale: zunehmende Muskelschwäche/Müdigkeit bei Belastung/Abend (Besserung in Ruhe/ morgens), Doppelbilder, Schluck-/ Sprechstörungen
Definition Als Erb-Goldflam-Krankheitbezeichnet man eine neuromuskuläre Übertragungsstörung (vom Nerv auf den Muskel) durch Blockierung der Acetylcholinrezeptoren

Weitere Bezeichnungen
(Synonyme)
  • Myasthenia gravis
  • Myasthenia gravis pseudoparalytica
Vorkommen
(vor allem bei)
  • Frauen: 20 – 30 Jahre, 60 bis 80 Jahre
Einteilung
  • einfache (obuläre) Form (10%): nur die Augenmuskeln sind betroffen
  • generalisierte Form: die Erkrankung dehnt sich auf den ganzen Körper aus, es kommt zu Kau-/Sprech-/Schluck-/Atemstörungen
Einteilung klinisch- pathogenetisch
  • juvenile Form (early-onset Myasthenia gravis):
    • Ausbruch: Kindes-/ Jugendalter
    • Form: generalisiert
    • Antikörper: Auto-Antikörper, Anti-AChR-Antikörper
    • Thymus: Hyperplasie

  • Alters-Form (late-onset Myasthenia gravis):
    • Ausbruch: meist ab dem 50. Lebensjahr
    • Form: generalisiert
    • Antikörper: Auto-Antikörper, Anti-AChR-Antikörper, Anti-RyR-Antikörper
    • Thymus: verkleinert

  • Thymom-assoziierte Myasthenia gravis:
    • Ausbruch: nach dem 40. Lebensjahr
    • Form: generalisiert
    • Antikörper: Auto-Antikörper, Anti-AChR-Antikörper, Anti-RyR-Antikörper, Anti-Titin-Antikörper, Anti-IL12-Antikörper
    • Thymus: Thymom

  • Anti-MuSK-AK-assoziierte Myasthenia gravis:
    • Ausbruch: jüngere Frauen
    • Form: generalisiert, v.a. an Gesichts-/Rachenmuskulatur
    • Antikörper: Auto-Antikörper, Anti-MuSK-Antikörper
    • Thymus: unauffällig

  • Okuläre Myasthenia gravis:
    • Ausbruch: jedes Alter
    • Form: nur Augenmuskulatur
    • Antikörper: Auto-Antikörper, Anti-AChR-Antikörper
    • Thymus: unauffällig
Ossermann-Klassifikation
  • Stadium I: es sind nur die Augenmuskeln betroffen
  • Stadium IIa: leichte Generalisierung (Extremitäten)
  • Stadium IIb: schwere Generalisierung mit Beteilung der Gesichts-/Rachen- und Atemmuskulatur
  • Stadium III: akute/ rasch vorwärtsschreitende generalisierte Form
  • Stadium IV: Spätform aus Typ I oder Typ II hervorgegangen
  • Stadium V: Auftreten von Defekten
Pathogenese Fehlgesteuerte Antikörper blockieren/stören die Übertragung der Nervenimpulse vom Nerv zu den Muskeln an den Synapsen (Acetylcholinrezeptoren). Somit wird der elektrische Impuls vom ZNS nicht mehr vollständig auf die Muskeln weitergeleitet und es kommt zu einer gestörten Signalübertragung zwischen Nerven und Muskeln

Ursachen
  • Antikörper aus dem Thymus blockieren die nikotinergen Acetylcholin-Rezeptoren der Skelettmuskulatur
Auslöser
  • Stress
  • Infekte
  • Entzündungen
  • Wetterwechsel
  • Seelische/psychische Belastung
  • Alkohol
  • Fieber
  • Schlafmangel
  • Medikamente: Analgetika, Antibiotika, Antidepressiva, Antirheumatika, Diuretika, Lokalanästhetika, Magnesium, Betablocker
Symptome Morgens sind die Beschwerden meist nur gering, sie verstärken sich zum Abend hin und durch dauerhafte Wiederholungen von Muskelbewegungen. Davon betroffen können alle Muskeln des Skelettsystems sein, nicht aber die Herz- und glatte Muskulatur, da diese keine motorischen Endplatten besitzen:

  • Anfangsstadium: abends große Müdigkeit (bessern sich nach Ruhepausen), kleine Muskelgruppen sind zuerst betroffen (Erschlaffung)
    • Augen: ein-/beidseitig, schwere, herabhängende Augenlider, Probleme beim Schließen der Augen, Doppelbilder
    • Gesicht: ausdruckslos, verzerrte Mimik, undeutliche Sprechweise
    • muskulär: oft stolpern/Stürze, Dinge werden fallen gelassen, schnelle Ermüdung bei wiederholten Bewegungen, Schluck-/Kaubeschwerden
    • pulmonal: Atemnot bei Belastung, zunehmende Schwäche der Atemmuskulatur bei Anstrengungen (Treppensteigen)
  • in schweren Fällen: ganze Skelettmuskulatur betroffen
Diagnose Anamnese: Symptome (Doppelbilder, Kau-/Schluckbeschwerden, Gewichtsabnahme, abnorme Ermüdung)
Körperliche Untersuchung: neurologischer Status
Ermüdungstests: Simpson-Test, Tensilon-Test
Labor: Blutzucker, Nierenwerte, Schilddrüsenparameter, Antikörpernachweis
Apparative Diagnostik: Thorax-CT (+ Kontrastmittel), Sonographie, MRT, Muskelbiopsie, Simpson-Test, Elektromyographie

Differentialdiagnose
  • nerval: Nephropathien, funktionelle Paresen, Multiple Sklerose, amyotrophe Lateralsklerose, Lambert-Eaton-Syndrom, Botulismus
  • Muskeln: Myopathie, Myositis, Anorexie, Kachexie
  • endokrin: Schilddrüsenerkrankungen
  • Infektionen: Botulismus, Poliomyelitis
  • allgemein: Augenmuskelerkrankungen (endokrine Ophthalmopathie), Hirntumoren, Diabetes mellitus, Durchblutungs-/Stoffwechselstörungen, Vergiftungen
Komplikationen
  • Myasthene Krise (lebensbedrohliche Atem-/Schluckbeschwerden)
  • cholinerge Krise (Muskelkrämpfe)
  • Infektionen
  • respiratorische Insuffizienz
  • Aspirationspneumonie
Therapie
  • Allgemeinmaßnahmen: regelmäßige Krankengymnastik, Gangschulung, Logopädie, psychosoziale Betreuung, warme Bäder, wechselwarme Waschungen, Stress vermeiden, Nikotin/Alkohol vermeiden
  • Ernährungstherapie: eiweißarme Kost
  • Naturheilkundliche Therapie: Akupunktur, Bachblüten, Homöopathie, Schüssler Salze
  • Medikamentöse Therapie: Acetylcholinesterasehemmer, Kortison, Immunsuppressiva, Immunglobuline
  • Operative Therapie: Thymektomie
Prognose Sehr individuell, nicht heilbar, Symptome können sich verbessern oder verschlechtern. Größte Veränderungen in den ersten 5-7 Jahren. Meistens gut mit Medikamenten beherrschbar

Internetseiten
Bilder

ff