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Essentielle Thrombozythämie

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Essentielle Thrombozythämie (ET)

Primäre Thrombozythämie, idiopathische Thrombozytose, hämorrhagische Thrombozythämie, essentielle Thrombozytose sind weitere Bezeichnungen für die essentielle Thrombozythämie. Die essentielle Thrombozythämie ist eine bösartige Erkrankung des Knochenmarks mit einer starken Vermehrung der Thrombozyten (Thrombozytose). Sie tritt meist nach dem 50. Lebensjahr auf.  Die Ursachen hierfür sind noch nicht bekannt. Vermutet wird deine Genmutation der hämatopoetischen Stammzellen, die somit ihrer Funktion nicht mehr nachkommen können. Es kommt dadurch zu einer unkontrollierten Bildung der Blutzellen. Es werden somit vermehrt Thrombozyten gebildet und ins periphere Blut freigesetzt. Bei gut einem Drittel der betroffenen Patienten treten keine Beschwerden auf, so dass die Erkrankung meist durch eine Routineblutuntersuchung festgestellt wird. Blutungen treten erst bei sehr hohen Thrombozytenzahlen auf. Die häufigsten Komplikationen sind Thrombosen und Mikrozirkulationsstörungen der Finger und Zehen. Die Erkrankung selbst ist nicht heilbar, es können nur die Beschwerden gemildert und Komplikationen verhindert werden.

Leitmerkmale: Blutungen, Störungen der Mikrozirkulation, hohe Thrombozytose
Definition Bei der essentiellen Thrombozythämie handelt es sich um eine starke, krankhafte Vermehrung der Thrombozyten (Thrombozytose)

Weitere Bezeichnungen
(Synonyme)
  • primäre Thrombozythämie
  • idiopathische Thrombozytose
  • hämorrhagische Thrombozythämie
  • essentielle Thrombozytose
Vorkommen
(vor allem bei)
  • zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr
Einteilung nach Campbell Die Diagnose steht fest:
  • wenn beide A-Kriterien + B3-B6 zutreffen
  • wenn A1 und B1-B5 zusammen vorliegen
A-Kriterien
  • A1: Thrombozytenzahl unter 600 000 µl über mindestens 2 Monate
  • A2: Nachweis einer V617F-JAK2-Mutation
B-Kriterien
  • B1: keine nachweisbaren Ursachen für eine Thrombozytose
  • B2: kein Nachweis für einen Eisenmangel
  • B3: keine Anzeichen für eine Polycythaemia vera
  • B4: keine Anzeichen einer chronischen myeloischen Leukämie
  • B5: keine Anzeichen einer Myelofibrose
  • B6: keine Anzeichen eines myelodysplastischen Syndroms
Einteilung nach WHO Die Erkrankung ist gesichert, wenn alle Punkte erfüllt sind:

  1. peripheres Blut: Thrombozyten über 450 00/µl
  2. Ausschluss einer anderen Ursache für die Thrombozytose (chronische Infektion, Eisenmangel)
  3. Knochenmarkhistologie: erhöhte Zahl an vergrößerten Megakaryozyten, Linksverschiebung mit Granulopoese und Erythropoese
  4. Nachweis einer Mutation in den Genen JAK2, CALR, MPL
  5. Ausschluss einer Polycythaemia vera, chronisch myeloischen Leukämie, primären Myelofibrose, reaktiven Thrombozytose, myelodysplastischen Syndrom
Ursachen
  • unklar
  • evtl. Gendefekte (Tyrosinkinase JAK2, Calreticulirezeptor CALR, Thrombopoietinrezeptor MPL)
Risikofaktoren
  • Entzündungen
  • Strahlungen
  • große operative Eingriffe
  • Infekte
  • Eisenmangel
  • chemische Substanzen
  • Hypertonie
  • Fettstoffwechselstörungen
  • Alter
Symptome Über Jahre ohne Symptome:

  • B-Symptomatik: Fieber, Gewichtsverlust, Nachtschweiß
  • Blutungen: Nase, Zahnfleisch, Haut (Hämatome, Petechien)
  • Schmerzen: Kopf, Bauch, Akren (Finger/Zehen), beim Gehen, Wadenkrämpfe
  • Finger/Zehen: schmerzhafte Rötung/Schwellung
  • Sinnesorgane: Tinnitus, Seh-/Sprachstörungen
  • Allgemeinsymptome: Schwindel, Milz-/Lebervergrößerung, Kopfschmerzen, Benommenheit, Kreislaufschwäche
Diagnose Anamnese: Klinik, Begleiterkrankungen
Labor: Blutbild (erhöhte Thrombozyten, evtl. Leukozytose/Anämie), Differentialblutbild, Retikulozyten, BSG erhöht, Quick, PTT, GOT, GPT, Gamma-GT, Kalium erhöht, alkalische Phosphatase, Bilirubin, Kreatinin, Harnsäure erhöht, LDH erhöht, Ferritin, Cholesterin, JAK2-Mutationen, Prothrombinzeit normal, partielle Thromboplastinzeit normal
Apparative Diagnostik: Knochenmarkspunktion (Erhöhung der Megakaryozyten), Sonographie (Milz/Leber)

Differentialdiagnose
  • Eisenmangel
  • reaktive Thrombozytose
  • chronisch myeloische Leukämie
  • primäre Myelofibrose
  • Polycythaemia vera
Komplikationen
  • Schlaganfall
  • Herzinfarkt
  • Lungenembolie
  • transitorische ischämische Attacke
  • Thrombosen: Beine (tiefe Beinvenenthrombose), Pfortader, Milz (Milzinfarkt, Milzvenenthrombose), Leber, Mesenterialvenen
  • Blutungen
  • Budd-Chiari-Syndrom
  • sekundäre Myelofibrose
  • Panzytopenie
  • Polycythaemia vera
  • akute myeloische Leukämie
Therapie
  • Allgemeinmaßnahmen: regelmäßige körperliche Bewegung, ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Gewichtsreduktion, Vermeidung einer Exsikkose, Tragen von Kompressionsstrümpfen, Vermeidung von langem Sitzen, Behandlung der Risikofaktoren
  • Medikamentöse Therapie: Chemotherapie, ASS, Hydroxyurea, Anagrelide, Interferon Alpha

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