Homöopathie
Anamneseablauf

 Zurück zur alphabetischen Auswahl

Anamneseablauf

1. Spontanbericht

  • Patienten ausreden lassen (hat allein das Wort), nicht unterbrechen
  • achten auf das, was es betont oder öfters wiederholt
  • auf Spontanität, Gestik, Gemütsreaktionen achten
  • im Orginalwortlaut aufschreiben

2. gelenkter Bericht

Die einzelnen spontan geäusserten Symptome durch systematische Befragung näher charakterisieren.

  • wann ist das Symptom erstmalig aufgetreten? (ausbrechende Faktoren), oft sehr wichtig in der Anamnese
  • wo ist das Symptom lokalisiert? (Ort der Beschwerde), dazu Seitenbetonung, Ausbreitungsrichtung
  • auf welche Art und Weise äußert es sich? (Empfindungen), wichtig als ob- Symptome
  • was bessert/verschlechtert die Symptome? (Modalitäten) Zeit (Tages-/ Jahreszeit), physiologischen Bedingungen (Körperstellung, Bewegung, Körperfunktionen)
  • welche Begleitsymptome treten auf? Meist ohne pathologischen Zusammenhang mit der Krankheit (z.B. Kreuzschmerzen bei Ohrenschmerzen)

Frageschema:

  • wer? Patient, Alter, Geschlecht, soziales Umfeld, Gemütszustand durch die Erkrankung, Veränderungen gegenüber gesunden Zeit
  • was? Krankheit und ihre Empfindung (z.B. juckender Hautausschlag, brennende Schmerzen)
  • wo? Ort der Beschwerden, Grösse des betroffenen Bereichs, Seitenbezug, Ausstrahlung, Richtung der Beschwerden
  • wann, seit wann? zeitliche Modalitäten (Tages-/Jahreszeit), in bestimmten Intervallen
  • wie, unter welchen Umständen? Verbesserung/ Verschlechterung, Witterungsbedingungen (Wind, Nässe, Regen, Nebel, Sonnenschein, Gewitter), Temperatur (Kälte, Wärme, Frischluft, Zimmertemp.), Körperpositionen (liegen, sitzen, stehen), Anstrengungen, Beziehung zum Essen/Trinken, Sinneseindrücke (Berührung, Licht, Geräusche, Geruch)
  • womit? Begleitsymptome einer Erkrankung (z.B. Rückenschmerzen mit Stich im Ohr)
  • warum? auslösende Faktoren (Unfälle, Operationen, Emotionen, Infektionserkrankungen)

3. indirekte Befragung

V.a. bei chronischen Erkrankungen.

  • über sämtliche Bereiche, aus denen der Patient keine spontanen Äußerungen gibtKopf zu Fuß- Schema, danach Allgemeinsymptome und am Schluss die Gemütssymptome

4. biographische
Anamnese

  • bei chronischen Erkrankungen
  • Erkrankungen der Verwandten, Kinderkrankheiten, Operationen, Erlebnisse der Kindheit, Schicksalsschläge, berufliche Belastungen

5. optische Sehen

  • was fällt mir optisch beim Patienten auf (Körperhaltung, Reaktionen beim schildern der Symptome, körperliche Betonung der Symptome usw.)
  • Antlitzdiagnostik

6. körperliche
Untersuchung

  • v.a. auf die Symptome hin
  • aber auch zusätzliche Symptome

7. Gliederung der Symptome

  • auffällige Symptome
  • Gemüts-/ psychische Symptome
  • Allgemeinsymptome (betreffen den ganzen Menschen: ich habe, mir ist)
    • Empfindungen + Modalitäten
    • Sexualsymptome, Menses
    • Verlangen, Abneigung (Speisen)
    • Beschaffenheit von Absonderungen/Ausscheidungen
    • Schlafsymptome, Träume
  • Lokalsymptome (Kopf- zu Fuss-Schema)
  • seelisch-geistige Phänomene rangieren vor körperlichen Allgemeinsymptomen und diese vor Lokalsymptomen
  • Gemütssymptome (Angst, Erregung, Zorn, Ausgelassenheit, Schwermut) haben größte Bedeutung

8. Bewertung der Symptome

  • alle Symptome müssen herangezogen werden
  • in Themenbereiche ordnen (z.B. Augen, Ohren, Wahrnehmung, Tätigkeit usw.)
  • aus jedem Themenbereich die Wichtigsten (2-3 Stück) auswählen
  • die Themenbereiche gleichmäßig oder nach Bedeutung gewichten
  • höchstrangig: merkwürdige, ungewöhnliche, eigentümliche Symptome (Modalität, Lokalisation, Verhaltensweisen, Bezug zur Tageszeit, Fehlen erwarteter Symptome, Abwechseln von Symptomen)
  • höchstrangig: Symptome die genauer beschrieben werden, je spontaner und energische sie geäußert werden, desto wichtiger

9. Arzneimittelfindung

  • der kurze Weg  bei akuten Krankheiten:
    •  Auslöser (Ursache)
    •  Ort
    •  Art der Empfindung
    •  Modalitäten
    •  Begleiterscheinungen
    •   evtl. Allgemeinsymptome
  • der lange Weg bei chronischen Erkrankungen:
    • Repertorien: einzelne Symptome sind einer Reihe von Arzneimittel gegenübergestellt
    • danach Vergleich mit der Arzneimittellehre

10. Repertorium

Symptome werden dem jeweiligen Arzneimittel zugeordnet

  • Aufbau:
    • Kopf zu Fuß- Schema
    • vom Ganzen zum Einzelnen
    • vom  übergeordneten zum differenzierten Begriff
    • vom Allgemeinen zum Besonderen
    • durch Differenzierung nach Seitenbeziehung, Zeit des Auftretens, Modalitäten
  • Wertigkeit:
    • 1-wertig: normale Schrift
    • 2-wertig: kursive Schrift
    • 3-wertig: fette Schrift

Je höher die Wertigkeit, desto besser geeignet für die Erkrankung.

11. Auswertung

Eintragen der Symptome in den Repertoriumsbogen:

  • einige Arzneimittel kommen in allen Rubriken vor (Durchgängigkeit)
  • die Wertigkeit muss zusammengezählt werden
  • die Wertigkeit der Arzneimittel hat Vorrang vor der Durchgängigkeit
  • ranghöhere Symptome (stehen am Anfang des Repertoriumsbogens) sind zu bevorzugen

12. Bewertung

  • numerisch: wenn viele heilmittel eng beieinander liegen ist sie schwierig
  • charakteristische Symptome: bevorzugt behandeln, wenn nur dieses Symptom auftaucht, kann das Heilmittel auch das richtige sein, muss numerisch nicht vorne liegen
  • Gesamtheit der Symptome: ist ein Medikament in allen Rubriken zu finden, aber in der Wertigkeit tiefer, so ist es dennoch zu bevorzugen
  • im Zweifelsfall immer in der Materia Medica nachlesen

13. Komplexmittel

  • zusammengesetzt aus einzelne Bestandteilen in  niedriger Potenz
  • symptomorientierte, organbezogene Wirkung
  • besonders verwendet bei Erkrankungen ohne ausgeprägte individuelle Symptomatik

14. Fehlerquellen

  • zu viele Symptome: nur mindestens 3 , maximal 10-15 verwenden
  • zu große Rubriken: 3- 20 Arzneimittel
  • zu kleine Rubriken
  • Unkenntnis des Repertoriums: Symptome werden nicht erkannt
  • vorgefasste Meinung