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Arterielle Verschlusskrankheit

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Arterielle Verschlusskrankheit

Schaufensterkrankheit“, akuter Extremitätenarterienverschluss sind weitere Bezeichnungen der arteriellen Verschlusskrankheit. Als arterielle Verschlusskrankheit bezeichnet man eineStörung der arteriellen Durchblutung von Extremitäten durch Gefäßverengungen der Arterien. Dies kann von einer Einengung (Stenose) der Arterie bis hin zu einem arteriellen Verschluss auf den Boden einer arteriosklerotischen Angiopathie oder eines eingeschwemmten Embolus reichen. Es sind vor allem die Beine davon betroffen. Die Ursache ist meist ein Embolus aus dem linken Herzen. Dabei wird die davon betroffene Extremität nicht mehr mit genügend Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Die Beschwerden sind sehr vielseitig, sie reichen von Beinschmerzen bis zu einem Gangrän. Schreitet die Erkrankung weiter voran ist die Lebenserwartung doch stark reduziert.

Leitmerkmale:
Akut: peitschenartige Schmerzen, Blässe
Chronisch: kalte Hände/Füße, Blässe, Claudicatio intermittens („Schaufensterkrankheit“)
Definition Unter einer arteriellen Verschlusskrankheit versteht man eine Einengung oder auch den Verschluss einer Arterie im Bereich der Extremitäten

Weitere Bezeichnungen
(Synonyme)
  • „Schaufensterkrankheit“
  • akuter Extremitätenarterienverschluss
  • periphere arterielle Verschlusskrankheit
Einteilung (Fontaine)
I keine Beschwerden (die Durchblutung reicht in Ruhe noch aus), Kältegefühl
II Claudicatio intermittens (Patient muss aufgrund einer Minderversorgung und Schmerzen immer wieder stehen bleiben (Wadenschmerzen) „von Schaufenster zu Schaufenster“
IIa schmerzfreie Strecke über 200 m
IIb schmerzfreie Strecke unter 200 m
III Ruheschmerzen, insbesondere nachts
IV Ruheschmerz, Ulcus, Nekrose, Gangrän
Arten
  • Beckentyp: alle Beinpulse fehlen (=> Verschluss oberhalb des Leistenbandes); Schmerzen im Gesäß-, Oberschenkel-, Wadenmuskulatur
  • Oberschenkel-Typ: Leistenpulse tastbar, Knie-/Fußpulse fehlen (=> Verschluss ab Oberschenkel); Wadenschmerzen
  • Unterschenkel-Typ: Leisten-/Kniepulse tastbar, Fußpulse fehlen (=> Verschluss ab Unterschenkel); Fußsohlenschmerz, Claudicatio
Ursachen
  • Arteriosklerose
  • rezidive Thromboembolien
  • Angioneuropathien (Diabetes mellitus)
  • Erkrankungen des Bindegewebes: Lupus erythematodes, Sklerodermie, chronische Polyarthritis, Thrombangiitis obliterans
  • Verletzung der Gefäße
Risikofaktoren
  • Rauchen
  • Diabetes mellitus
  • Adipositas
  • arterielle Hypertonie
  • Hyperlipoproteinämie
  • Männer
  • fortgeschrittenes Alter
Symptome Bis zu einer Querschnittsabnahme von 95 % des Stromvolumens unverändert in Ruhe, sonst abhängig vom Stadium der Erkrankung:

  • Schmerzen (krampfartig): v.a. in der Waden-(beim Gehen in der Ebene)/Oberschenkel-(beim Treppensteigen)/Gesäß-/Rückenmuskulatur (beim Heben schwerer Lasten),zuerst belastungsbedingt, später Ruheschmerz, Claudicatio intermittens, ischämischer Ruheschmerz (distal Am Fuß, beim Gehen besser, tritt v.a. nachts auf, lassen Beine aus dem Bett hängen)
  • dermal: schlecht heilende Wunden (Gangrän),Pilzerkrankungen (Finger/Zehen), Blässe oder Zyanose,Parästhesien, Kältegefühl (langsame Entwicklung der 6Ps)
  • Allgemeinsymptome: rasche Ermüdbarkeit
„6 P“
  • Pain (plötzlicher, peripherer Schmerz)
  • Paleness (Blässe, Kühle, marmoriert)
  • Paraesthesia (Missempfindung (Parästhesien), sensible Ausfallserscheinungen)
  • Pulslessness (Pulslosigkeit; Kapillarfüllung verzögert/aufgehoben)
  • Paralysis (Bewegungseinschränkung bis –unfähigkeit; Schwäche, Lähmung)
  • Prostratrion („Erschöpfung“ bis Schocksymptomatik)
Diagnose Anamnese: Risikofaktoren, Störungen von Nagelwachstum/Wundheilung, häufig kalte Füße, Vorerkrankungen (KHK), Schmerzen, Gehstrecke
Inspektion: blasse, zyanotische Areale, Nekrosen, Gangrän, kühle Haut
Auskultation: Strömungsgeräusch
Palpation: Temperaturunterschiede, verhärteter Radialispuls, Seitendifferenz der Pulsqualität, Puls abgeschwächt (Stenose), fehlend (Verschluss)
Apparative Diagnostik:Augenhintergrundarterie, Ultraschall, Blutdruck-Messung, Doppler-Sonographie, Oszillographie, Angiographie, MRT, CT
Tests: Ratschow, Faustschlussprobe, Allen

Differentialdiagnose
  • Bewegungsapparat: degenerative Wirbelsäulen-/ Gelenkserkrankungen (HWS-Syndrom, Ischialgie, Lumbago, Cox-/Gonarthrose, Beckenschiefstand, Beinlängenverkürzung), chronische Polyarthritis, Karpaltunnelsyndrom
  • neural: Polyneuropathie
  • vasal: Raynaud-Syndrom, Thrombangiitis obliterans
  • allgemein: Tumoren (Rückenmark), Kollagenosen
Komplikationen
  • Herzinfarkt
  • Apoplex
  • Niereninfarkt
  • Gangrän/Nekrosen an den Beinen
  • arterielle Embolie mit Verschluss
Therapie
  • Allgemeinmaßnahmen: Behandlung der Grunderkrankung (hoher Blutdruck (< 140/90 mmHg), Cholesterin (LDL < 100mg/dl), Blutzucker), aktives Gefäßtraining (Ausbildung von Kollateralen; gehen bis zur Schmerzschwelle), Rauchverbot; bei Claudicatio intermittens: viel laufen, barfuß gehen (morgendlicher Tau), keine Überanstrengung, keine beengende Kleidung/warme Bäder/Wärmflaschen, nächtliche Tieflagerung der Extremität, Wundbehandlung, Fußhygiene
  • Ernährungstherapie: Regelung des Blutfettspiegel (cholesterinarm), Abbau von Übergewicht, vitaminreich (besonders Vitamine: E,A,C), Trinkmenge nicht unter 2 Liter/Tag, Selen, Omega-3 Fettsäuren
  • Naturheilkundliche Therapie: Aderlass, Akupunktur, Bachblüten, Eigenbluttherapie, Enzymtherapie, Fuß-/Wechsel-/Armbäder, Homöopathie, Neuraltherapie, Phytotherapie (Ginkgo, Knoblauch, Bärlauch, Zwiebel, Löwenzahn), Sauerstofftherapie (HOT, UVB, Ozon-Eigenblut), Schüssler Salze
  • Medikamentöse Therapie: vasoaktive Substanzen (Prostaglandine), Vasodilatatoren, Antikoagulantien, ASS
  • Operative Therapie: Fibrolyse, PTA (perkutane transluminale Angioplastie; die Stenose wird mittels Ballons eröffnen), TEA (der Thrombus wird ausgeschält), Bypass, Gefäßprothese (Stents), evtl. Amputation
Prognose Bei 51% der Patienten treten Herzinfarkt, Apoplex, Amputation innerhalb von 5 Jahren auf.

 

Notfall

Notfallmaßnahmen bei einer akuten arteriellen Verschlusskrankheit:

  • Anruf: Notarzt
  • Allgemeinmaßnahmen: Patienten beruhigen, beengte Kleidung entfernen, Patient zudecken
  • Lagerung: Extremität tief lagern evtl. mit Oberkörper hoch, Ruhigstellung (darf sich selbst nicht bewegen => Thrombusabgang!)
  • Vitalzeichenkontrolle: engmaschig
  • Reanimation: wenn nötig
  • Zusatzmaßnahmen: Sauerstoffgabe, i.v.- Zugang
  • Cave: keine Kälte/Wärme zuführen (aber locker in Watte packen), Schockprophylaxe (Schmerzbekämpfung, Sedierung), keine i.m.- Injektion (Lysetherapie!)
Cave
Lokale Kälte-/Wärmeanwendungen sind kontraindiziert, bei pAVK III/ IV auch andere die Durchblutung fördernden Maßnahmen (z.B. durchblutungsfördernde Salben).
Merke
Meist liegt bei pAVK-Patienten auch eine koronale Herzerkrankung und/oder Erkrankung der Gehirngefäße vor.

ff