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Botulismus

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Botulismus

Ein Botulismus ist eine Lebensmittelvergiftung mit gastrointestinalen und neurologischen Symptomen wie Lähmungen. Diese beginnen am Kopf und breiten sich weiter nach unten aus. Die für die Erkrankung verantwortlichen Bakterien vermehren sich in einer eiweißreichen Umgebung (Fleisch), die luftdicht abgeschlossen sein muss (vor allem also in Konserven). Sie produzieren das Botulinumtoxin, das zu einem der tödlichsten Gifte, die es gibt, zählt. Dieses Gift wird durch die Nahrung (verdorbene Konserven) in den Körper aufgenommen. Über den Darm gelangt das Nervengift in das menschliche Blut, wo es weitertransportiert wird zu den Nerven. An den Synapsen, dem Übergang zwischen zwei Nerven, hemmt es den Weitertransport der Informationen, so dass die hinter den Synapsen liegenden Muskel/Organe nicht erregt werden (Lähmung). Ohne Behandlung: verläuft die Erkrankung zu 100 % tödlich.

Leitmerkmale:
Zuerst: Übelkeit, Erbrechen
Später: Doppelbilder, Paresen, Kopfschmerzen, Schluck-/Sprach-/Atemstörungen
Definition Als Botulismus wird eine seltene Vergiftung mittels des Bakterium Clostridium botulinum beschrieben

Erreger Clostridium botulinum (grammpositive Stäbchenbakterien),
  • stärkstes Gift der Welt
  • Anaerobier
  • die Sporen sind hitzebeständig, widerständig gegenüber Frost/ Austrocknung (überleben lange im Erdboden)
  • unter aeroben Bedingungen: Bildung von Sporen
  • unter anaeroben Bedingungen: Freisetzen des Nervengiftes Botulinumtoxin
Pathogenese
  • Botulismus ist keine Infektionskrankheit, sondern eine Vergiftung mit dem Botulismus- Toxin (stärkstes Gift der Welt)
  • letale Dosis: 0,01 mg oral
  • die verseuchte Nahrung ist geruchs- und geschmacksneutral: typisch: Fisch-/ Obst- und Fleischkonserven, die ausgewölbt sind
  • Wirkung: durch Luftabschluss kommt es zur Auskeimung der Sporen, die ein Nervengift bilden, der Giftstoff hemmt die Acetylcholin- Ausschüttung an den peripheren Nervenendungen: Cholinesterasehemmer haben keine Wirkung mehr (die Sterberate ist sehr hoch), es kommt zu keiner Erregungsübertragung
  • orale Aufnahme => lokale Beschwerden im Darm => Verteilung über Blutbahn => Hemmung von Acetylcholin an der motorischen Endplatte und parasympathischen Synapsen => neurologische Ausfälle (Tod durch Lähmung der Atemmuskulatur)
Ausbreitung Weltweit (Einzel- oder Gruppenerkrankung)
Die Bakterien kommen in der Erde vor, und befinden sich auch im Darm von Menschen/Tieren

Ansteckung
  • Vergiftung (Aufnahme über die Nahrung): unter Luftabschluss haltbar gemachte kontaminierte Lebensmittel (v.a. Konserven: Fleisch, Schinken, Fisch, Räucherware, Gemüse): Vorsicht bei Gasbildung!! (Vorwölbung der Konserven)
  • Kontaktinfektion (über Wunden): infizierter Kot/Erdreich/Wasser
  • keine Übertragung von Mensch zu Mensch
  • Säuglingsbotulismus (ersten 12 Lebensmonaten):  über mit Sporen befallener Honig
Inkubationszeit Wenige Stunden bis 4-8 Tage

Symptome
  • Frühsymptome (wenige Stunden nach der Nahrungsaufnahme)
    • gastroenterologisch: Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Magenkrämpfe, Meteorismus
    • Allgemeinsymptome: Kopfschmerzen, Schwindel

  • Spätsymptome (selten)
    • Allgemeinsymptome: Temperatur und Puls normal
    • neurologisch:
      • Augenstörungen: Doppelbilder, verschwommenes Sehen, Schielen, Pupillen weit, starr, Augenmuskelparese, Anisokorie, abgeschwächte Lichtreaktion
      • extreme Kopfschmerzen, Paresen
      • intensives Durstgefühl: verminderte Speichelsekretion (=> Heiserkeit/ rauer Hals), Mundtrockenheit
      • das Bewusstsein/Sensibilität bleibt erhalten
      • Sprech-/Schluck- und Atemstörungen (Lähmung der Muskulatur zwischen Zunge und Kehlkopf)
      • allgemeine Muskelschwäche: Miktionsbeschwerden, Obstipation, Lähmungen, Schock (4.-8. Tag)

  • Endstadium: Tod durch Atemlähmung (Zwerchfell)
  • Säuglingsbotulismus
    • Gedeihstörung, anhaltende Verstopfung, Schluckbeschwerden (trinken/ essen wenig), Lähmungen (Muskelschwäche, Atemlähmung), Ruhelosigkeit
Krankheitsdauer Bei leichten Formen bilden sich die Symptome nach 2 Wochen langsam zurück, die Ausheilung dauert aber Wochen bis Monate

Diagnose Labor: Toxinnachweis in Erbrochenen, Stuhl, Blut, Nahrungsmittel

Differentialdiagnose
  • neurologische Erkrankungen: Multiple Sklerose, Poliomyelitis, Enzephalitis, Lues cerebrospinales, Apoplex
  • Infektionskrankheiten: Salmonellen, Typhus, Tollwut, Tetanus, Poliomyelitis
  • allgemein: Myasthenia gravis, Atropin-/Pilzvergiftung
Komplikationen
  • unbehandelt: Tod nach 4-8 Tagen (Lähmung der Atemmuskulatur, Herzstillstand)
  • Aspirationspneumonie
  • Herzrhythmusstörungen
Immunität/Prophylaxe
  • keine nachgewiesene Immunität
  • passive Impfung
  • bei der Herstellung von Lebensmittel: vorgeschriebene Temperaturen und Einwirkzeiten einhalten: 15 Minuten Kochen zerstört das Gift (1200C, da Gift 100 Grad überlebt)
  • vorgewölbte Konserven gleich verwerfen
Therapie
  • Allgemeinmaßnahmen:sofortige Krankenhauseinweisung (Intensivmedizin), Magen-/Darm-Spülung, Erbrechen lassen, Einlauf, Flüssigkeitssubstitution, Schocktherapie (Stärkung des Blutdruckes)
  • Medikamentöse Therapie: Antitoxisches Botulismusserum, Prostigmin, Heparin
  • Operative Therapie: evtl. Beatmung, Wundrevision
Meldepflicht
  • namentliche Meldung bei Verdacht, Erkrankung, Tod (§§ 6/8 IfSG)
  • namentliche Meldung beim Erregernachweis (§§ 8/7 IfSG)
  • Behandlungsverbot für Heilpraktiker (§ 24)

 

Notfall

Notfallmaßnahmen beim Botulismus:

  • Anruf: Notarzt
  • Allgemeinmaßnahmen:Erbrechen lassen, Einlauf, Patienten beruhigen, beengte Kleidung entfernen, Patient zudecken
  • Lagerung: wie sie der Patient toleriert
  • Vitalzeichenkontrolle: engmaschig
  • Reanimation: wenn nötig
  • Zusatzmaßnahmen: Sauerstoffgabe, i.v.- Zugang, Kreislauf stützen
Merke
Bei Botulismus tritt kein Fieber, keine Schmerzen und auch keine Sensibilitätsstörungen auf

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