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Chronische Niereninsuffizienz

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Chronische Niereninsuffizienz

Chronisches Nierenversagen ist eine weitere Bezeichnung für die chronische Niereninsuffizienz. Die chronische Niereninsuffizienz ist gekennzeichnet durch eine langsam zunehmende (über Jahre andauernde) Nierenfunktionsstörung, die im irreversiblen Endstadium zur Urämie (Harnvergiftung) führt. Die Nierenzellen können der Filtration des Blutes nicht mehr nachkommen, womit es zu einer Ansammlung von Abbauprodukten (Harnstoff, Harnsäure, Kreatinin) im Blut des Betroffenen kommt. Es kommt zur Anreicherung der Gifte im Blut bis die Dosis für den Menschen toxisch wird. Aber die Nieren entgiften nicht nur, sie wirken auch auf den Wasser- und Elektrolythaushalt und auf den Blutdruck ein. Im späten Stadium können beide nicht mehr reguliert werden. Wird das Nierengewebe dabei zerstört, so kann es nicht wiederhergestellt werden.

Leitmerkmale: bräunlich-gelbe Hautfarbe (Café-au-lait-Colorit), Oligo- bis Anurie, Ödeme, Foetor uraemicus (urinhaltiger Atemgeruch bei Urämie)
Definition Bei der chronischen Niereninsuffizienz handelt es sich um eine über eine längere Zeit bestehende, immer weiter fortschreitende Funktionseinschränkung der Nieren

Weitere Bezeichnungen
(Synonyme)
  • Chronisches Nierenversagen
Pathogenese Da die Niere Giftstoffe nicht mehr ausscheiden kann, sammeln sich diese im Körper an und schädigen sämtliche Organe

Ursachen
  • Nierenerkrankungen (fast alle): chronische Pyelonephritis/ Glomerulonephritis, Zystennieren, Phenazitin-/Gichtniere
  • Harnwege: chronischer Harnstau (Steine, Strikturen, Prostatitis, Ablagerungen), Infektionen
  • Diabetes mellitus
  • arterielle Hypertonie
  • Systemerkrankungen: Sklerodermie, Lupus erythematodes, Gicht, Sarkoidose
  • Nierenanomalien
  • Tbc
  • Plasmozytom
  • Hyperkalzämie, Hypokaliämie
Stadien
I volle Kompensation: Kreatinin-Clearance leicht eingeschränkt, glomeruläre Filtrationsrate vermindert, Konzentrationserhöhung von Stoffwechselprodukten im Blut, Müdigkeit, leicht erschöpft, Polyurie, Nykturie
II kompensierte Retention: dauerhafter Kreatinin-/ Harnstoffanstieg im Blut (Kreatinin 6 mg/dl), uncharakteristische Beschwerden (Kopfschmerzen, Magen-Darm-Probleme), unter Belastung evtl. Dekompensation
III dekompensierte Retention: Kreatinin > 6 mg/dl; Urämiesymptome (Ödeme, Hypertonie, Herzinsuffizienz, Übelkeit, Juckreiz, Gefühlsstörungen), kann durch Therapie in die kompensierte Phase zurückgeführt werden
IV terminale Niereninsuffizienz: Kreatinin > 10 mg/dl; Polyneuropathie, Blutungsneigungen, Bewusstseinseintrübung bis Koma, irreversibles Nierenversagen, Dialyse, Nierentransplantation
Symptome (Urämie)
  • Allgemeinsymptome: Schwäche, Gewichtsverlust, erhöhte Infektanfälligkeit, Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Kopfschmerzen
  • Schmerzen: Flankenschmerz, Kopfschmerzen
  • Harn: zuerst Polyurie (=> Polydipsie), später Oligurie, Anurie
  • Herz/Kreislauf: Hypertonie (Mangel an Renin), Perikarditis, Perikarderguss, Anämie (Mangel an Erythropoetin), Elektrolytverschiebungen (=> Herzrhythmusstörungen), Ödeme (Beine, Lungen)
  • Lunge: Foetor uraemicus (Atemgeruch nach Urin), Lungenödem, Pneumonieneigung, Pleuritis, Kussmaul-Atmung (metabolische Azidose)
  • Magen/Darm: Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe, Appetitlosigkeit, Stomatitis, Gastroenteritis (Elektrolytverschiebungen), Ulzera
  • ZNS: Krampfneigung, Muskelzuckungen, Polyneuropathie, Gehirnödem, Konzentrationsschwäche, gesteigerte Reflexe
  • Psyche: Konzentrationsstörungen, Wesensveränderungen, Psychose, Verwirrtheit, Bewusstseinsstörung bis zum Koma
  • Haut: Pruritus (Juckreiz), bräunlich-gelb (Café-au-lait-Colorit), Ekchymose, Uringeruch, Ödeme
  • Skelett: Osteoporose, Osteomalazie (Mangel an Vitamin-D-Hormon => Hypokalziämie => Hyperparathyreoidismus => Abbau von Kalzium aus den Knochen), Frakturen, Verkalkungen (Gelenke)
  • Blut: renale Anämie, Thrombozytopenie, Gerinnungsstörungen
  • Augen: Hornhautentzündungen, Sehstörungen
Diagnose Anamnese: Vorerkrankungen (Tonsillitis, Nierensteine, Hypertonus, Diabetes mellitus) Medikamente (Analgetika), Trink-/Urinmenge, Dysurie, Ödeme (Lid, untere Extremität)
Körperliche Untersuchung: Foetor (Urin), Perikardreiben, klopfschmerzhafte Nierenlager, periphere Ödeme, Hautkolorit, Hypertonus
Labor: Anämie, Thrombozytopenie, Kreatinin erhöht, Harnstoff erhöht, Kalium erhöht, Magnesium erhöht, Phosphat erhöht, Natrium erniedrigt, Kalzium erniedrigt, Chlor erniedrigt, Harnsäure, Blutzucker, Triglyzeride erhöht, Urin-Status (Oligurie, helle Harnfarbe, Harnstoff erniedrigt, Proteine)
Apparative Diagnostik: Sonographie, Rö-Thorax, CT, MRT

Differentialdiagnose
  • akutes Nierenversagen
  • Gastroenteritis
  • Hyper-/Hypothyreose
  • Diabetes mellitus
  • Hypoglykämie
Komplikationen
  • Koma uraemicum
  • Infektionen
  • Lungenödem
  • Perikarditis
Therapie
  • Allgemeinmaßnahmen: maßvolle körperliche Anstrengung, Meidung nephrotoxischer Medikamente, kein Nikotin, Blutdruckeinstellung, Behandlung der Grunderkrankung
  • Ernährungstherapie: mäßig eiweißarm (0.8 g./kg KG/Tag), salzarm bei Hypertonie, phosphatarm (keine Nüsse, Schmelz-/Hartkäse, Linsen, Bohnen, Pilze), kaliumarm, kalziumreich, reichliche Flüssigkeitszufuhr (Vorsicht bei Ödemen)
  • Medikamentöse Therapie: Diuretika, Elektrolytausgleich, ACE-Hemmer, AT1-Blocker (Blutdruck), Erythropoetin (Anämie), Bikarbonat (Azidose)
  • Nierenersatztherapie: Dialyse, Nierentransplantation

 

Notfall

Notfallmaßnahmen bei der Urämie:

  • Anruf: Notarzt
  • Allgemeinmaßnahmen: Patienten beruhigen, beengte Kleidung entfernen, Patient zudecken
  • Lagerung: erhöhter Oberkörper, Beine tief, bei Bewusstlosigkeit: stabile Seitenlage
  • Vitalzeichenkontrolle: engmaschig
  • Reanimation: Wiederbelebung
  • Zusatzmaßnahmen: Sauerstoffgabe, i.v.- Zugang
  • Cave: bei Ödemen Vorsicht mit der Flüssigkeitszufuhr

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