Krankheiten
Colon irritable

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Colon irritabile

Reizdarmsyndrom, Colica mucosa, Colitis spastica sind weitere Bezeichnungen für das Colon irritabile. Das Colon irritabile ist eine funktionelle Darmstörung ohne fassbare organische Ursache. Die Beschwerden sind nur schwer zu diagnostizieren. Es müssen länger als drei Monate anhaltenden Beschwerden wie Bauchschmerzen oder Blähungen vorliegen, die mit Stuhlbeschwerden einhergehen und nicht auf als eine andere Krankheit sich darstellen. Sie äußern sich in Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung. Die Schmerzen können am ganzen Bauch auftreten und haben einen sehr unterschiedlichen Charakter von brennend bis dumpf. Sie entstehen meist durch eine Gasentwicklung im Lumen des Verdauungstraktes. Dabei wird der Darm gedehnt, die Schleimhaut gereizt und die Darmmuskulatur reagiert mit einer Zusammenziehung. Die Symptome verbessern sich meist nach der Stuhlentleerung, verstärken sich aber bei Stress. Um das Krankheitsbild als solches zu diagnostizieren, müssen andere mögliche Erkrankungen vorher ausgeschlossen werden.

Leitmerkmale: Obstipation, oft im Wechsel mit einer Diarrhoe, abdominelle Schmerzen (krampfartig, brennend, stechend), Druckgefühl im Unterbauch, Schmerzlinderung nach Stuhlentleerung
Definition Beim Colon irritabile handelt es sich um eine Erkrankung des Verdauungssystems, bei der diffuse abdominelle Beschwerden auftreten

Weitere Bezeichnungen
(Synonyme)
  • Reizdarmsyndrom
  • Colica mucosa
  • Colitis spastica
Vorkommen
(vor allem bei)
  • Frauen
Pathogenese Wird als psychosomatische Erkrankung eingestuft, die Beschwerden nehmen oft nach Ärger und Stress zu. Es kommt zur
  • gesteigerten motorischen Aktivität des Darms (v.a. Sigma und nach der Nahrungsaufnahme)
  • vermehrten Gasreflux aus dem Dünndarm in den Magen
  • verlängerten Verweildauer des Speisebreis im Magen-Darm-Trakt
  • herabgesetzten Schmerzschwelle bei Dehnung des Darms
Beschwerdefreiheit: nachts, bei körperlicher Tätigkeit, nach Stuhl-/ Windabgang

Ursachen
  • Psyche: Stress, Ärger, Angst, Hypersensitivität (vermehrte Schmerzwahrnehmung)
  • funktionelle Störung: Motilitätsstörungen, Fehlsteuerung des autonomen Nervensystems, gestörte Darmtätigkeit
  • Ernährung: fett-/eiweißreich
  • Medikamente: Abführmittel, Psychopharmaka, Analgetika
Begleitende Erkrankungen
  • Angststörungen
  • chronisches Müdigkeitssyndrom
  • chronische Kopfschmerzen
  • Fibromyalgie
  • Fatigue-Syndrom
  • Depression
Symptome
  • Allgemeinsymptome: guter Allgemeinzustand des Patienten, ohne Gewichtsverlust, Völlegefühl (nach dem Essen), Sodbrennen, Aufstoßen, Blähungen, Meteorismus, hörbare Darmgeräusche, Völlegefühl, Besserung der Beschwerden im Urlaub/bei anstrengenden Tätigkeiten
  • extraenteral: Kopf-/Rückenschmerzen, Müdigkeit, Schlafstörungen, Herzbeschwerden, Menstruationsschwierigkeiten (Schmerzen), Dysurie
  • Schmerzen: im Kolonbereich (über 3 Monate, v.a. li. Unterbauch), unterschiedlich stark (evtl. kolikartig oder nur Druckgefühl), wandern, meist morgens beim Aufstehen (selten nachts), beim Stuhlgang, aber bessern sich nach dem Stuhlgang
  • Stuhl: schafskotartig, bleistiftartig (mit Schleimauflagerungen, aber ohne Blut), Diarrhoe und Obstipation im Wechsel, rektaler Schleimabgang, Gefühl der unvollständigen Darmentleerung
  • neurogen: Depression, Schlaflosigkeit, Überängstlichkeit
  • Sigma als schmerzhafter Strang zu tasten
Psychosomatisch
  • auslösende Faktoren:
    • Situationen von Angst/Überforderung mit Gefühl der Ohnmacht
    • Hingabe/Schenken erweckt Hoffnung auf Anerkennung
    • statt selbstbewusstes Arbeiten Unterwerfung und Hingabe

  • Menschentyp:
    • ängstlich, neurotisch, depressiv
    • Gefühl der Ohnmacht
    • Leistungsüberforderung
    • Neigung alles hergeben zu müssen
    • Angst vor Autorität (Vater)
    • Bedürfnis nach Schenken/Wiedergutmachen

  • Auswirkungen:
    • Wunsch nach Geltung/Leistung
    • ohnmächtige Abhängigkeit von mächtigen Objekten
Diagnose Anamnese: Stuhlbeschaffenheit, Schmerzlokalisation, Symptome abhängig von Tageszeit und belastenden Situationen, Laxantienabusus, Probleme (Familie/Beruf)
Körperliche Untersuchung (Abdomen, Rektum):
  • Palpation: rektale Untersuchung, tastbarer Darmstrang, harte Resistenzen, Druckschmerzen im Kolonbereich
  • Auskultation: bei Diarrhoe vermehrte, bei Obstipation verringerte Darmgeräusche
Test: Nahrungsmittelunverträglichkeit
Labor: BSG, CRP, Blutbild (Leukozyten!), Leber-/Nieren- und Pankreasenzyme, Erregernachweis, Test auf okkultes Blut im Stuhl (Blut im Stuhl!), mikrobiologische Stuhluntersuchung: o.B.
Apparative Diagnostik: Sonographie, evtl. Rektos-/Koloskopie, Röntgen

Differentialdiagose
  • bei Schmerzen im Unterbauch: Divertikulitis und andere Kolonerkrankungen, Leistenhernie, Adnexerkrankungen, Endometriose, Morbus Crohn, Colitis ulzerosa, Appendizitis
  • bei Schmerzen im Oberbauch: Erkrankungen von Ösophagus, Magen, Milz, Pankreas
  • allgemein: Karzinom, Zöliakie, Laktoseintoleranz, Infektionen (Salmonellen, Campylobacter, Amöben, Norovirus, Rotaviren), Pilzerkrankung, Intoxikationen (Lebensmittel, Schwermetalle), Nahrungsmittelunverträglichkeiten (Laktose, Fruktose), Hyperthyreose
Komplikationen
  • Roemheld-Komplex: Verschiebung des Herzens nach rechts oben
Therapie
  • Allgemeinmaßnahmen: psychische Betreuung, Entspannungsübungen (progressive Muskelrelaxation, autogenes Training), Bewegung (Radfahren, Wandern, Schwimmen), Wärmeauflagen (Wärmflasche, Heusack), Massage (Kolon)
  • Ernährungstherapie: regelmäßig, stressfrei, unverträgliche/blähende/ fette  Lebensmittel meiden, kleine ballaststoffreichen Mahlzeiten, rohes Obst meiden, viel Flüssigkeit (keine zu heißen/kalten Getränke, ohne Kohlensäure), keine scharfen Gewürze, Magnesium, Vitamin E, Vitamin-B-Komplex, diätetische Stuhlregulierung, evtl. achten auf Nahrungsunverträglichkeit, Kaffee/Alkohol meiden
  • Naturheilkundliche Therapie: Akupunktur, Ohrakupunktur, Bachblüten, Baunscheidtieren, Eigenbluttherapie, Fußreflexzonenmassage, Homöopathie, manuelle Therapie, Neuraltherapie, Phytotherapie, Schröpfen, Schüssler Salze      
  • Medikamentöse Therapie: Muskelrelaxantien, Spasmolytika, Antidepressiva, Quellstoffe (bei Obstipation), Entschäumer, Anticholinergika
Prognose Psychische Problematik muss behandelt werden.

 

Krankheit Symptome
Ulcus ventriculi
  • Schmerzen: heftig, messerstichartig (oberer/ li. Oberbauch)
  • Völlegefühl, Appetitlosigkeit, Erbrechen
Ulcus duodeni
  • Schmerzen: nüchtern, Nachtschmerz
  • Völlegefühl, Schmerzbesserung nach dem Essen
Akute Pankreatitis
  • Durchfälle (fettig, glänzend)
  • Schmerzen: stark, gürtelförmig, ausstrahlend in den Rücken
  • Übelkeit, Erbrechen
Appendizitis
  • Schmerzen: Epigastrium, Druckschmerz
  • Appetitlosigkeit, Übelkeit
Nierenerkrankung
  • Schmerzen: krampfartig, ausstrahlend in die Leiste, Flankenschmerz
  • Fieber, Erbrechen
Kolon-Karzinom
  • geblähtes Abdomen
  • Verstopfung wechselt mit Durchfall ab
Colitis ulzerosa
  • blutig- eitrige Durchfälle
  • Schmerzen: krampfartig, Unterbauch
  • Blähungen, rezidivierende Temperaturen
Morbus Crohn
  • Durchfälle: breiig 5-20 x /Tag (ohne Blut/Eiter)
  • Schmerzen: re. Unterbauch
Colon irritabile
  • Durchfall
  • vegetative Störungen: Schwindel, Schwitzen
  • Symptome ohne organischen Bezug
  • Beschwerden meist nicht lokalisierbar

 

Cave
Die Diagnose Reizkolon wird erst nach adäquaten Untersuchungen gestellt (organische Ursachen müssen sicher ausgeschlossen werden).
Cave
Je kürzer die Krankheitsgeschichte, je älter der Betroffene, desto unwahrscheinlicher ist es, dass es sich um ein Reizkolon handelt.

ff