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Encephalomyelitis disseminata

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Encephalomyelitis disseminata

Multiple Sklerose, demyelinisierende Encephalomyelitis, Polysklerose, Sclerosis multiplex sind weitere Bezeichnungen für die Encephalomyelitis disseminata. Als Encephalomyelitis disseminata bezeichnet man eine chronisch-entzündliche Erkrankung des ZNS, die in Schüben verläuft und zur herdförmigen Zerstörung der Markscheiden in der weißen Substanz führt (Entmarkung = Demyelinisierung). Sie provoziert neurologische Ausfälle mit Störungen der Erregungsleitung. Eine Erstmanifestation tritt vor allem bei Frauen im Alter von 20-40 Jahren auf. Je jünger die Patienten beim Ausbruch der Erkrankung sind, desto ungünstiger ist der Verlauf. Die ersten Symptome sind meist Gefühlstörungen in den Beinen und Unsicherheiten beim Gehen. Dazu treten starke Müdigkeit und Sehstörungen mit auf. Der Verlauf der Erkrankung ist sehr unterschiedlich, er kann schubweise aber auch progredient vorwärtsgehen. Bei einer konsequenten Behandlung können der Verlauf und die Symptome positiv beeinflusst werden. Es kommt dabei zu einer verbesserten Lebensqualität und zu einem langsameren Fortschreiten der Erkrankung.

Leitmerkmale: Charot-Trias: Nystagmus, skandierende Sprache, Intentionstremor (nur in 15 % der Fälle), Lähmungs- und Sensibilitätsstörungen, Gleichgewichtsstörungen, Entzündung des Augennervs (Optikusneuritis) und Augenbewegungsstörungen
Definition Bei der Encephalomyelitis disseminata handelt es sich um eine Erkrankung mit Entzündung des zentralen Nervensystems (Gehirn, Rückenmark)

Weitere Bezeichnungen
(Synonyme)
  • Multiple Sklerose
  • Demyelinisierende Encephalomyelitis
  • Polysklerose,
  • Sclerosis multiplex
Vorkommen
(vor allem bei)
  • Frauen: zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr
Einteilung
  • akut schubweise rezidivierend-remittierende Multiple Sklerose (80%): Symptomatik innerhalb von Tagen bis 2 Wochen, dann Remission (Rückbildung meist nicht vollständig), Intervall zwischen 2 Schüben: wenige Monate bis 15 Jahre
  • chronisch schubweise progrediente Multiple Sklerose (ca. 30%): zuerst schubförmig und remittierend verlaufend (z.B. für einige Jahre), später chronisch-progredient
  • primär chronisch progrediente Multiple Sklerose (ca. 10%): ohne Remissionen, häufiger bei spätem Krankheitsbeginn
Pathogenese In der Weißen Substanz kommt es zu herdförmigen Entzündungen mit Zerstörung der erregungshemmenden Markscheiden (Vernarbungen/ Entmarkung). Es entstehen durch den Verlust der Markscheiben neurologische Ausfälle, die die Erregungsleitung verlangsamen oder gar unterbrechen (Störungen in der Motorik und Sensibilität)

Ursachen
  • die Ätiologie noch ungeklärt, es ist ein multifaktorielles Geschehen
Risikofaktoren
  • genetische Disposition
  • Autoimmunstörung: durch evtl. im Kindesalter eintretende latente so genannte Slow-Virus-Infektion, mit erst nach Jahren klinisch fassbaren Ausfallserscheinungen
  • multiple Entmarkungsherde: narbig verändert und sklerosiert
  • Umwelt: Klima
  • Viren: Masern, Herpes, Epstein-Barr-Virus
  • Allergie
  • Ernährung
  • Adipositas
  • übermäßiger Kochsalzgenuss
  • Vitamin D-Mangel
  • Rauchen
  • Impfungen: Hepatitis B
Auslöser
  • Stress
  • Fieber
  • Entzündungen
  • Infektionen
Symptome
  • Prodromalstadium: Kopfschmerzen, Missempfindungen, Euphorie/ Depression abwechselnd, starke Ermüdbarkeit, Schwäche in den Extremitäten, Gangunsicherheit, Kribbeln, Taubheitsgefühle, Darmentleerungsstörungen
  • Paresen:
    • Störungen der Feinmotorik und zentrale Paresen mit Spastik oder Hemi-/ Tetraplegie (spastische Lähmungen)
    • Eigenreflexe gesteigert, Fremdreflexe erloschen, Babinski positiv
  • Sensibilitätsstörungen: an Händen und Füßen mit Schmerzen, vermindertes Berührungs-/Schmerz-/Temperaturempfinden, Pelzigkeit, Schwächegefühl
  • Optikusneuritis (Sehnervenentzündung): meist einseitige, innerhalb von Tagen auftretende Sehminderung (Doppelbilder, verschwommenes Sehen, Schleier-/Nebelsehen) oder Sehverlust, evtl. begleitet von Schmerzen (Verstärkung durch Augenbewegungen), Besserung der Sehschärfe beginnt nach 1–2 Wo., Nystagmus, Frühsymptom: kann weiteren Symptomen um Jahre vorausgehen, vermehrte Lichtempfindlichkeit
  • Kleinhirnstörungen: ataktisches Gangbild (breitbeiniger Gang) und Intentionstremor (Zittern bei Zielbewegungen, v.a. kurz vor dem Ziel), Schwindelattacken
  • Charcot-Trias: Nystagmus, skandierende Sprache (langsam, schleppend, abgehackt), Intentionstremor
  • Augenmotilitätsstörungen: Doppelbilder, Störungen der langsamen und schnellen Blickfolgebewegung
  • Trigeminusneuralgie (Dauergesichtsschmerz), Fazialisparese
  • Schwindel, Tinnitus
  • Blasen-/Darm-Störungen: zu Beginn Harndrang und Zystitis, später Inkontinenz und Stuhlverhalt
  • psychische Störungen: Wesensveränderung, häufig affektive Labilität (erhöhtes Suizidrisiko), Euphorie oder Depression, Angststörungen
  • Verstärkung der Symptome beiErhöhung der Körpertemperatur(heißes Bad, Anstrengung)
  • Allgemeinsymptome: Kopfschmerzen, vorübergehende Gliederschmerzen, Steife der Glieder, Hypotonus, Schwindel, Müdigkeit
Diagnose Anamnese: vorausgegangene Sehstörungen, Symptome, Verlauf
Inspektion (neurologische Untersuchung): Eigenreflexe gesteigert, Fremdreflexe erloschen, Babinski positiv, neurologische Untersuchungen, Augen, Hirnnerven, Muskelkraft
  • Lhermitte- Zeichen: passive starke Beugung des Kopfes nach vorne führt zu elektrisierenden Missempfindungen (Armen, entlang der Wirbelsäule)
  • Charcot-Trias: Nystagmus, Intensionstremor, skandierende Sprache
  • Marburg.Trias: Paraspastik, Erlöschen der Bauchhautreflexe, temporale Pupillenabblassung
  • McArdle-Zeichen: Verstärkung des spastischen Schwächegefühls in den Beinen und zunehmende Gangstörung bei Nackenbeugung
  • Uhthoff-Zeichen: Verschlechterung der Symptome bei körperlicher/ psychischer Belastung (hohen Temperaturen, Besserung bei Kälte)
Labor:
  • Blut: großes Blutbild, Blutzucker, Leberwerte, Schilddrüsenwerte, Nierenwerte, Entzündungsparameter, Rheumafaktor, Antinukleare Antikörper, Borrelien
  • Liquor: auf “oligoklonale Banden”, IgG im Liquor erhöht, Leukozyten erhöht, Plasmazellen erhöht
  • Urin: Restharn, Urinstatus
Apparative Diagnostik: MRT, CT, EEG, evozierte Potentiale, es gibt keinen sicheren Test, Kleinhirntests, Liquoruntersuchung

Differentialdiagnose
  • zerebral: Entzündungen des ZNS, Neurosyphilis
  • vasal: Gefäßerkrankungen
  • allgemein: Neoplasmen, chronische Intoxikationen, Borreliose, Lupus erythematodes
Komplikationen
  • Pneumonie
  • Thrombosen
  • rezidivierende Harnwegsinfekte
Therapie
  • Allgemeinmaßnahmen: symptomatisch, Krankengymnastik, Ruhe, Entspannungsübungen, leichte Bewegung/sportliche Belastung, viel Schlaf, Psyche, Verwendung von Hilfsmitteln (Gehhilfe), Vermeiden von Hitze (Sauna, heiße Bäder), Ergotherapie, Logopädie
  • Ernährungstherapie: fettarme Diät, Vitamine B12, C, E, D, Alkohol meiden, Omega-3-Fettsäuren, Selen, Magnesium bei Krämpfen
  • Naturheilkundliche Therapie: Aderlass, Akupunktur, Akupressur, Baunscheidtieren, Entspannungsübungen, Homöopathie, Manuelle Therapie, Neuraltherapie, Osteopathie, Phytotherapie, Schüssler Salze
  • Medikamentöse Therapie: Glucokortikoide, Interferon, Immunglobuline, Zytostatika, Behandlung der Spastik, Antidepressiva, Analgetika, Muskelrelaxantien, Antiepileptika
Prognose Bei chronisch progredientem Verlauf schlechter als bei schubförmigem Verlauf. Mittlere Verlaufsdauer ca. 25 Jahre, bei 15–30% gutartiger Verlauf ohne stärkere Beeinträchtigung, 50% bleiben 8–15 Jahre gehfähig, 5% mit rascher Invalidität

Internetseiten

 

  Multiple Sklerose Morbus Parkinson
Definition Chronisch-entzündliche Erkrankung des ZNS, in Schüben, herdförmigen Zerstörung der Markscheiden Störung der willkürlichen/unwillkürlichen Bewegungsabläufe (extrapyramidales System), Degeneration von dopaminproduzierenden Zellen
Beginn Frauen von 20-40 Jahren Männer von 40–60 Jahren
Trias Charcot-Trias: Nystagmus, skandierende Sprache, Intentionstremor Hypokinese/Akinese, Rigor, Ruhetremor
Frühsymptome Kopfschmerzen, Missempfindungen, Euphorie/ Depression abwechselnd, Ermüdbarkeit, Schwäche in den Extremitäten, Kribbeln, Taubheitsgefühle Muskelschmerzen/-verspannungen, Parästhesien, vegetative Störungen, Depression
Tremor Zittern bei Annäherung an das Ziel Zittern in Ruhe, bei Bewegung vermindert
Gang Ataktisches Gangbild (breitbeiniger Gang), Stolpern Kleinschrittiger Gang, vermehrte Wendeschritte, Haltung gebückt, Gang schlurfend, Gangunsicherheit
Sprache Skandierend (langsam, schleppend, abgehackt) Monoton
Ausscheidung Obstipation, Harndrang (später Inkontinenz) Obstipation, Harnverhalt
Psyche Wesensveränderung, häufig affektive Labilität (erhöhtes Suizidrisiko), Euphorie oder Depression Depressive Stimmung, verlangsamte Denk-/ Wahrnehmungsvorgänge, reizbar, misstrauisch, starrköpfig, Stimmungslabilität

 

Merke
Die Multiple Sklerose kann eine Epilepsie auslösen.

ff