Anästhesie
Endotracheale Intubation

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Endotracheale Intubation

Intubationsnarkose; Beatmung des Patienten mittels eines Endotrachealtubus.

Allgemein
  • durch Abdichten des Tubus mittels Cuff wird die untere Atemweg vor Aspiration geschützt
  • ist der Standard der Atemsicherung
  • soll die Verlegung der Atemwege verhindern
  • Abstand zwischen vorderer Zahnreihe und Stimmritze beim Erwachsenen: ca. 11-16 cm
  • Trachealtuben, die zu weit eingeführt werden landen meist im rechten Hauptbronchus
  • die engste Stelle der Atemwege ist bei Erwachsenen die Stimmritze
  • einen Beatmungsfilter verwenden, da über den Tubus die Atemluft nicht befeuchtet/erwärmt und gereinigt wird
  • bei erschwerter oder unmöglicher Intubation bekommt der Patient einen  Anästhesieausweis
  • je länger die Intubationsdauer desto häufiger kommt es zu Komplikationen
Grundsatz
  • die Prämedikation ist so zu dosieren, dass der Patient wach ist
  • alles muss getan werden um eine Aspiration bei der Narkoseeinleitung zu verhindern
  • hygienische Händedesinfektion vor und nach einer endotrachealen Intubation (dazu Einmalhandschuhe tragen)
  • Anreichen des Endotrachealtubus unter aseptischen Bedingungen
  • Händedesinfektion vor und nach dem Absaugen des Patienten (dazu Einmalhandschuhe tragen)
  • vor der Extubation die Lunge und den Rachen des Patienten gründlich absaugen
Arten
  • Oropharyngealintubation (Mund-/Rachentubus): der Tubus wird über den Mund in den Rachen des Patienten geschoben
  • Nasopharyngealintubation: Intubation über die Nase in den Rachenraum des Patienten, kann auch blind ausgeführt werden, ist schwieriger als die orale Intubation
  • Trachealintubation: Einführen eines Tubus über ein Tracheostoma
Indikationen
  • Patienten mit unzureichender Atmung und/oder fehlenden Schutzreflexen (Koma, Herz-Kreislaufstillstand, Sepsis, Schock, Vergiftungen)
  • Narkose bei Operationen am Kopf/Brust/Oberbauch
  • Operationen mit Muskelrelaxierung
  • Operationen in Bauch-/Seitenlage
  • akute Störungen der Atmung (Verletzung der oberen Atemwege, Anschwellen der Atemwege)
  • Bewusstlosigkeit des Patienten
  • diagnostische Maßnahmen (Bronchoskopie)
  • Schutz vor einer Aspiration  (Inhalationstrauma, Blutungen/Ödeme im Halsbereich, Tracheomalazie, Kehlkopftumor)
  • Langzeitbeatmung
  • Maskennarkose nicht durchführbar
Operationen
  • Operationen am Kopf und Hals
  • Operationen im Thorax- und Bauchbereich
  • Operationen, die länger als 2 Stunden andauern
  • Eingriffe bei aspirationsgefährdeten Patienten
  • bei speziellen Lagerungen während der Operation ( Bauch-/Seitenlage, sitzend)
  • akute respiratorische Insuffizienz
  • Einlungenbeatmung
  • Kinder unter 6 Monate
Voruntersuchung Sollte bereits während der Prämedikationsvisite geschehen

  • Gesicht/Hals: Anomalien, Fehlbildungen, frühere Operationen, Bestrahlungen, Struma, Kehlkopfverschiebbarkeit
  • Mundöffnung: normal 4 cm, Mallampati- Klassifikation
  • Zahnstatus: lockere Zähne, künstliche Zähne (Gebiss), behandelte Zähne (Kronen)
  • Zunge: Größe, Beweglichkeit
  • HWS: Beweglichkeit
  • Sprechen: Heiserkeit, Stimmbandfunktion
  • Magen: Refluxkrankheit, Sodbrennen
Intubationsschwierigkeiten
  • Nasenatmung: behindert
  • Halswirbelsäule: eingeschränkte Beweglichkeit
  • Hals: kurz, dick, fliehendes Kinn
  • Zähne: locker, vorstehend, Prothesen
  • Zunge: groß, eingeschränkte Beweglichkeit
  • Mundöffnung: klein
  • Mund: eingeschränkte Beweglichkeit des Kiefergelenks, langer/hoher Gaumen, Tumoren, Abszesse, nach Bestrahlung
  • Trachea: Einengung (Struma), Tumoren
  • traumatisch (im Gesicht-Rachen-Halsbereich): Blutungen, Ödeme, Brüche
  • Intubationsprobleme bei früheren Operationen
Überprüfung
  • richtiger Patient
  • schriftliche Einwilligung für die Narkose
  • Nüchternheit
  • Entfernung von Zahnprothesen/Schmuck/Nagellack
  • angeforderten Untersuchungen durchgeführt und die Auswertungen vorhanden
Vorbereitung
  • Narkosegerät: Funktions-/Dichtigkeitsprüfung, Testung des Absaugers
  • Medikamente: Intubationsmedikamente vorbereiten
  • Intubationsbesteck: komplett bereithalten (Laryngoskop auf Helligkeit überprüfen, Dichtigkeit des Cuffs überprüfen)
  • Patient: der Patient muss einen venösen Zugang mit Infusion haben (grüne Vasofix®- Nadel), er muss am RR- und EKG- Monitor, sowie an der O2- Sättigungs- Messung angeschlossen sein
Zubehör
  • Laryngoskop: mit Spatel
  • Intubationstubus: der richtigen Größe (ein eine halbe Nummer kleiner oder größer muss in der Nähe liegen)
  • Führungsstab: der richtigen Größe
  • Blockerspritze: 10 ml
  • Gleitmittel: für den Tubus
  • Absaugvorrichtung: richtige Absaugergröße, Funktionsprobe
  • Pflaster: zum Befestigen des Tubus
  • Notfallzubehör
  • evtl. Güdeltubus
Durchführung
  • Anziehen von Einmalhandschuhen
  • den Patienten in die Rückenlage bringen
  • den Kopf auf eine 7 – 10 cm hohe Unterlage (Kissen, Ring) legen
  • Gabe der Anfangsdosis eines Opiates (10-15 µg SUFENTANIL®)
  • Präoxygenierung mit 80 - 90 % Sauerstoff  für mehrere Minuten (Flow 6 l/min), durch leichtes Halten einer Sauerstoffmaske über Mund/Nase  des Patienten (nicht zu fest, da der Patient noch wach ist), den Patienten zum tiefen Inhalieren auffordern
  • Injektion eines Einleitungshypnotikum (1,0-2,5 mg kg/KG PROPOFOL®)
  • nach Bewusstseinsverlust den Kopf des Patienten leicht nach hinten überstrecken (Jackson-Position)
  • Maskenbeatmung mit 100 % Sauerstoff (Inspirationsdruck max. 15 cm H2O, sonst kommt Luft im den Magen)
  • die linke Hand führt der C- Griff aus (kleiner Finger hinter den Kieferwinkel, Ring- und Mittelfinger am Unterkiefer, Zeigefinger und Daumen bilden ein C und drücken den Maskenkörper fest auf Mund und Nase)
  • Mund und Nase müssen von der Beatmungsmaske bedeckt und zur Umgebung abgedichtet sein
  • evtl. zur besseren Beatmung einen Güdeltubus verwenden
  • bei gesicherter Maskenbeatmung: Relaxierung des Patienten durch die Gabe eines nicht depolarisierendes Muskelrelaxans (ATRACRIUM®) (LYSTENON® nur bei nicht nüchternen Patienten, schwierigen Intubationen oder bei Ileus)
  • Intubation bei ausreichender Relaxierung des Patienten (kein Lidschluss mehr)
  • Öffnen des Mundes des Patienten mittels Kreuzgriff (rechte Hand des Intubateurs)
  • Einführen eines Laryngoskops in den Rachenraum des Patienten mit der linken Hand (Achtung auf Verletzung der Lippen, Zähne und der Mundschleimhaut)
  • die Zunge wird mittels Laryngoskopspatel auf die linke Seite geschoben
  • Vorschieben des Spatels des Laryngoskops bis zur Epiglottis
  • Anheben der Epiglottis durch Ziehen des Spatels nach oben
  • evtl. Durchführung des BURP-Manövers (backward upward rightward pressure: Druck auf den Schildknorpel des Kehlkopfs nach hinten oben rechts)
  • bei Sicht der beiden Stimmbänder wird der Tubus über den Nasenraum oder die Mundhöhle unter Sicht durch deren Lücke geschoben
  • Blockieren der Tubus mittels des Cuff- Druck- Messers (Druck kleiner 30 mmHg)
  • nach erfolgreicher Intubation: Beatmung mit 100 % Sauerstoff
  • Lagekontrolle des Tubus durch Auskultieren (gleiches Atemgeräusch über beiden Lungen, gleichseitige Bewegungen der Brustwand) und durch die Kapnographie
  • liegt der Tubus falsch muss er sofort entfernt werden und ein neuer Intubationsversuch gestartet werden
  • Fixation des Tubus im Mundwinkel und einlegen eines Güdeltubus als Beißschutz
  • Einstellung der Narkosegeräts: Sauerstoff (mind. 30 %), Low flow (1 l/Min.), oder besser noch minimal Flow Anästhesie (0,5 l/Min.)
  • bei TIVA: PROPOFOL®  (5-10 mg/kg KG/Std.) und/ oder SUFENTANIL®
  • ggf. weitere Opiat- oder Relaxanzgaben
Narkoseführung
  • Inhalationsnarkotika oder PROPOFOL® dem Bedarf des Patienten anpassen
  • Kontrolle von Puls, Blutdruck, Atembewegungen, Anstieg des Beatmungsdruckes
  • Gabe von Opiat und Muskelrelaxans je nach Bedarf (mind. alle 20 Minuten)
Narkoseausleitung Vor allem kardial vorgeschädigte, ältere Risikopatienten unterliegen besonderen Belastungen während der Ein- und Ausleitung einer Narkose. Es kommt dabei zu Blutdruckspitzen (oder -abfällen), Hypotonie, Tachykardie und evtl. Arrhythmien. Deshalb sollte die Phase der Ausleitung so schonend wie möglich gestaltet werden:

  • Narkotikum rechtzeitig reduzieren
  • maschinelle Beatmung abstellen und den Patienten manuell beatmen
  • nach Abstellen des Narkotikums den Patienten mehrere Minuten mit 100 % O2 beatmen
  • vorsichtiges orales und tubuläres Absaugen von Sekret
  • den Patienten über den Tubus unter Raumluft spontan atmen lassen
  • bei ausreichender Spontanatmung (regelmäßiges Atemzugvolumen von 350 ml, O2- Sättigung über 97 %), Erlangen der Schutzreflexe, kann den Kopf hochheben => Extubation
  • ein Patient mit Vollnarkose gehört in den Aufwachraum
Besonderheit Kinder
  • unter 6 Jahren werden Tubus ohne Cuff verwendet (wenn ein Cuff vorhanden ist, darf dieser nicht geblockt werden)
  • Neugeborene und Säuglinge haben eine große Zunge, deshalb beim Intubieren einen geraden Spatel verwenden
  • die engste Stelle der Atemwege ist der Ringknorpel
  • bei jeder Intubation einen Tubus um 0,5 cm Innendurchmesser kleiner und größer bereitlegen
Vorteile einer Intubationsnarkose
  • Verkleinerung des Totraumes
  • Aspirationsprophylaxe (nicht nüchterner Patient, Notfallpatient)
  • Eingriffe im Gesicht-, Mund- und Nasenbereich sind möglich
  • die Atemwege werden frei gehalten
  • sichere volumenkontrollierte Beatmung
Komplikationen
  • Verletzung der Trachea/Kehlkopfs (Blutungen, Ödeme)
  • Fehlintubation in die Speiseröhre
  • einseitige Intubation (meist rechter Hauptbronchus)
  • Tubusdislokation (beim Umlagern)
  • Tubusverlegung: Abknicken, Sekret
  • Ballonhernie (die Manschette legt sich vor die Tubusöffnung)
  • Zahnschäden
  • Laryngospasmus
  • Bronchospasmus
  • Trachealstenose
  • Stimmbandverletzung /-lähmung
  • Nekrosen/Ulcerationen der Trachealschleimhaut
  • Reizung des N. vagus (Bradykardie)
  • Aspiration
  • Kreislaufreaktionen: Hyper-/Hypotonie, Tachykardie, Bradykardie
  • Kiefergelenksbeschwerden
  • Heiserkeit
  • Schluckbeschwerden
  • Infektion der Atemwege
Alternative Atemwegssicherung
  • Larynxmaske
  • Larynxtubus
  • Koniotomie
  • Tracheotomie
Bilder
  • http://img.tfd.com/medical/Davis/Tabers/th/e21.jpg
  • http://intensivecarehotline.com/wp-content/uploads/2013/01/intubation_illust.jpg
  • https://www.youtube.com/watch?v=10enx5T-2_8

 

Cave
Das Muskelrelaxans darf erst dann gespritzt werden, wenn der Patient sicher mit der Maske beatmet werden kann

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