Definition |
Als Fraktur bezeichnet man eine Unterbrechung der Kontinuität eines Knochens
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Weitere Bezeichnungen (Synonyme) |
- Knochenbruch
- Knochenfraktur
- Fractura
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Einteilung |
- nach Ort des Bruches: Schädelfraktur, Oberschenkelfraktur, Beckenfraktur usw.
- nach Verlauf des Frakturspaltes: Quer-/Längs-/Schräg-/Spiralbruch(mit Verlust von Knochensubstanz)
- nach Anzahl der Knochenfragmente: Einfragment-/Mehrfragmentfraktur, Trümmerbruch (mehr als 6 Fragmente)
- nach Pathomechanismus: Abrissfraktur, Abscherfraktur (ein Teil des Knochens wird abgeschlagen), Berstungsfraktur, Ermüdungsfraktur(durch Überbelastung des Knochens), Kompressionsfraktur (Gewalteinwirkung auf die Längsachse), pathologische Fraktur(durch Osteoporose, Knochenmetastasen)
- nach Gelenkbeteiligung: intraartikuläre, extraartikuläre Fraktur
- nach Ausmaß der Fraktur: dislozierte, nicht dislozierte Fraktur
- nach Form des Frakturspalts: Y-Fraktur, T-Fraktur
- Grünholzfraktur: kindliche Fraktur, das Periost ist noch erhalten
- mit Epiphysenverletzung: es kommt zu Wachstumsstörungen
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Einteilung nach Art |
- offene Frakturen: die Haut wurde durch einen Knochen durchstießt, die Wunde ist sichtbar
- Grad I: unbedeutende Verschmutzung, einfache Frakturform
- Grad II: umschriebene Hautverletzung, mittelschwere Kontamination, alle Frakturformen
- Grad III: ausgedehnte Weichteilverletzungen, Gefäß-/ Nervenverletzungen, starke Wundkontamination, ausgedehnte Knochenzertrümmerung
- Grad IV: unvollständige Amputationsverletzung
- geschlossen Frakturen: ohne Verletzung der Haut, keine sichtbare Wunde
- Grad I: keine/wenig Weichteilverletzung, einfache Frakturform
- Grad II: oberflächliche Hautabschürfung/Quetschung, einfach bis mittelschwere Frakturform
- Grad III: tiefe/verschmutzte Hautverletzung, drohendes Kompartmentsyndrom, mittelschwere bis schwere Frakturform
- Grad IV: ausgedehnte Hautverletzungen oder Zerstörung der Muskulatur, Kompartmentsyndrom, Verletzung eines Hauptgefäßes
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AO-Klassifikation |
Für eine weltweit eindeutige Zuordnung der Frakturen:
- Körperregion:
- 1: Oberarm
- 2: Radius/Ulna
- 3: Femur/Patella
- 4: Tibia/Fibula
- 5: Wirbelsäule
- 6: Becken
- 7: Hand
- 8: Fuß
- 9: Schädel
- Frakturort:
- 1: proximal
- 2: diaphysär
- 3: distal
- Bewertung der Fraktur:
- A: einfache oder extraartikuläre Fraktur
- B: Kleifraktur oder partielle Gelenkbeteiligung
- C: komplexe Fraktur oder vollständige Gelenkfraktur
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AO-Klassifikation der Begleitverletzungen |
- I: Hautschäden
- IC1: keine Hautverletzung
- IC2: Kontusion ohne Hauteröffnung
- IC3: umschriebenes Decollement
- IC4: ausgedehntes, geschlossenes Decollement
- IC5: Nekrose durch tiefe Kontusion
- offene Hautverletzung
- IO1: Hautdurchspießung von innen nach außen
- IO2: Hautdurchspießung von außen < 5cm mit kontusionierten Rändern
- IO3: Hautläsion < 5 cm, umschriebenes Decollement mit Randkontusion
- IO4: Hautverlust, tiefe Kontusion, Schürfung
- IO5: ausgedehntes Decollement
- Muskel-/Sehnenverletzung
- MT1: keine Verletzung
- MT2: umschriebene Muskelverletzung (auf eine Muskelgruppe beschränkt)
- MT3: ausgedehnte Muskelverletzung (2 oder mehr Muskelgruppen)
- MT4: Ausriss oder Verlust ganzer Muskelgruppen, Sehnendurchtrennungen
- MT5: Logen- oder Crush-Syndrom
- neurovaskuläre Verletzungen:
- MV1: keine Verletzung
- MV2: isolierte Nervenverletzung
- MV3: umschriebene Gefäßverletzung
- MV4: kombinierte neurovaskuläre Verletzung
- MV5: Subtotal-/Totalamputation
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Ursachen |
- Trauma (Gewalt von außen)
- direktes Trauma: Fraktur an der Stelle der Gewalteinwirkung
- indirektes Trauma: Stelle der Gewalteinwirkung mit Bruchort nicht identisch
- Spontanfraktur
- Ermüdungsfraktur: Überbeanspruchung
- pathologische Fraktur: Osteoporose, Knochen-Tbc, Tumoren wie Plasmozytom, Skelettmetastasen
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Symptome |
- Allgemeinsymptome: Störung der Durchblutung, Motorik und Sensibilität, Fettembolie, Blutverlust
- sichere Frakturzeichen:
- Fehlstellung, Achsabweichung der physiologischen Knochenlinie (Stufenbildung)
- abnorme Beweglichkeit (abnorme Lage)
- Krepitation (Knochenreiben, „Knistern“ bei Palpation)
- sichtbare Knochenfragmente
- unsichere Frakturzeichen:
- Schmerzen, Schwellung, Bluterguss, Hämatome, abnorme Stellung, Störungen der Beweglichkeit, Schonhaltung
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Diagnose |
Anamnese: Klinik, Unfall Körperliche Untersuchung: Knochen Apparative Diagnostik: Röntgen, MRT, CT
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Differentialdiagnose |
- Spontanfraktur
- pathologische Fraktur
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Komplikationen |
- Allgemein: Schock durch Blutverlust/Schmerzen, Infektionsgefahr bei einer offenen Verletzung, Komplexes regionales Schmerzsyndrom, Pseudarthrose
- Kompartiment-Syndrom: Schmerzen, Bewegungseinschränkung, neurologische Symptome durch ein Frakturhämatom, Gipsverband, Muskelödem, venöse Thrombose => Komprimierung von Gefäßen und Nerven => Muskelnekrose => Faszienspaltung
- Infektion, Osteomyelitis: nur bei offenen Frakturen => Antibiotika (meist Staphylo- oder Streptokokken)
- Embolie: durch Fette (Fettembolie) oder Fraktursplitter
- neurologische Ausfälle: bei Nervenverletzungen
- Verletzung innerer Organe: Milzruptur durch Knochenspitzen, Pneumothorax bei Rippenfraktur
- Pseudoarthrose (Gelenkfalschbildung): Wundheilung bleibt länger als 6 Monate aus, als Spätfolge Arthrose des beteiligten Gelenks
- Sudeck-Syndrom: sympathische Reflexdystrophie
- Verletzungen des umliegenden Gewebes: Nerven, Blutgefäße, Gelenke, Lymphe, Organe
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Therapie |
- Allgemeinmaßnahmen: Betroffene möglichst wenig bewegen, Retention (Fixation), Ruhigstellung durch Gips, Extension, bei offenen Brüchen sofort keimfreien Verband anlegen, beengende Kleidungsstücke öffnen (Armbanduhren, Ringe, Schuhe)
- Ernährungstherapie: kalziumreiche Kost, Getreide, grünes Gemüse, Fisch
- Naturheilkundliche Therapie: Bachblüten (Rescue), Eigenbluttherapie, Homöopathie, Magnetfeldtherapie, Neuraltherapie, Phytotherapie, Schüssler Salze
- Medikamentöse Therapie: Antibiotika, Analgetika, Antiphlogistika, Thromboseprophylaxe, Tetanusprophylaxe
- Operative Therapie: Reposition (offen, geschlossen), Osteosynthese
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Prognose |
Heilungsdauer: abhängig von: Alter, Lokalisation, Durchblutung, Begleitverletzungen (3-5 Wochen)
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Knochenbruchheilung |
Ist nur möglich, wenn die Bruchenden zur Ruhe kommen und nicht bewegt werden (Gipsverband, Operation), die Dauer der Knochenheilung hängt von Form/Größe/ Durchblutung/Art des Bruches, Ruhigstellung, Stoffwechsellage und Alter des Patienten ab (3 – 8 Wochen):
- Bluterguss (Hämatom): entsteht als ersten zwischen und um die Bruchenden, es wandert Granulationsgewebe ein (Abbau von Zelltrümmern, Bekämpfung von Infektionen)
- Granulationsgewebe: legt sich um die Knochenstücke und verschleiß sie nach außen hin (bindegewebiger/ fibrokartilaginärer Kallus)
- Knochenvorläuferzellen (Osteoprogenitorzellen): aus dem Periost/Endost bauen sich zu Osteoblasten um und bilden aus den bindegeweblichen Kallus einen Knochenmanschette, die Bruchstücke werden fest (knöcherner Kallus)
- weiterer Umbau von Bindegewebe in Knochengewebe: der Bruchspalt wird weiter stabiler
- Abbau der Knochenmanschette: der Knochen hat wieder seine ursprüngliche Form, der Geflechtsknochen wird durch Lamellenknochen ersetzt
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