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Gastroduodenale Ulkuskrankheit

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Gastroduodenale Ulkuskrankheit

Ulcus pepticum, peptisches Ulkus sind weitere Bezeichnungen für die gastroduodenale Ulkuskrankheit. Bei der gastroduodenalen Ulkuskrankheit handelt es sich um einen Schleimhautdefekt im Magen oder im Zwölffingerdarm, der die Lamina muscularis mucosae des Magens oder des Zwölffingerdarms durchbricht. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Ein Magengeschwür (Ulcus ventriculi) ist meist an der kleinen Kurvatur/Atrium, ein Zwölffingerdarmgeschwür (Ulcus duodeni) meist am Bulbus duodeni lokalisiert. Am meisten von der Krankheit betroffen ist das Duodenum. Es besteht ein Missverhältnis zwischen Schleimhaut angreifenden und schützenden Faktoren. Der Magen und der Zwölffingerdarm müssen sich immer der Magensäure, Pepsin und Gallensäuren erwehren. Dazu werden zum Ausgleich alkalischer Schleim und Prostaglandine produziert. Treten aber mehr aggressive Stoffe auf, die von der Schleimhaut des Verdauungstraktes nicht vollständig abgebaut werden können, so kommt es zur gastroduodenalen Ulkuskrankheit.

Leitmerkmale:
Ulcus ventriculi (Magengeschwür): Schmerz im Epigastrium nach dem Essen oder unabhängig davon
Ulcus duodeni (Zwölffingerdarmgeschwür): Nacht-/Nüchternschmerz im Epigastrium
Definition Als gastroduodenale Ulkuskrankheit bezeichnet man tiefe Schleimhautdefekte im Magen und/oder Duodenum

Weitere Bezeichnungen
(Synonyme)
  • Ulcus pepticum
  • peptisches Ulkus
Vorkommen
(vor allem bei)
  • Männern
Einteilung
  • Magengeschwür (Ulcus ventriculi): meist 50-60 Lebensjahr, Lokalisation im Atrium/kleine Kurvatur, meist Helicobacter-pylori-Besiedelung
  • Dünndarmgeschwür (Ulcus duodeni): meist jüngere Menschen, Lokalisation meist im Bulbusbereich, durch Hyperazidität
Prädisponierende Faktoren
  • Frühjahr/Herbst
  • Psyche
  • Missverhältnis zwischen Schleimhaut angreifenden und schützenden Faktoren: verstärkte Säurebildung
  • Körperstatus: maskulin, schlank, hager, vegetative Labilität, Bradykardie, Hypotonie
Ursachen
  • Missverhältnis zwischen der Magensäureproduktion und dem Schutz vor Magensäure durch die Magenschleimhaut
Risikofaktoren
  • Helicobacter pylori
  • allgemein: Rauchen, Kaffee, Alkohol, Stress, Überforderung, anhaltende Angst- und Spannungszustände (siehe Ursachen der Gastritis), verminderte Schleimsekretion
  • Medikamente: NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika), ASS, Zytostatika, Salizylate, Glukokortikoide
  • Trauma: Stressulkus bei Polytrauma, Verbrennungen, großen Operationen
  • Erkrankungen: Hiatushernie, Durchblutungsstörungen, Gallensäurereflux, Leberzirrhose, verzögerte Magenentleerung, Zollinger-Ellison-Syndrom, Hyperparathyreoidismus, Morbus Cushing, rheumatoide Arthritis, chronische Niereninsuffizienz, diabetische Gastroparese
Symptome Oft symptomlos (ältere Menschen):

  • Allgemeinsymptome: Übelkeit, Erbrechen, saures Aufstoßen, Sodbrennen, Druck-/ Völlegefühl, säurelockende Speisen werden schlecht vertragen, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme
  • Schmerzen:
    • epigastrisch (links der Medianlinie), ausstrahlend zu Leber/Rücken, krampfartig, schneidend
    • Ulcus ventriculi: Sofortschmerz nach den Mahlzeiten, links der Medianlinie, nahrungsunabhängig oder 1-3 Stunden nach Nahrungsaufnahme, Verschlechterung besonders nach Süßspeisen (Säurebildung)
    •  Ulcus duodeni: Nüchternschmerz (gegen Mitternacht, frühe Morgenstunden), rechts neben der Medianlinie, prompte Besserung durch Nahrungsaufnahme

  • Blutung: 20 % als Erstsymptom, blutiges oder kaffeesatzartiges Erbrechen, Teerstuhl, Anämie
Psychosomatik
  • auslösende Situationen:
    • Trennungserlebnisse, Situationen mit Geborgenheitsverlust
    • Zuwachs von Verantwortung
    • Ansprüche von außen
    • Leistungs-/Ehrgeizhaltungen, Neid, Ärger

  • Menschentyp:
    • dominante Mutter, schwacher Vater, Erziehung zum „braven Kind“
    • Wunsch nach Liebe, Nähe und Geborgenheit
    • aktiver Typ: Streber, Ehrgeizling, will keine Hilfe annehmen, lädt sich zu viel Verantwortung auf, sehr empfindsam
    • passiver Typ: verdrängt seine Wünsche, hilfs-/hoffnungslos
    • andere Typen: Erkrankung nur unter massiver Belastung/unter Depressionen, chronischer Überlastungszustand (Doppelberuf usw.), Verdrängung von Abwehrmechanismen

  • Auswirkungen:
    • entweder passiv-depressiv oder hyperaktiv-aggressiv
    • Anspruchslosigkeit, Bescheidenheit
    • Verlangen nach Hingabe/Fürsorglichkeit
Diagnose Anamnese: Schmerzlokalisation, Risikofaktoren, Ulkusanamnese, NSAR-Einnahme, Familienanamnese
Körperliche Untersuchung: evtl. Druckschmerz im Oberbauch ohne Abwehrspannung, Anämiezeichen
Test: 13C-Atemtest auf Helicobacter pylori, Urease-Schnelltest
Labor: Blutbild (Blutung), Entzündungsparameter, Kalzium, Parathormon, Antikörper gegenüber Helicobacter pylori, Gastrin erhöht, Stuhluntersuchung auf Blut
Apparative Diagnostik: Gastroduodendoskopie mit Schleimhautbiopsie (Ca?), Röntgen (Kontrastmittel, Perforation?), Sonographie, Langzeit-pH-Metrie (Übersäuerung?)

Differentialdiagose
  • enteral: Refluxösophagitis, Reizmagen (Ausschlussdiagnose), Magenkarzinom, Gastritis, Morbus Crohn, Erkrankungen von Leber/Pankreas (Cholelithiasis, Pankreatitis, Pankreas-Karzinom), Reizkolon, Dyspepsie, Zollinger-Ellison-Syndrom
  • kardial: Angina pectoris, Myokardinfarkt
  • pulmonal: Pneumothorax, Lungenembolie, Tbc
  • Lues, Morbus Boeck
Komplikationen Ca. 30% aller Ulkuspatienten werden erst durch Komplikationen symptomatisch, werden so erst spät bemerkt:

  • Penetration: vordringen des Ulcus in ein Nachbarorgan, meist Pankreas oder Colon (plötzlicher Schmerz strahlt in den Rücken aus), Notfall!
  • Blutungen: Kaffeesatzerbrechen (Hämatemesis), Teerstuhl (Meläna)
  • Perforation (Durchbruch): das Ulkus durchbricht die Wand des Magens oder Duodenums, führt zum akuten Abdomen (plötzlicher heftiger Schmerz, Abwehrspannung, Schock) Notfall: Notarzt, PATIENT BLEIBT LIEGEN!
  • Stenosierung des Pylorus (Magenausgangsstenose): Behinderung der Nahrungspassage (anhaltendes Erbrechen, Schmerzzunahme beim Essen, Refluxösophagitis, Herzrhythmusstörungen, Kachexie)
  • Präkanzerose: Entartung möglich (Magenkarzinom)
Therapie
  • Allgemeinmaßnahmen: Stressabbau, Entspannungsübungen, Vermeidung von psychischen Belastungen, Oberkörper hoch beim Schlafen, feuchte Wärme, Leibwickel, Heublumenpackung, Bürstenbäder
  • Ernährungstherapie: kein Alkohol, keine Zigaretten, keine Fette, kein Kaffee, leichte Kost, kleine Portionen, gutes Kauen, Ruhe bei der Aufnahme, Vermeidung scharfer Gewürze, nach Mahlzeiten nicht hinlegen
  • Naturheilkundliche Therapie: Akupunktur, Ohrakupunktur, Bachblüten, Eigenbluttherapie, Fußreflexzonenmassage, Homöopathie, Neuraltherapie, Phytotherapie, Schüssler Salze
  • Medikamentöse Therapie: Ansetzen der ulcusauslösenden Medikamente, Antazida, H2-Blocker, Tripel-Therapie (Protonenpumpenblocker, Antibiotika) bei Besiedlung mit Helicobacter pylori, ansonsten Protonenpumpenblocker zur Säurereduktion, Antiphlogistika, Anticholinergika
  • Operative Therapie: bei Komplikationen (Blutungen, Perforation, Stenosen, Karzinomverdacht): Billroth-Magenresektion (Billroth I: Gastroduodenostomie; Billroth II: Gastrojejunostomie)
Prognose Hohe Spontanheilungsrate und auch Rezidivneigung.
10% aller Patienten mit Komplikationen versterben.

 

Notfall

Notfallmaßnahmen bei einer Ulkusperforation:

  • Anruf: Notarzt
  • Allgemeinmaßnahmen: Patienten beruhigen, beengte Kleidung entfernen, Patient zudecken
  • Lagerung: Oberkörper hoch, Knierolle, evtl. stabile Seitenlage
  • Vitalzeichenkontrolle: engmaschig
  • Zusatzmaßnahmen: Sauerstoffgabe, i.v.- Zugang, evtl. Schockbekämpfung
  • Cave:PATIENT DARF SICH NICHT MEHR BEWEGEN
Merke
NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika):
  • Arten: Dicolfenac, Acemetacin, Indometacin, Lonazolac
  • Nebenwirkungen bei langer Einnahme: Blutungen, Ulzerationen der Magenschleimhaut, Durchfall, Gerinnungsstörungen, renale Störungen, Asthmaanfall
Merke
Die Bildung von Divertikeln ist keine Komplikation der Ulcuskrankheit!

ff