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Gelenkrheuma

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Gelenkrheuma

Primär chronische Polyarthritis, pcP, chronische Polyarthritis, rheumatoide Arthritis sind weitere Bezeichnungen für das Gelenkrheuma. Als Gelenkrheuma bezeichnet man einen entzündlichen Gelenkrheumatismus. Es ist die häufigste chronisch-entzündliche Systemerkrankung des Binde-/ Stütz-/ Muskelgewebes. Betroffen ist davon vor allem die Synovialis (Gelenksinnenhaut), die in das Gelenk hineinwuchert und dieses dadurch zerstört (Hand-/Fingergelenke). Die Erkrankung tritt besonders bei Frauen zwischen dem 55.-75. Lebensjahr auf und verläuft in Schüben mit progredientem Verlauf. Davon betroffen sind vor allem die kleinen Gelenke der Hände und Füße. Die Gelenkentzündung breitet sich in der Umgebung des betroffenen Gelenks weiter aus und befällt die Schleimbeutel und Sehnen. Ziel der Behandlung ist es eine Gelenkzerstörung zu verhindern oder diese, wenn schon vorhanden, in ihrem weiterlaufenden zerstörerischen Prozess zu stoppen.

Leitmerkmale: Parästhesien, symmetrische Arthritis (an den kleinen Gelenken beginnend), Morgensteifigkeit, Bewegungsschmerz, Rheumaknoten, Gelenkdeformationen
Definition Beim Gelenkrheuma handelt es sich um eine entzündliche Gelenkerkrankung, die schubweise verläuft

Weitere Bezeichnungen
(Synonyme)
  • Primär chronische Polyarthritis
  • pcP
  • Chronische Polyarthritis
  • Rheumatoide Arthritis
Vorkommen
(vor allem bei)
  • Frauen: zwischen dem 55. und 75. Lebensjahr
Einteilung
  • alters-rheumatoide Arthritis: sie tritt nach dem 60. Lebensjahr auf und betrifft nur an ein oder wenige große Gelenke
  • Caplan-Syndrom: rheumatoide Arthritis und eine Quarzstaublunge
  • Felty-Syndrom: schwere Verlaufsform mit Milzvergrößerung, Verminderung der Leukozyten/Thrombozyten
  • juvenile rheumatische Arthritis: tritt im Kindesalter auf
  • systemische Arthritis: tritt im Kindesalter auf und befällt dazu vor allem die Leber und Milz
Pathogenese Durch eine ständige Entzündung der Gelenksschleimhaut kommt es über die Aktivierung des Komplementsystems zur Antikörperbildung (Rheumafaktoren, Entzündungsmediatoren) im Blut. Diese dringen in die Gelenksschleimhaut ein und greifen das Gewebe an. Es kommt zur Schwellung und schließlich zur Zerstörung des betroffenen Gelenks/Gelenkknorpel; dieser Prozess geht entweder schubweise oder progredient vorwärts (später: Zerstörung der Knochen, Bäder, Sehen (=>Versteifung), von Lunge und Gefäßen)

Ursachen
  • unbekannt
Risikofaktoren
  • Autoimmunerkrankung unbekannter Ätiologie
  • Virusinfektion
  • erbliche Faktoren
  • Allergien
  • Rauchen
  • Adipositas
Auslöser
  • Kälte
  • Nässe
  • Hormone
Symptome
  • Prodromalstadium: schleichender/schubweiser Beginn mit Müdigkeit, Unwohlsein, Appetitlosigkeit, körperliche Abgeschlagenheit, geringer Temperatur, Parästhesien, Morgensteifheit in Händen und Füßen, nächtliches Schwitzen, Gewichtsverlust
  • Folgesymptome:
    • muskulär: rezidivierende Myalgien und Arthralgien (Muskel- und Gelenkschmerzen), v.a. morgens (Morgensteifigkeit), später auch Bewegungsschmerz
    • Schwellung/Erwärmung: spindelförmig, symmetrisch der Finger/Gelenke
    • Schmerzen: in Fingermittel- und –grundgelenken, Zehengrundgelenke (Fingerendgelenke bleiben frei), später auch an großen Gelenken
    • symmetrischer Befall (beide Körperhälften) mit Entzündungszeichen und Ergüssen
    • dermal (über den befallenen Gelenken): Haut dünn, glatt, bräunlich, geschwollen
    • weiterer Krankheitsverlauf in Schüben (Entzündungszeichen), Synovitiden, Schleimbeutelentzündungen

Bei 20% akuter Beginn mit asymmetrischem Befall der großen Gelenke

  • Endstadium: Gelenkdeformationen, Muskel-/Hautatrophien, Rheumaknoten (subcutane, derbe Knoten an Streckseiten der Hand-/Ellbogengelenk), Gelenksversteifungen
  • Organmitbeteiligungen: Herz (Perikarditis, Myokarditis), Lunge (Pleuritis, Fibrose), Gefäße (Vaskulitiden), Augen (Keratokonjunktivitis, Skleromalazie), Wirbelsäule (Nackenschmerzen, Parästhesien der Hände, Muskelschwäche), Polyneuropathie, Nieren (Amyloidose), Haut (Ulkus, Erythem), Splenomegalie, Lymphadenopathie
Psychosomatik
  • auslösende Situationen:
    • ein äußerer Anlass mobilisiert abgewehrte Aggressionen und durchbricht die bisherige Abwehr
    • feindliche Gefühle können nicht abgewehrt werden (Tod, Selbstständig werden)

  • Menschentyp:
    • sich aufopfern für Andere
    • Mischung zwischen Herrschsucht und Selbstaufopferung
    • zwanghaft: übergewissenhaft, perfektionistisch, scheinbar gefügsam, unflexibel
    • Selbstaufopferung, Helferhaltung, hoher moralischer Anspruch
    • Unterwürfigkeit, Nachgiebigkeit

  • Auswirkungen:
    • Verleugnung/Bagatellisierung der Erkrankung
    • Kombination von Selbstkontrolle und wohlwollender Tyrannei
Diagnose Anamnese: Klinik, Vorerkrankungen
Körperliche Untersuchung: Inspektion (Schwellung der Gelenke, Rheumaknoten, Deformierungen)
Gaenslen- Handgriff: queres Zusammendrücken der Finger-/ Zehengrundgelenke schmerzt (Hände schütteln)
Labor: BSG stark erhöht, CRP erhöht, Gamma-Globuline erhöht, Anämie, Eisen erniedrigt, bei 90% positiver Rheumafaktor RF(= Antikörper IgG gegen vorgeschädigtes Bindegewebe), Antikörper gegen zyklische zitrulliniertes Peptid (CCP)
Apparative Diagnostik: Röntgen (Gelenkverschmälerung, Erosionen), Sonographie, Synovialpunktion (Erguss), Szintigraphie (erhöhte Aktivität im Gelenk), CT, MRT

Differentialdiagnose
  • Arthritiden anderer Genese: Psoriasisarthritis
  • Kollagenosen
  • rheumatische Fieber
  • Vaskulitiden
  • Sjögren-Syndrom
  • rheumatisches Fieber
  • Morbus Bechterew
  • Borreliose
  • Gicht
Komplikationen
  • Deformationen:
    • Ulnardeviation: Finger richten sich zur Handaußenkante aus
    • Schwanenhalsdeformität: Überstreckung im Fingermittelgelenk, Beugung der Fingergrundgelenke
    • Knopflochdeformität: Beugekontraktion im Mittelgelenk, Überstreckung im Endgelenk
    • Krallenbildung: an den Füßen
  • hohe Querschnittslähmung bei Zervikalbeteiligung
  • Anämie
  • bakterielle Infektion
  • Gelenkversteifung
Therapie
  • AKTIVER SCHUB: Ruhigstellung
  • Allgemeinmaßnahmen: aktiv/passive Bewegungstherapie, Massagen, Krankengymnastik, Bäder, Normalisierung des Gewichtes, Kryotherapie(Kälte)
  • Ernährungstherapie: Fleisch/Wurst einschränken, Vitamin E (hochgradig), Fasten, rohkostreiche Vollwerternährung
  • Naturheilkundliche Therapie: Bachblüten, Darmsanierung, Eigenbluttherapie, Enzymtherapie, Homöopathie, Neuraltherapie (Lidocain®-Injektionen in die Gelenke), Phytotherapie, Schüssler Salze
  • Medikamentöse Therapie: Goldsalze, Glucokortikoide, nichtsteroidale Antiphlogistika bzw. Antirheumatika (NSAR: ASS, Diclofenac®, Ibuprofen®), Analgetika, Immunsuppressiva
  • Operative Therapie: Synovektomie, Endoprothese, Arthrodese (Versteifung)
Prognose 15% im 1. Erkrankungsjahr spontane Vollremission, nur 50 % sind nach 15 Jahren noch arbeitsfähig.

Bilder

ff