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Herzinfarkt

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Herzinfarkt

Myokardinfarkt, Herzmuskelinfarkt sind weitere Bezeichnungen für den Herzinfarkt. Als Herzinfarkt bezeichnet man den Untergang von Herzmuskelgewebe durch eine lokale Durchblutungsstörung bedingt. Durch eine akute Unterversorgung des Herzmuskels (länger als 20 Minuten, bedingt durch eine Verengung des Lumens eines Koronargefäßes) kommt es zum Absterben (Nekrose) von Gewebe mit anschließender Vernarbung. Der Herzmuskelabschnitt kann damit nicht mehr seine Arbeit verrichten. Die Erkrankung ist meist eine Komplikation einer koronaren Herzkrankheit. Von einem transmuralen Infarkt spricht man, wenn alle Schichten der Herzwand in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Nach 4 bis 6 Stunden treten Nekrosen auf. Darum ist es sehr wichtig die Erkrankung zu erkennen und so früh wie möglich zu handeln. Ziel der Behandlung ist es das Lumen des betroffenen Herzgefäßes so schnell wie möglich wieder zu öffnen und somit den dahinter liegenden Herzmuskel wieder mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen.

Leitmerkmale: langanhaltende Angina pectoris (kann nicht durch Nitroglycerin beeinflusst werden), Schmerzausstrahlung, Todesangst
Definition Beim Herzinfarkt handelt es sich um einen Verschluss eines Blutgefäßes der Herzmuskulatur

Weitere Bezeichnungen
(Synonyme)
  • Myokardinfarkt
  • Herzmuskelinfarkt
Einteilung
  • Vorderwandinfarkt: (re. Kammer, Arteria coronaria sinistra, Ramus interventricularis anterior betroffen) Tachykardie, Hypertonie. Man unterteilt in Vorwandspitzeninfarkt, Anteroseptalinfarkt, Anterolateralinfarkt
  • Hinterwandinfarkt: (li. Kammer, Arteria cononaria dextra, Ramus interventricularis posterior betroffen) Bradykardie, Hypotonie
  • stummer Infarkt: 15- 20 % haben keine Beschwerden (v.a. alte Patienten, Diabetiker)
  • transmuraler Infarkt: alle Wandschichten sind betroffen
  • intramuraler Infarkt: die Nekrose ist auf Teilschichten begrenzt
  • subendokardialer Infarkt: die Nekrose ist nur unter der Innenschicht
Typen
  • Typ I: spontaner Infarkt, bedingt durch Ruptur/Ulzeration
  • Typ II: KHK-unabhängiger Infarkt, bei Missverhältnis von Sauerstoffbedarf und Sauerstoffangebot, bedingt durch Erkrankungen
  • Typ III: Herztod mit vorausgegangenen Symptomen
  • Typ IVa: akuter Infarkt mit perkutaner transluminaler Koronarangioplastie
  • Typ IVb: akuter Infarkt aufgrund einer Stent-Thrombose
  • Typ IVc: akuter Infarkt nach einer Ballonangioplastie
  • Typ V: akuter Infarkt im Zusammenhand mit einer Koronararterienbypass-OP
Pathogenese Durch eine Arteriosklerose der Herzkranzgefäße kommt es zu massiven Plaquesbildungen und damit zur Verlegung der Herzgefäße (Minderdurchblutung der Herzmuskulatur). Am Ende ist das Gefäß dann vollständig verschlossen und es treten Nekrosen auf (irreversibel), der dahinterliegende Bereich wird nicht mehr mit Nährstoffen versorgt

Phasen Frühe Ischämie > Nekrose > Reperfusion > Vernarbung > Remodeling (Dilatation, Hypertrophie)

Ursachen
  • Verschluss eines Herzgefäßes: meist durch ein Blutgerinnsel bedingt
Auslöser
  • Herz: koronare Herzerkrankung (mit Arteriosklerosen und Koronarspasmen), vorangegangene Angina-pectoris-Anfälle (aber auch ohne)
  • Gefäße: Verschluss durch einen Embolus (vom li. Herzen, Rhythmusstörungen!), Vaskulitis
  • gesteigerter Sauerstoffbedarf des Herzens: durch körperliche Belastung/ Stress bei vorheriger Mangeldurchblutung
Risikofaktoren
  • Rauchen
  • Hypertonie
  • familiäre Belastung
  • Diabetes mellitus
  • Adipositas
  • Fettstoffwechselstörungen
  • Alter
  • Stress
  • Alkoholismus
  • erhöhter Homocysteinblutspiegel
  • chronische Entzündungen
  • Bewegungsmangel
Auslöser
  • plötzliche untypische körperliche Anstrengung (Schneeschaufeln)
  • emotionaler Stress
  • Aufstehen in der Frühe
  • nach dem Essen: Umverteilung des Blutvolumens zur Essenaufnahme
  • Flüssigkeitsverlust
  • Aufenthalt in großer Kälte
Symptome Wie bei einem schweren Angina-pectoris-Anfall, meist in den frühen Morgenstunden, manchmal auch ohne Symptome:

  • Allgemeinsymptome
    • Atemnot, Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Blässe, fahl-gelbe Gesichtsfarbe, kalter Schweißausbruch, Schwächegefühl, die Patienten verhalten sich ruhig (Vermeidung jeder Anstrengung)
    • plötzlicher Kreislaufzusammenbruch (ggf. Bewusstlosigkeit, Kollaps), Blutdruck und Puls meist normal (oder Schocksymptome)
    • Psyche: Todesangst, Vernichtungsgefühl
    • kardial: Herzrhythmusstörungen, Herzgeräusche

  • Schmerz
    • plötzlich, heftige Schmerzen, retrosternal, linker Brustbereich, langanhaltend, brennend, drückend, ausstrahlend in die li. Kleinfingerseite, Arme, Bauch, Unterkiefer, Rücken (zwischen den Schulterblättern), aber auch in den Oberbauch (Hinterwandinfarkt)
    • der Patient versucht durch Bewegung seine Schmerzen zu lindern (bei Angina pectoris verhält sich der Patient still)
    • schweres Druckgefühl auf dem Brustkorb (länger andauernd: 15-20 Min, Atemnot, Erstickungsgefühl)
    • Nitrolinqual bringt keine Besserung

  • Linksherzinsuffizienz-Symptome: Atemnot, feuchte Rasselgeräusche, Zyanose
  • Rechtsherzinsuffizienz-Symptome: Rückstau in alle Körperorgane/ Venen
  • Resorptionsfieber: tritt nach 2 Tagen, für ca. 1 Woche anhaltend (ca. 38 Grad C)
Psyche
  • auslösende Situationen:
    • psychisch: Beruf, Familie, Gesellschaft
    • organisch: Rauchen, Bewegungsmangel, Vorerkrankungen, körperliche Belastungen, reiche Mahlzeiten (Adipositas), frühe Morgenstunden

  • Menschentyp:
    • aktiv, tatkräftig, starkes Über-Ich
    • leicht erregbar, impulsiv, emotional, ungeduldig
    • strebsam (Erfolg, sozialer Stellung/Anerkennung), starke Leistungs-/ Konkurrenzorientierung
    • argwöhnisch, besorgt

  • Auswirkungen:
    • Depressionen (Beruf, Lebenssituation, Gewohnheiten)
    • Angst (durch Vernichtungsschmerz, Todesangst, Bedrohung des Selbstwertgefühls, Reaktion der Angehörigen)
Diagnose Anamnese: Symptome, bekannte Angina pectoris, Risikofaktoren, Schmerzcharakter, familiäre Belastung
Auskultation: Galopprhythmus, feuchte Rasselgeräusche (bei Lungenstauung); evtl. Perikardreiben
Labor: für 3-7 Tage Leukozytose mit Linksverschiebung, BSG erhöht, Blutbild (Leukozyten erhöht), Elektrolyte, Gerinnung, Blutzucker erhöht, CRP erhöht
  • herzmuskelspezifisch: Troponin T erhöht, Enzymdiagnostik: CK-MB (Kreatinphosphokinase Untergruppe MB) bei Infarkt erhöht
  • unspezifisch (da auch in anderen Organen: Gesamt-CK, GOT erhöht, LDH erhöht (Werte nach 12 Std. wiederholen), α-HBDH, Serum-Kalium

Enzym Anstieg (Std.) Maximum (Std.) Normalisierung (Tage)
CK-MB 3-12 12-24 2-3
CK-MBC 2-6 12-24 3
Gesamt-CK 4-8 16-36 3-6
GOT 4-8 16-48 3-6
LDH 6-12 24-60 7-15
Alpha-HBDH 6-12 30-72 10-20
Apparative Diagnostik: EKG (ST-Streckenerhöhung), Echokardiographie, Koronarangiographie (Durchgängigkeit der Gefäße), Linksherzkatheter, Farb-Doppler-Echokardiographie (Auswurf), Magnetresonanztomographie

Differentialdiagnose
  • kardial/thorakal: schwerer Angina-Pectoris-Anfall, Herzrhythmusstörungen, Perikarditis, Pleuritis, Herzneurose, Brustwirbelsäulenerkrankungen
  • vasal: Aneurysma der Aorta
  • pulmonal: Lungenembolie, Spontanpneumothorax
  • enteral: akute Pankreatitis, Cholelithiasis, Ulcus ventriculi/duodeni, akutes Abdomen, Roemheld-Syndrom
  • allgemein: Wirbelsäulenerkrankungen, HWS-Osteochondrose
Komplikationen
  • Frühkomplikationen: Hauptgefahr in den ersten Stunden und Tagen nach dem Infarkt (72 Std.)
    • kardial: lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen (Brady-/ Tachykardie, Extrasystolen, Kammerflimmern) , Herzinsuffizienz, kardiogene Embolien (Reinfarkt, Apoplex), kardiogener Schock (mehr als 40 % der Muskelmasse der li. Kammer betroffen), Papillarmuskelabriss (selten, wenn die Hinterwandkoronarien betroffen sind), akuter Herztod, bei älteren Patienten: Septum- oder Herzwandruptur, Herzwandaneurysma (evtl. Perikarditis)
    • pulmonal: Lungenödem (Lungeninsuffizienz)

  • Spätkomplikationen:
    • kardial: Herzwandaneurysma, Herzwandruptur, (Folge: Perikardtamponade), Perikarditis, chronische Herzinsuffizienz, Perimyokarditis, Dressler-Myokarditis
Therapie NOTFALL:

  • Allgemeinmaßnahmen: i.v.-Zugang, keine i.m.-Injektionen (Lyse-Therapie, Enzymbestimmung), absolute Bettruhe (3 Tage Intensivmedizin mit Vitalparameterüberwachung), psychische Abschirmung (Sedierung), Sauerstoffgabe
  • Medikamentöse Therapie: intensive Schmerzbehandlung (Analgetika), Xylocain®-Dauertropf (die ersten 2- 3 Tage), intravenöse Kurzzeitlyse (Alteplase, Reteplase), Antikoagulantientherapie, später: Betablocker, Thrombozytenaggregationshemmer (ASS), ACE-Hemmer, Nitrate (Dilatation der Gefäße)
  • Operative Diagnostik: Rekanalisierung der verschlossenen Koronararterie (innerhalb 6 Std.) über Herzkatheter (PTCA), evtl. Bypass
Prognose Die Prognose ist abhängig vom Ausmaß und Lokalisation und der Klinikaufnahme:

  • 20-30 Min. nach Unterbrechung des Blutflusses beginnen die Herzmuskelzellen abzusterben, nach 3-6 Std. kommt es zu irreversiblen Nekrosen
  • 35 % letal (Rhythmusstörungen, Ausfall des Herzmuskelgewebes, v.a. ersten Std. entscheidend)
  • 20 % versterben innerhalb des nachfolgenden Jahres
  • 60 % der Überlebenden haben keine weiteren Störungen
Bilder

 

Notfall

Notfallmaßnahmen beim Herzinfarkt:

  • Anruf: Notarzt (Tel.112)
  • Allgemeinmaßnahmen: Patienten beruhigen, beengte Kleidung entfernen, Patient zudecken
  • Lagerung: erhöhter Oberkörper, Beine tief, bei Bewusstlosigkeit: stabile Seitenlage
  • Vitalzeichenkontrolle: engmaschig
  • Reanimation: Wiederbelebung
  • Zusatzmaßnahmen: Sauerstoffgabe, i.v.- Zugang
  • Medikamente: 2-3 Hübe Nitrosprayâ (Systole über 120 mmHg) gut bei Angina pectoris, bei Herzinfarkt kann es wirkungslos bleiben
  • Cave: keine i.m.- Injektion
Merke
Symptome kardiogener Schock:
Atemnot, unregelmäßiger, schneller Puls, niedriger Blutdruck, Unruhe, Angst, Kaltschweißigkeit, fahle, blasse Haut
Merke
Ein Herzinfarktpatient sollte nicht in der Schocklage gelagert werden! Beim kardiogenen Schock (z.B. Folge vom Infarkt), ist die Schocklage ebenfalls kontraindiziert (erhöhter Oberkörper).

ff