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Hyperparathyreoidismus

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Hyperparathyreoidismus

Nebenschilddrüsenüberfunktion, Hyperparathyreose sind weitere Bezeichnungen für den Hyperparathyreoidismus. Beim Hyperparathyreoidismus kommt es zu einer gesteigerten Sekretion oder regulativen Erhöhung des Parathormons (PTH) durch die Nebenschilddrüse und damit zu einer Störung des Calciumhaushaltes mit Hyperkalzämie und allgemeinen Knochenabbau. Die Erkrankung wird in fünf Unterformen unterteilt. Die Beschwerden werden vor allem durch einen erhöhten Kalziumspiegel im Blut verursacht. Solange der Spiegel nur gering erhöht ist, bemerkt der davon Betroffen meist keine Symptome. Die Beschwerden kommen also allmählich, wenn sich der Blutspiegel des Calciums weiter erhöht. Dies kann dann sogar soweit führen, dass es zu einer hyperkalzämischen Krise kommen kann. Es handelt sich dabei um einen Notfall, der in einem Koma und in einem akuten Nierenversagen enden kann. Ziel der Behandlung ist es somit den Spiegel des Parathormons und des Calciums so schnell wie möglich zu senken.

Leitmerkmale:  „Stein-/Bein-/Magenpein“, Nephrolithiasis, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Osteopathie
Definition Beim Hyperparathyreoidismus handelt es sich um eine vermehrte Sekretion des Parathormons

Weitere Bezeichnungen
(Synonyme)
  • Nebenschilddrüsenüberfunktion
  • Hyperparathyreose
Einteilung
  • primärer Hyperparathyreoidismus:
    • Pathogenese: durch eine Funktionsstörung der Nebenschilddrüse kommt es zu einer vermehrten Bildung von Parathormon durch die Epithelkörperchen
    • Erkrankungen: Nebenschilddrüsenadenom

  • sekundäre Hyperparathyreoidismus:
    • Pathogenese: Reaktion auf einen zu niedrigen Kalziumspiegel im Blutkommt es zu einer chronischen Stimulation der Epithelkörperchen
    • Erkrankungen: chronische Niereninsuffizienz, Malabsorption, Leberinsuffizienz

  • tertiärer Hyperparathyreoidismus:
    • Pathogenese: der Regelkreis des Calciums ist an den Nieren aufgetrennt
    • Ursachen: sekundärer Hyperparathyreoidismus

  • quartärer Hyperparathyreoidismus:
    • Pathogenese: durch einen sekundären Hyperparathyreoidismus kommt es zur Entkoppelung
    • Ursachen: sekundärer Hyperparathyreoidismus

  • quintärer Hyperparathyreoidismus:
    • Pathogenese: Entkoppelung der Parathormonresektion nach einem langjährigen quartären Hyperparathyreoidismus, der Regelkreis ist auf Seiten der Nebenschilddrüsen getrennt
    • Ursachen: quartärer Hyperparathyreoidismus
Pathogenese Durch eine vermehrte Sekretion des Parathormons kommt es zur Erhöhung des Kalziumspiegels im Blut (Kalzium wird im Knochen vermehrt abgebaut; Skelettveränderungen), und zu einer Einlagerung in Gewebe (Verkalkungen, Nierensteine)

Ursachen
  • primäre Ursachen: Adenom (80%, v.a. Frauen), Hyperplasie der Hauptzellen (Epithelkörperchen), Karzinom, Röntgenbestrahlung der Halsregion
  • sekundäre Ursachen: chronische Malabsorption (Kalzium), kalziumarme Ernährung, chronischer Niereninsuffizienz, Rachitis, Leberzirrhose, Cholestase, Sprue, fehlende UV-Bestrahlung (Sonnenlicht), Dialysetherapie
Symptome Meist keine Beschwerden, sonst Symptome der Hyperkalzämie:

  • Allgemeinsymptome: Desorientiertheit, Gedächtnisstörungen, Gewichtsabnahme, Konjunktivitis, Appetitlosigkeit
  • „Steinpein“: Nierensteine, Arteriosklerose (erhöhter Kalziumspiegel), Gallensteine
  • „Beinpein“: Knochenschmerzen (Osteoporose, Rundrücken), Osteomalazie (vermehrter Knochenabbau/Knochenbrüche) , Gelenkschmerzen, bei Kindern Minderwuchs
  • „Magenpein“: Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, evtl. Magen-/ Duodenalgeschwür, Obstipation, Meteorismus, akute Pankreatitis
  • kardial/vasal: Hypertonie, Arrhythmie, Digitalisüberempfindlichkeit
  • nerval: leichte Ermüdbarkeit, Muskelschwäche/-atrophie, Reflexabschwächung, Erregbarkeit der Nerven/Muskeln herabgesetzt
  • renal: Polyurie, Polydipsie, Nykturie, Nierenkoliken, Kalkablagerungen
  • psychisch: Apathie, Euphorie, Depression, Verstimmung, Antriebsarmut, chronische Müdigkeit
Diagnose Meist unauffällig:

Labor: Parathormon erhöht, Kalzium erhöht, AP erhöht, Calcitonin erhöht, Phosphat erniedrigt, Kalium erniedrigt, Gesamteiweiß normal, Kreatinin erhöht, Urin: Kalzium/Phosphat erhöht
Apparative Diagnostik: Röntgen (Entkalkungen, Ostitis?), Sonographie (Hals/Bauch, Steine?, Vergrößerung?), CT, MRT, Szintigraphie, EKG (Herzrhythmusstörungen?)

Differentialdiagnose
  • Knochen: Osteomalazie, Osteoporose
  • Stoffwechsel: Hyperthyreose, Nebennierenrinden-Insuffizienz
  • allgemein: Sarkoidose, Tumoren, Infektionen (Tbc, AIDS), Diabetes mellitus
Komplikationen
  • Kalkablagerungen in Organen/Arterien
  • Nephrolithiasis
  • schwere Psychosen,
  • hyperkalzämische Krise: Nierenversagen, Somnolenz bis Koma, Herzrhythmusstörungen
Therapie
  • Allgemeinmaßnahmen: Behandlung der Ursachen
  • Ernährungstherapie: reichliches Trinken (> 2l/Tag), kalziumreiche Mineralwasser meiden
  • renal bedingte Überfunktion: Verminderung der Phosphorzufuhr, Phosphatbinder, Eiweißeinschränkung: kein Schmelzkäse, Leberwurst usw.
  • bei chronischen Erkrankungen: Vitamin D, Kalium, Calcitonin, Diuretika, aluminiumhaltige Präparate, Bisphosphonate
  • Operative Therapie: Parathyreoidektomie
Prognose Heilbar, wenn die Epithelkörperchen rechtzeitig entfernt werden, schwere Schäden an Knochen/Nieren sind irreversibel.

Sonderfall:
Hyperkalzämische Krise
Durch unbehandelten Hyperparathyreoidismus kann es zur hyperkalzämischen Krise kommen:

  • Symptome: Oligurie/Anurie, Erbrechen, Oberbauchschmerzen, Bewusstseinseintrübung bis Koma, Herzrhythmusstörungen, Exsikkose, Fieber
  • Komplikationen: Volumenmangelschock, akutes Nierenversagen

 

Notfall

Notfallmaßnahmen bei der Hyperkalzämische Krise:

  • Anruf: Notarzt
  • Allgemeinmaßnahmen: Patienten beruhigen, beengte Kleidung entfernen, Patient zudecken
  • Lagerung: erhöhter Oberkörper
  • Vitalzeichenkontrolle: engmaschig
  • Reanimation: wenn nötig
  • Zusatzmaßnahmen: Sauerstoffgabe, i.v.- Zugang
Cave
Hypokalzämische Krise (NOTFALL):
Symptome: Angst, Pfötchenstellung der Hände, Fischmaulstellung des Mundes, Kopfschmerzen, Myoklonien, bei erhaltenem Bewusstsein.

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