Krankheiten
Hyperthyreose

 Zurück zur alphabetischen Auswahl

Hyperthyreose

Schilddrüsenüberfunktion, Hyperthyreoidismus sind weitere Bezeichnungen für die Hyperthyreose.  Bei der Hyperthyreose kommt es zu einer Überproduktion und vermehrten Sekretion von Schilddrüsenhormonen mit Auswirkungen auf den gesamten Stoffwechsel (Hypermetabolismus). Da der ganze Körper von der Erkrankung betroffen ist, kommt es an fast allen Organen zu Beschwerden, die sich bei den davon betroffenen Personen unterschiedlich stark ausprägen können. Die Ursachen hierfür sind meistens eine Morbus Basedow oder eine Schilddrüsenautonomie. Kompliziert sich die Erkrankung zu einer lebensbedrohlichen Form, so spricht man von einer thyreotoxischen Krise. Ziel der Behandlung ist es die Produktion und Sekretion der Schilddrüsenhormone wieder zu normalisieren.

Leitmerkmale: Struma, ungewollter Gewichtsverlust, erhöhte Schweißneigung, Tachykardie, feinschlägiger Tremor, Hyperaktivität
Definition Bei der Hyperthyreose handelt es sich um eine krankhafte Überfunktion der Schilddrüse mit vermehrter Ausschüttung von Schilddrüsenhormonen

Weitere Bezeichnungen
(Synonyme)
  • Schilddrüsenüberfunktion
  • Hyperthyreoidismus
Vorkommen
(vor allem bei)
  • Frauen
  • ältere Personen
Einteilung
  • primäre Hyperthyreose: durch Störung der Schilddrüse kommt es zu einer vermehrten Sekretion von Schilddüsenhormonen
    • latente Hyperthyreose: TSH erhöht, T3/T4 normal
    • manifeste Hyperthyreose: TSH erniedrigt, T3/T4 erhöht

  • sekundäre Hyperthyreose: durch eine erhöhte TSH-Tätigkeit kommt es zu einer vermehrten Aktivität der Schilddrüse
  • thyreotoxische Krise:  lebensbedrohliche Erkrankung
Formen
  • immunogene Formen: diffuse Vergrößerung der Schilddrüse
  • nicht immunogen Formen:
    • ein oder mehrere Bereiche in der Schilddrüse produzieren gesteigert Hormone
    • ein/mehrere heiße Knoten nachweisbar
    • diese Teile unterliegen nicht mehr der Steuerung durch das TSH
Pathogenese Durch Erkrankung der Schilddrüse kommt es zu einer Erhöhung der Schilddrüsenhormone im Blut und damit zu einer Steigerung des Kohlenhydrat-/ Protein- und Fettstoffwechsel

Ursachen
  • Schilddrüsenautonomie (ungesteuerte Aktivität einzelner Areale, produzieren selbstständig Schilddrüsenhormone): Adenom durch Jodmangel, zu hohe Jodzufuhr
  • Schilddrüsenerkrankungen: Morbus Basedow (autoimmun), Schilddrüsenentzündungen, Schilddrüsenkarzinom (selten)
Risikofaktoren
  • Alter: Pubertät, Schwangerschaft, Klimakterium (Häufung)
  • Medikamente: Überdosierung von Schilddrüsenhormonen, Kontrastmittelgabe
  • Schilddrüsenhormonresistenz, Hypophysentumor
Symptome Struma (90% der Fälle); Exophthalmus (50% der Fälle; heraustretendes Auge mit unvollständigem Lidschluss):

  • psychisch: zunehmende Nervosität, Reizbarkeit, psychische Labilität (Stimmungsschwankungen), Schlaflosigkeit, Konzentrationsschwäche
  • neurologisch: Reflexe erhöht, Tremor,motorische Unruhe (Hyperaktivität)
  • erhöhter Energieumsatz: Gewichtsabnahme bei gesteigertem Appetit (Heisshunger), Blutzuckeranstieg(Diabetes mellitus), vermehrter Durst
  • Wärmeintoleranz (subfebrile Temperaturen, Hitzegefühl), gesteigerte Schweißabsonderung (Hyperhidrosis), Hitzegefühl, Flush
  • enteral: Diarrhoe bzw. erhöhte Stuhlfrequenz, evtl. Fettleber
  • kardial: Hypertonie, Tachykardie, große Blutdruckamplitude, Rhythmusstörungen (Tachyarrhythmien, Vorhofflimmern), Herzinsuffizienzzeichen, Herzrasen
  • muskulär: Myopathie (rasche Ermüdbarkeit; v.a. Oberschenkelmuskulatur), feinschlägiger Fingertremor
  • Augen: Lidödeme, Tränenfluss, Entzündungen, seltener Lidschlag (Stellwag-Zeichen)
  • dermal: Haarausfall, brüchige Fingernägel, warme, weiche, feuchte Haut, überpigmentiert, Haare (fein, fallenleicht aus), evtl. prätibiales Myxödem
  • Zyklusstörungen, Menstruation verstärkt
  • Kalzium-/Phosphathaushalt: Osteoporose
Bei Schilddrüsenautonomie: meist asymptomatisch, evtl. leichte Hyperthyreosezeichen

Psychosomatik
  • auslösende Situationen:
    • Traumen: Todesfälle, Unfälle
    • Verlassenwerden von Angehörigen
    • Untreue des Ehepartners

  • Menschentyp:
    • versucht lebenslangen Kampf gegen seine Angst durchzustehen
    • vorzeitige Notwendigkeit autark/reif zu werden
    • Unfähigkeit Feindseligkeitsgefühle auszudrücken
    • Kampf gegen die Angst (Verleugnung, Unterdrückung)
    • Streben nach beruflichem Erfolg
    • unerhört arbeitsam
    • Bedürfnis Kinder zu gebären
    • häufiges Träumen vom Tod

  • Auswirkungen:
    • Psychosen (ständige Ängste)
Diagnose Anamnese: Klinik, Medikamente, Kontrastmitteluntersuchung
Körperliche Untersuchung: Fingertremor, Schwellungen (Schienbein), Struma, „Schwirren“ über Struma, Herzfrequenz hoch, Rhythmusunregelmäßigkeiten, große Blutdruckamplitude, Hypertonie (sekundär)
Labor: T3/T4 erhöht, TSH erniedrigt, Schilddrüsenantikörper (TRAK, anti-TPO-AK)
Apparative Diagnostik: Sonografie (Größe, Verdrängung), Dopplersonografie (vermehrte Vasuklarisierung), Szintigrafie (Knoten), Röntgen/ CT (Umgebung), Biopsie (Tumor?)

Differentialdiagnose
  • Stoffwechselerkrankungen: Schilddrüsenentzündungen, Diabetes mellitus
  • Psyche: Psychosen, Drogenmissbrauch
  • allgemein: Fieberzustände, vegetative Dystonie, Wechseljahre, Herzinsuffizienz, Tumoren, Phäochromozytom
Komplikationen
  • Muskelschwäche
  • Herzinsuffizienz
  • Diabetes mellitus
  • Osteoporose
  • thyreotoxische Krise
  • nach Operationen: Hypothyreose, Rekurrensparese nach Operationen
Therapie
  • Allgemeinmaßnahmen: Stress, Aufregung, Ärger vermeiden, nicht ans: Meer/Gebirge/heiße Gegenden, autogenes Training, Meditation, kühle Anwendungen (kalte Abwaschungen, Teilbäder, feucht-kühle Halswickel), mäßige Bewegung (Wandern), keine UV- Bäder
  • Naturheilkundliche Therapie: Akupunktur, Ohrakupunktur, Aromatherapie, Bachblüten, Homöopathie, Neuraltherapie, Phytotherapie, Schüssler Salze
  • Ernährungstherapie: Kaffee, Tee, Alkohol, jodhaltige Nahrungsmittel meiden, Hormonquellen meiden (inklusive Fleisch), jodiertes Speisesalz kann die Symptome verstärken
  • Medikamentöse Therapie: Thyreostatika, Betarezeptorenblocker, Lithium, Natriumperchlorat, Carbimazol, Thiamazol
  • Operative Therapie: Schilddrüsenentfernung (Thyreoidektomie, Strumaresektion), Radiojodtherapie
Prognose Rezidive.

Sonderform:
Thyreotoxische Krise
Plötzlicher extremer Anstieg der Schilddrüsenhormone (z.B. durch Kontrastmittel, Sepsis), Letalität: 30-50 %.
  • Ursachen: Hyperthyreose bei Infekten, Trauma, Operationen, Schwangerschaft, plötzliches Absetzen des antithyreoidalen Therapie, Radiojodtherapie, Kontrastmittelgabe
  • Symptome: hochgradige Tachykardie (Tachyarrhythmie), Hypertonie, hohes Fieber, Durchfall, Erbrechen, Schwitzen, Muskelschwäche, Erregung bis Koma, Unruhe, Verwirrtheit, Tremor
  • Differentialdiagnose: Koma diabeticum, hypoglykämischer Schock, Myasthenie, Lungenembolie, Alkoholdelir, Phäochromozytom, Addison-Krise, Intoxikationen, Psychosen
  • Komplikationen: zunehmende Bewusstseinsstörungen bis Koma, Kreislaufversagen
  • Therapie: NOTFALL: bei Verdacht: Notarzt

 

Symptome

Hyperthyreose

Hypothyreose
Haut Feucht, warm, rot, weich, dünn Trocken, kühl, blass, teigig, schuppig, verdickt
Nägel Normal Brüchig
Wärme/Kälte Wärmeempfindlich Kälteempfindlich
Blutdruck/Herz Hypertonie, Tachykardie, Herzrhythmusstörungen Hypotonie, Bradykardie
Nervensystem Tremor, Schlafstörungen, nervös, reizbar Müdigkeit, Depression, antriebslos, Leistungsabfall
Reflexe Erhöht Verlangsamt 
Reaktion Normal bis überschießend, leicht irritierbar Verlangsamt, gleichmäßig
Stuhl Durchfälle Obstipation
Gewicht Abnahme (trotz gesteigerten Appetites/Heisshunger) Zunahme (trotz teilweiser Appetitlosigkeit)
Muskulatur Fingertremor Muskelschwäche
Schweiß Ja Nein
Ödeme Lidödeme Myxödem
Stimme/Sprache Normal, hastig, Tremor Heiser, langsam, behäbig 
Menstruation Normal bis Oligomenorrhoe Menorrhagien
Notfall

Notfallmaßnahmen bei der thyreotoxischen Krise:

  • Anruf: Notarzt
  • Allgemeinmaßnahmen: Patienten beruhigen, beengte Kleidung entfernen, Patient zudecken
  • Lagerung: erhöhter Oberkörper
  • Vitalzeichenkontrolle: engmaschig
  • Reanimation: wenn nötig
  • Zusatzmaßnahmen: Sauerstoffgabe, i.v.- Zugang, evtl. Schockbehandlung
Cave
Bei älteren Patienten kann eine Hyperthyreose symptomlos verlaufen, nur Gewichtsverlust, Schwäche, Herzrhythmusstörungen als Zeichen.
Cave
Die thyreotoxische Krise ist ein Notfall, der häufig im Koma bzw. tödlich endet (30-50%)! Plötzlicher Anstieg der Schilddrüsenhormone mit Herzrhythmusstörungen, extremer Tachykardie, Hypertonie, Fieber, Erbrechen, Durchfall, Tremor.
Cave
Thyreostatika wirken etwas verspätet, da bereits im Blut vorhandene Schilddrüsenhormone nicht beeinflusst werden und somit erst abgebaut werden müssen.
Merke
Eine Hyperthyreose zeigt keine Kälteintoleranz und keine Inappetenz!
Merke
Bei Vorhofflimmern immer an eine Hyperthyreose denken.

ff