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Hypotonie

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Hypotonie

Hypotonus, Hypotension, niedriger Blutdruck, Hypotonia sind weitere Bezeichnungen für die Hypotonie. Als Hypotonie bezeichnet man dauerhafte oder vorübergehende niedrige Blutdruckwerte. Diese sind bei Männern kleiner als 110mmHgdavon betroffen sind jungen Frauen und Sportler. Ein niedriger Blutdruck ist selten lebensbedrohlich und führt auch nicht zu dauerhaften Körperschäden. Viele merken davon meist gar nichts. Erst wenn die Werte sehr stark abstürzen, kann es zu einigen Beschwerden kommen. Es kann dann auch eine Ohnmacht auftreten. Aus sehr verschiedenen Gründen können die Mechanismen der Blutdruckregulierung nicht mehr ausreichend funktionieren und so eine Hypotonie erzeugen. Das Krankheitsbild wird darum in drei verschiedene Formen, je nach Ursachen, unterteilt. Eine Therapie ist meistens nicht erforderlich. Wenn die Beschwerden zu unangenehm sind können diese durch verschiedene Behandlungsmethoden gemildert werden.

Leitmerkmale: Schwindelgefühl mit Schwarzwerden vor den Augen, Synkopen, Leistungsabfall, Müdigkeit, Kopfschmerzen
Definition Bei der Hypotonie handelt es sich um einen zu niedrigen Blutdruck von unter 100/60 mmHg

Weitere Bezeichnungen
(Synonyme)
  • Hypotonus
  • Hypotension
  • Niedriger Blutdruck
  • Hypotonia
Vorkommen
(vor allem bei)
  • Frauen: jung, schlank, schwanger, mit Essstörungen
  • Jugendliche
  • hagere ältere Personen
Einteilung
  • primäre Hypotonie: ohne andere Krankheit bedingt (idiopathisch), unklare Genese (Jugendliche, Frauen), Personen mit leptosomem Körperbau, evtl. Vererbung
  • sekundäre Hypotonie: durch eine bekannte Grunderkrankung
  • orthostatische Hypotonie: Blutdruckabfall bei Lageveränderung (schnelles Aufstehen nach dem Liegen); durch Versagen des Spannungszustandes der Venen sackt das Blut in die Beine ab, ungenügende Blutförderung
    • sympathikotone orthostatische Hypotonie: Absacken des Blutdrucks und Erhöhung des Pulses nach dem Aufstehen
    • asympathikotone orthostatische Hypotonie: Absacken des Blutdrucks mit Nichterhöhung des Pulses (kann auch nach dem Aufstehen
Einteilung nach Thulesius
  • Typ I (hypertone Reaktion): diastolischer/ systolischer Blutdruck + Herzfrequenz steigen an
  • Typ II (sympathikotone Reaktion): diastolischer Blutdruck sinkt ein wenig, systolischer sinkt, Herzfrequenz steigt stark an
    • Typ IIa (asympathikotone Reaktion): diastolischer/systolischer Blutdruck fallen ab, Herzfrequenz bleibt gleich
  • Typ III (vagovasale Reaktion): diastolischer/systolischer Blutdruck + Herzfrequenz sinken
Pathogenese Durch den erniedrigten Blutdruck kommt es zu einer Minderdurchblutung der peripheren Organe

Ursachen
  • primäre Ursachen:
    • unbekannte Ursachen
    • vermutlich: Psyche, erblich, konstitutionell, Umwelteinflüsse
    • tritt vermehrt bei Lebenskrisen, psychischen Belastungen auf

  • sekundäre Ursachen:
    • kardial: Herzinsuffizienz, Kardiomyopathie, Rhythmusstörungen, Aortenklappenstenose, Mitralklappenstenose, Perikarditis, Adam-Stokes-Anfall
    • vaskulär: Karotissinus-Syndrom, Vena-cava-inferior-Syndrom
    • hypovolämisch: Polyurie, starker Blutung im Magen-Darm-Trakt, mangelnder Flüssigkeitszufuhr, Erbrechen, Diarrhoe, Anämie
    • nerval: Vagotomie, nach Schlaganfall, Morbus Parkinson, Polyneuropathie
    • endokrin: Nebennierenrindeninsuffizienz, Morbus Addison, Hypothyreose, Myxödem, Diabetes insipidus, Hypophysenvorderlappeninsuffizienz, Bartter-Syndrom
    • infektiös: nach Sepsis, bei Virusinfektionen
    • weitere Erkrankungen: Hyponatriämie
    • medikamentös: Diuretikum, Sedativa, Digitalis, Psychopharmaka, Antihypertensiva, Antidepressiva, Insulin, Kalziumantagonisten, Antiarrhythmika, Antiparkinsonmittel, Betablocker, Vasodilatatoren
    • venös: Varikosis, längere Bettlägerigkeit, Sickerblutung
    • Fieber, Schwangerschaft
    • Schock: Volumenmangel, septisch, kardiogen, metabolisch
    • physiologisch: Sportler

  • orthostatische Ursachen:
    • Nervensystem: Störung des autonomen Nervensystems (Diabetes mellitus), Gehirnschädigung (Alkohol, Morbus Parkinson)
    • Gefäßsystem: sekundäre Hypotonie, Krampfadern, postthrombotisches Syndrom
Symptome Oft treten keine oder aber erst sehr spät auf:

  • Allgemeinsymptome: rasche Müdigkeit, Leistungsschwäche, Tremor, Konzentrationsstörungen, Gähnen, gesteigertes Schlafbedürfnis, Appetitlosigkeit
  • vasal: Schwindelgefühl, Neigung zur Ohnmacht, Schwarzwerden/ Flimmern vor den Augen, Synkopen, Schweißausbrüche, Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Ohrensausen
  • kardial: unangenehmes Herzklopfen, Tachykardie
  • dermal: kalte Extremitäten, Blässe, Frösteln
  • pulmonal: Atemnot
  • psychologisch: depressive Verstimmung, psychomotorische Unruhe, Reizbarkeit, Schlafstörungen, Wetterfühligkeit
Psychosomatik
  • auslösende Situationen:
    • Unterdrücken von Furcht ohne Fluchtmöglichkeit
    • Unterdrücken von Triebimpulsen
    • seelischer Spannungszustand bei gleichzeitigem Zwang zu Untätigkeit/Wehrlosigkeit

  • Menschentyp:
    • still, gehorsam, Stubenhocker
    • frühe Trennungs-/Abgrenzungsprobleme von der Mutter (mit Gefühlen des nichts wert zu seins, Ängste, Schuldgefühle)
    • können keine große Verantwortung übernehmen
    • leicht kränklich, sensibel
    • fühlen sich den Anforderungen des Alltagslebens nicht gewachsen

  • Auswirkungen:
    • depressive Grundstimmung
Diagnose Anamnese: Schwindel, Schwarzwerden vor den Augen (Aufstehen, langem Stehen), Müdigkeit, Vorerkrankungen, Medikamente
Körperliche Untersuchung: RR- Messungen (wiederholt an beiden Armen, zu verschiedenen Tageszeiten), Venenstatus, kardiovaskulär, neurologisch
Test: Schellong-Test, Kipptisch-Untersuchung
Labor: Blutbild, Elektrolyte, Glucose, Schilddrüsenwerte
Apparative Diagnostik: EKG, Langzeit-RR-Messung, Echokardiogramm, Rö- Thorax, Sonografie (Schilddrüse)

Differentialdiagnose
  • allgemein: kardial/vasal: organische Herz-/Kreislauferkrankungen, Kardiomyopathie
  • andere Ursachen für Synkopen: Lungenembolie, Karotis-Sinus-Syndrom, Aortenstenose
  • Gehirntumoren/-trauma, Diabetes mellitus, Anämie
  • Sympathikusblockade, schwere Polyneuropathie
Komplikationen
  • Bewusstlosigkeit /Ohnmacht: Frakturen, Platzwunden, Stürze
  • Morbus Addison
  • Durchblutungsstörungen (Haut)
Therapie Nur wenn stärkere Beschwerden (Schwindel, Bewusstseinseintrübung usw.) vorhanden sind, organische Ursachen behandeln:

  • Allgemeinmaßnahmen: Behandlung der Ursachen,Ausdauersportarten (Laufen, Fahrrad fahren, Schwimmen), Kreislauftraining (Wechselduschen, kurze Kaltreize, Trockenbürstenmassagen), Vermeiden der Auslöserfaktoren (Hitze, langes Stehen), langsames Aufstehen, Kompressionsstrümpfe, Hitze (enge Räume, Menschenansammlungen) vermeiden, Sauna, Wechselduschen
  • Ernährungstherapie: Trinkmenge nicht unter 2 Liter/Tag, gesalzene Speisen, Vollwert, eiweißreich, starke Gewürze, Kaffee, schwarzer Tee, Alkohol/Nikotin meiden
  • Naturheilkundliche Therapie: Akupunktur, Ohrakupunktur, Aromatherapie, Bachblüten, Baunscheidtieren, Eigenbluttherapie, Fußreflexzonenmassage, Homöopathie, Neuraltherapie (kein Procainâ oder Lidocainâ), Physikalische Therapie (Kneipp (kalte Füße vermeiden, Rosmarinöl als Badezusatz), Phytotherapie, Sauerstofftherapie, Schröpfen, Schüssler Salze
  • Medikamentöse Therapie: Sympathikomimetika (Effortil®), Mineralokortikoide, Betablocker

ff