Definition |
Bei der Hypotonie handelt es sich um einen zu niedrigen Blutdruck von unter 100/60 mmHg
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Weitere Bezeichnungen (Synonyme) |
- Hypotonus
- Hypotension
- Niedriger Blutdruck
- Hypotonia
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Vorkommen (vor allem bei) |
- Frauen: jung, schlank, schwanger, mit Essstörungen
- Jugendliche
- hagere ältere Personen
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Einteilung |
- primäre Hypotonie: ohne andere Krankheit bedingt (idiopathisch), unklare Genese (Jugendliche, Frauen), Personen mit leptosomem Körperbau, evtl. Vererbung
- sekundäre Hypotonie: durch eine bekannte Grunderkrankung
- orthostatische Hypotonie: Blutdruckabfall bei Lageveränderung (schnelles Aufstehen nach dem Liegen); durch Versagen des Spannungszustandes der Venen sackt das Blut in die Beine ab, ungenügende Blutförderung
- sympathikotone orthostatische Hypotonie: Absacken des Blutdrucks und Erhöhung des Pulses nach dem Aufstehen
- asympathikotone orthostatische Hypotonie: Absacken des Blutdrucks mit Nichterhöhung des Pulses (kann auch nach dem Aufstehen
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Einteilung nach Thulesius |
- Typ I (hypertone Reaktion): diastolischer/ systolischer Blutdruck + Herzfrequenz steigen an
- Typ II (sympathikotone Reaktion): diastolischer Blutdruck sinkt ein wenig, systolischer sinkt, Herzfrequenz steigt stark an
- Typ IIa (asympathikotone Reaktion): diastolischer/systolischer Blutdruck fallen ab, Herzfrequenz bleibt gleich
- Typ III (vagovasale Reaktion): diastolischer/systolischer Blutdruck + Herzfrequenz sinken
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Pathogenese |
Durch den erniedrigten Blutdruck kommt es zu einer Minderdurchblutung der peripheren Organe
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Ursachen |
- primäre Ursachen:
- unbekannte Ursachen
- vermutlich: Psyche, erblich, konstitutionell, Umwelteinflüsse
- tritt vermehrt bei Lebenskrisen, psychischen Belastungen auf
- sekundäre Ursachen:
- kardial: Herzinsuffizienz, Kardiomyopathie, Rhythmusstörungen, Aortenklappenstenose, Mitralklappenstenose, Perikarditis, Adam-Stokes-Anfall
- vaskulär: Karotissinus-Syndrom, Vena-cava-inferior-Syndrom
- hypovolämisch: Polyurie, starker Blutung im Magen-Darm-Trakt, mangelnder Flüssigkeitszufuhr, Erbrechen, Diarrhoe, Anämie
- nerval: Vagotomie, nach Schlaganfall, Morbus Parkinson, Polyneuropathie
- endokrin: Nebennierenrindeninsuffizienz, Morbus Addison, Hypothyreose, Myxödem, Diabetes insipidus, Hypophysenvorderlappeninsuffizienz, Bartter-Syndrom
- infektiös: nach Sepsis, bei Virusinfektionen
- weitere Erkrankungen: Hyponatriämie
- medikamentös: Diuretikum, Sedativa, Digitalis, Psychopharmaka, Antihypertensiva, Antidepressiva, Insulin, Kalziumantagonisten, Antiarrhythmika, Antiparkinsonmittel, Betablocker, Vasodilatatoren
- venös: Varikosis, längere Bettlägerigkeit, Sickerblutung
- Fieber, Schwangerschaft
- Schock: Volumenmangel, septisch, kardiogen, metabolisch
- physiologisch: Sportler
- orthostatische Ursachen:
- Nervensystem: Störung des autonomen Nervensystems (Diabetes mellitus), Gehirnschädigung (Alkohol, Morbus Parkinson)
- Gefäßsystem: sekundäre Hypotonie, Krampfadern, postthrombotisches Syndrom
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Symptome |
Oft treten keine oder aber erst sehr spät auf:
- Allgemeinsymptome: rasche Müdigkeit, Leistungsschwäche, Tremor, Konzentrationsstörungen, Gähnen, gesteigertes Schlafbedürfnis, Appetitlosigkeit
- vasal: Schwindelgefühl, Neigung zur Ohnmacht, Schwarzwerden/ Flimmern vor den Augen, Synkopen, Schweißausbrüche, Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Ohrensausen
- kardial: unangenehmes Herzklopfen, Tachykardie
- dermal: kalte Extremitäten, Blässe, Frösteln
- pulmonal: Atemnot
- psychologisch: depressive Verstimmung, psychomotorische Unruhe, Reizbarkeit, Schlafstörungen, Wetterfühligkeit
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Psychosomatik |
- auslösende Situationen:
- Unterdrücken von Furcht ohne Fluchtmöglichkeit
- Unterdrücken von Triebimpulsen
- seelischer Spannungszustand bei gleichzeitigem Zwang zu Untätigkeit/Wehrlosigkeit
- Menschentyp:
- still, gehorsam, Stubenhocker
- frühe Trennungs-/Abgrenzungsprobleme von der Mutter (mit Gefühlen des nichts wert zu seins, Ängste, Schuldgefühle)
- können keine große Verantwortung übernehmen
- leicht kränklich, sensibel
- fühlen sich den Anforderungen des Alltagslebens nicht gewachsen
- Auswirkungen:
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Diagnose |
Anamnese: Schwindel, Schwarzwerden vor den Augen (Aufstehen, langem Stehen), Müdigkeit, Vorerkrankungen, Medikamente Körperliche Untersuchung: RR- Messungen (wiederholt an beiden Armen, zu verschiedenen Tageszeiten), Venenstatus, kardiovaskulär, neurologisch Test: Schellong-Test, Kipptisch-Untersuchung Labor: Blutbild, Elektrolyte, Glucose, Schilddrüsenwerte Apparative Diagnostik: EKG, Langzeit-RR-Messung, Echokardiogramm, Rö- Thorax, Sonografie (Schilddrüse)
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Differentialdiagnose |
- allgemein: kardial/vasal: organische Herz-/Kreislauferkrankungen, Kardiomyopathie
- andere Ursachen für Synkopen: Lungenembolie, Karotis-Sinus-Syndrom, Aortenstenose
- Gehirntumoren/-trauma, Diabetes mellitus, Anämie
- Sympathikusblockade, schwere Polyneuropathie
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Komplikationen |
- Bewusstlosigkeit /Ohnmacht: Frakturen, Platzwunden, Stürze
- Morbus Addison
- Durchblutungsstörungen (Haut)
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Therapie |
Nur wenn stärkere Beschwerden (Schwindel, Bewusstseinseintrübung usw.) vorhanden sind, organische Ursachen behandeln:
- Allgemeinmaßnahmen: Behandlung der Ursachen,Ausdauersportarten (Laufen, Fahrrad fahren, Schwimmen), Kreislauftraining (Wechselduschen, kurze Kaltreize, Trockenbürstenmassagen), Vermeiden der Auslöserfaktoren (Hitze, langes Stehen), langsames Aufstehen, Kompressionsstrümpfe, Hitze (enge Räume, Menschenansammlungen) vermeiden, Sauna, Wechselduschen
- Ernährungstherapie: Trinkmenge nicht unter 2 Liter/Tag, gesalzene Speisen, Vollwert, eiweißreich, starke Gewürze, Kaffee, schwarzer Tee, Alkohol/Nikotin meiden
- Naturheilkundliche Therapie: Akupunktur, Ohrakupunktur, Aromatherapie, Bachblüten, Baunscheidtieren, Eigenbluttherapie, Fußreflexzonenmassage, Homöopathie, Neuraltherapie (kein Procainâ oder Lidocainâ), Physikalische Therapie (Kneipp (kalte Füße vermeiden, Rosmarinöl als Badezusatz), Phytotherapie, Sauerstofftherapie, Schröpfen, Schüssler Salze
- Medikamentöse Therapie: Sympathikomimetika (Effortil®), Mineralokortikoide, Betablocker
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