Anästhesie
Inhalationsanästhetika

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Inhalationsanästhetikum

Leicht flüchtige Flüssigkeiten oder Gase, die eine reversible Hemmung der Aktivität des zentralen Nervensystems (Bewusstsein, Reflexe, Schmerzwahrnehmung) mit sich führen.

Allgemein
  • werden über die Lunge (Inhalation) in den Körper aufgenommen und mit dem Blutstrom im Körper verteilt
  • Hauptwirkungsort ist das Gehirn
  • die Narkosetiefe kann über die Veränderung der Narkosegaskonzentration in der Einatemluft gesteuert werden
  • die Narkosetiefe hängt vom Partialdruck (Konzentration) des Anästhetikums im Gehirn ab
  • das Gehirn nimmt so lange das Inhalationsanästhetikum auf bis der Partialdruck im Gehirn, dem der Alveolarluft gleich ist
  • je löslicher ein Anästhetikum im Blut ist, desto langsamer wird das Partialgleichgewicht zwischen Gehirn, Blut und Alveole erreicht
  • ausgeschieden werden die Inhalationsanästhetika zum größten Teil wieder über die Lunge
  • die Inhalationsnarkose wird meist nicht alleine durchgeführt, sondern mit verschiedenen Substanzen (i.v.-Narkotika, Opoide, Muskelrelaxantien) kombiniert
  • die verschiedenen Inhalationsanästhetika haben auch verschiedene Vor- und Nachteile
Einteilung
  • Flüssigkeiten (dampfförmige/volatile Anästhetika): leicht flüchtig, der Siedepunkt ist knapp oberhalb der Raumtemperatur, sie müssen mittels Verdampfer (Vapor) in Dampf umgewandelt werden; Halothan, Isofluran (Forene), Sevofluran (Sevorane), Desfluran (Suprane)
  • Gase: Lachgas (Stickoxidul)
  • Xenon
Wichtig
  • Löslichkeit des Anästhetikums im Blut: bestimmt die Geschwindigkeit, wie schnell ein Gas aufgenommen wird; je löslicher ein Gas desto mehr von ihm muss aufgenommen werden (schlecht lösliche werden schneller aufgenommen)
  • Konzentration des Gases in der Alveolarluft: je höher die Konzentration, desto mehr wird aufgenommen, je mehr ventiliert wird, desto mehr Gas kommt innerhalb einer Minute zu den Lungen (das Atemminutenvolumen muss erhöht werden)
Wirkung
  • reversible Hemmung der Aktivität der Nervenzellen im zentralen Nervensystem
  • sensorische Informationen werden daran gehindert zum Gehirn vorzudringen und durch es verarbeitet zu werden
  • motorische Befehle werden nicht weitergeleitet
  • autonomische Körperfunktionen an der Ausführung gehindert
  • unterbunden wird das Bewusstsein, die Schmerzwahrnehmung/-verarbeitung, die Reflexe und die Muskelspannung
Aufgaben
  • Einleitung einer Narkose
  • Aufrechterhaltung einer Narkose
Verteilung des Narkotikums im Körper
  • Dosierung: mittels Vapor oder Dosiereinheit (Lachgas) am Narkosegerät
  • Zufuhr: das Narkosegas wird der Einatemluft zugemischt und gelangt zu den Alveolen der Lunge( je schneller und je tiefer eingeatmet wird desto schneller kommt es zu einer Narkose)
  • Aufnahme in das Blut: nach dem Henry-Gesetz gleicht sich die Konzentration des Narkosegases der Alveolarluft der der Konzentration im Blut an (es wird so lange Gas aufgenommen bis der Partialdruck des Gases in den Alveolen und im Blut gleich ist); die verschiedenen Narkosegase sind aber verschieden löslich: manche gehen schneller ins Blut (schlecht lösliche Gase) über manche langsamer, ein hohes Herzzeitvolumen und eine hohe Partialdruckdifferenz zwischen Alveolaren und Blut beschleunigen die Aufnahme des Gases
  • Aufnahme ins Gewebe: hängt von der Gewebelöslichkeit des Gases (Gewebe-Blut-Verteilungskoeffizient, hoch v.a. im Fettgewebe) und der Durchblutung des Gewebes (gut durchblutet sind Gehirn/Herz/Nieren/Leber/ Verdauungstrakt) ab (Dauer 10 – 15 Min.), die Partialdruckdifferenz des Gases zwischen Blut und Gewebe ist auch noch zu berücksichtigen (je höher die Differenz desto mehr wird aufgenommen)
  • Aufnahme in das Gehirn: auch hier gilt das Henry-Gesetz (die Konzentration des Gases im Blut gleicht sich mit der des Gehirns an), das Gehirn nimmt das Gas also so lange auf bis die Konzentration der in der Alveolarluft gleich ist
  • Ausscheidung: der größte Teil wird über die Lungen unverändert, nur ein kleiner Teil wird in der Leber abgebaut und dann über die Nieren ausgeschieden, wie schnell das zuvor zugeführte Gas ausgeschieden wird hängt von der Ventilation, dem Herzzeitvolumen (je höher die Ventilation und/oder das Atemminutenvolumen, desto rascher die Ausscheidung)und der Löslichkeit des Gases im Blut ab (je löslicher das Gas umso länger dauert die Ausscheidung), dazu : je länger eine Narkose mit gut löslichen Gasen dauert, desto länger dauert das Erwachen (es befindet sich viel Narkotikum im Fett-/ Muskelgewebe)
Beschleunigung der Anflutung durch
  • große alveoläre Ventilation
  • hoher Partialdruck in der Inspirationsluft
  • hohes Herzzeitvolumen
  • niedrige Blutlöslichkeit des Gases
  • gute Hirndurchblutung
Einleitungsphase
  • um die Einleitung abzukürzen, muss mit einer relativ hohen Konzentration des Gases in der Inspirationsluft begonnen werden
  • dazu wird der Patient angeregt, dass er hyperventiliert
  • der Gasfluss am Narkosegerät wird erhöht
  • während der Einleitung muss die Narkosemaske luftdicht auf das Gesicht des Patienten aufgesetzt werden
  • im Exzitationsstadium die Narkose weiter vertiefen, jede Stimulation des Patienten dabei vermeiden
  • erst bei tiefer Narkose den Patienten endotracheal intubieren
Unterhaltungsphase
  • die Konzentration des Narkosegases in der Inspirationsluft wird vermindert
  • es wird nur noch diese Narkosemenge zugeführt, die für die Aufrechterhaltung des Partialdruckes des Anästhetikums im Gehirn notwendig ist
  • die Narkose sollte nur so tief als nötig durchgeführt werden (Vermeidung von Nebenwirkungen)
  • die Narkose muss immer wieder dem Operationsverlauf angepasst werden
Ausleitungsphase
  • wird die Zufuhr des Narkosegases unterbrochen (meist 10 -20 Min. vor dem Operationsende), so fällt der Partialdruck des Anästhetikums im Blut und im Gehirn ab
  • vor allem im Fettgewebe wird das Narkosegas gut gespeichert, aber schlecht wieder abgegeben, da es weniger durchblutet ist
  • daher gilt, je länger die Narkose, desto früher sollte die Zufuhr des Anästhetikums unterbrochen werden
  • Lachgas kann bis zur Hautnaht weiter gegeben werden
  • es kann auch bei der Ausleitung ein Exzitationsstadium auftreten
Komplikationen
  • maligne Hyperthermie
  • postoperative Übelkeit/Erbrechen
  • Erhöhung des Hirndrucks
Nachteile
  • die Narkoseeinleitung geht langsam vor sich
  • es kommt zu einem Exzitationsstadium bei der Einleitung
  • bei bestimmten Erkrankungen (Herz-Kreislauf) kann das Narkosegas nicht so hoch dosiert werden um eine ausreichende Narkosetiefe für eine Operation zu erreichen
Bilder
Substanz Vorteile
Nachteile
Isofluran
  • geringe Biotransformation
  • gute Muskelrelaxierung
  • geringer HZV-Abfall
  • unangenehmer Geruch
  • Blutdruckabfall
  • starke Vasodilitation
Sevofluran
  • rasche An-/Abflutung
  • angenehmer Geruch
  • reagiert mit dem Atemkalk
Desfluran
  • rasche An-/Abflutung
  • geringste Biotransformation
  • Irritierung der Atemwege
  • sympathoadrenerge Stimulation
  • spezielle Verdampfer

 

Wirkungen

Isofluran Sevofluran Desfluran Lachgas
Analgesie + + + +
Muskelrelaxierung + + + keine
Amnesie/Hypnose ++ ++ ++ (+)
Atemdepression ++ + ++ (+)
Schleimhautreizung ja nein ja nein
Bronchodilatation + + (+) nein
Hirndrucksteigerung ja
Übelkeit/Erbrechen ++ ++ ++ +
Herzfrequenz ↑↑ nicht
Herzzeitvolumen (↓) (↑) nicht
Peripherer Gefäßwiderstand ↓↓

 

Merke
Inhalationsanästhetika wirken auf den ganzen Organismus (auf alle Zellen des Körpers), jedoch sind die Hirnzellen für sie am empfindlichsten.

 

Übersicht
  • Minimale alveoläre Konzentration
  • Narkosestadien nach Guedel
  • Lachgas
  • Halothan
  • Enfluran
  • Isofluran
  • Serofluran
  • Desfluran
  • Xenon

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