Anästhesie
Kinderanästhesie – Narkosedurchführung

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Kinderanästhesie – Narkosedurchführung

Vor der Durchführung muss das Kind erst noch gelagert werden. Die Umgebung des Anästhesieplatzes muss so hergerichtet werden (Narkosegerät, Narkosewagen, Infusionsständer, OP-Tisch), dass alles gut erreichbar ist und nicht im Wege steht, so dass man bei einem Notfall schnell zugreifen kann. Eine Narkose wird entweder per Inhalation (mit oder ohne i.v.-Zugang) oder intravenös eingeleitet

Narkoseart Regionalanästhesien bleiben die Ausnahme, meist verwendet werden:
I
  • nhalationsnarkosen: vor allem für kurzdauernde und ambulante Eingriffe
  • Intravenöse Anästhesie
Übernahme des Kindes in der OP-Schleuse
  • das Kind wird in der Schleuse vom Anästhesisten und von der Fachpflegekraft ohne Mundschutz in Empfang genommen
  • die Eltern kommen auf Wunsch mit in die Schleuse
  • mittels Eltern wird die Identität des Kindes, die Operationsart (+ Lokalisation), die Nüchternheit, Allergien, zurzeit vorherrschende Erkrankungen überprüft
  • das Kind wird bis auf das OP-Hemd entkleidet und in warme Decken gewickelt
  • das Kind wird bis zu einem Körpergewicht von ca. 20 kg in den OP-Saal getragen, darüber mittels OP-Tisch in den OP geschoben
  • manchmal kann auch ein Elternteil das Kind in den OP-Saal begleiten, es muss sich dann in der Patientenschleuse einen sterilen Überkittel mit Haube und Mundschutz anziehen (keine Trennung von Elternteil und Kind) und darf bis das Kind schläft im OP-Saal bleiben
  • Auftreten gegenüber dem Kind: für eine ruhige Atmosphäre sorgen, das Kind ablenken und beschäftigen (Maske halten lassen), verständliche Worte wählen, Lieblingstier mitnehmen
  • im OP muss immer einer der Anwesenden beim Kind bleiben, es nie alleine oder aus den Augen lassen
  • Ruhe ausstrahlen
Lagerung des Kindes auf dem OP-Tisch
  • Kopf: stabil, in Neutralstellung, richtige Kopfringgröße, keine Anteflexion, evtl. Mütze
  • Schulterblätter: Handtuch darunterlegen (Optimale Kopfposition für die Beatmung)
  • Infusionsarm: im Ellbogengelenk abwinkeln, nach oben lagern, Schultergelenk nicht überstrecken, fixieren
  • freie Arm: am Körper anlagern, fixieren, evtl. mit Watte umwickeln
  • Füße: Weichlagerung der Knie/Sprunggelenke, Fixierung, evtl. mit Watte umwickeln
  • Allgemein: keine Gegenstände (EKG-Kabeln usw.) unterhalb des Körpers des Kindes lagern (Druckstellen !!), alle aufzuführenden Teile des Narkosesystems müssen sichtbar sein
Monitoring
  • Allgemein: vor der Einleitung EKG, Blutdruck, Pulsoxymetrie, Kapnometrie anbringen
  • präkordiales Stethoskop: flaches, kleines Kinderstethoskop auf die linke Thoraxhälfte kleben, dient zur Überwachung der Herztöne und der Atemgeräusche
  • evtl. Blasenkatheter: bei größeren Operationen, das Legen geschieht meist aber während das Kind schon in Narkose liegt
  • Temperaturmessung: Anlegen erst während der Narkose
Einleitung - Intubation allgemein
  • Umgebung: ruhig, die einzige Aufmerksamkeit gehört dem Kind, verständliche positive Worte wählen, es sollte dabei aber nur immer eine Person mit dem Kind reden
  • Wärme: Kind erst nach der Narkose vom OP-Hemd entkleiden, sofort warm zudecken, die Türen des Operationssaales müssen geschlossen bleiben, der Raum muss zusätzlich aufgeheizt werden (mindestens eine ½ Stunde vorher die Technik im Haus darüber verständigen)
  • Venenzugang: Kind ablenken, soll keinen Blick auf die Punktion werfen können, Infusion mittels Schleife an der Hand des Kindes gut befestigen (evtl. Verband herum), danach richtige Lage der Kanüle überprüfen (mit 5 ml NaCl 0,9% durchspülen)
  • Arten: intravenöse, inhalativ, rektal, intramuskulär
Inhalationseinleitung Die Aspirationsgefahr darf nicht erhöht sein, die Spontanatmung bleibt lange erhalten, wird vor allem bei Kindern durchgeführt, die sich keine Nadel legen lassen:

  • Bedingungen: Kind muss nüchtern sein, man muss Erfahren sein im Legen von intravenösen Zugängen beim Kind
  • Kopf: Neutralhaltung, leichtes reklinieren
  • Körper: Rückenlage
  • Maske: Kind vor der Verwendung vorwarnen, zuerst locker, später fest über den Mund und Nase halten
  • Maskenhand des Anästhesisten: kleiner Finger an den Kieferwinkel, Zeigefinger am kinnseitigen und Daumen am stirnseitigen Ende der Maske (Vorsicht: keine Einengung des Halses/Trachea durch die übrigen Finger)
  • 2. Hand des Anästhesisten: hält den Kopf
  • Fachkraft: hält das Kind sanft mit beiden Händen an den Oberarmen fest, legt sie leicht am Körper an
  • Gaseinstellung: Frischgasfluss 6- 8 l reiner Sauerstoff/Min, FiO2 1, Sevofluran schrittweise auf bis zu 8 Vol% erhöhen, beim Erreichen des Anästhesiestadium Sevofluran auf 3-4 Vol% reduzieren
  • Beatmung: zuerst das Kind spontan atmen lassen, bei Verlust des Bewusstseins die Beatmung übernehmen, Medikamente verabreichen, evtl. Intubation
  • Exzitationsphase: keine Manipulationen vornehmen
  • Venenzugang: wenn das Kind ausreichend schläft, an Händen oder Kopf
Intravenöse Einleitung Absolute Indikation bei Aspirationsgefahr/Atemwegsschwierigkeiten

  • Kopf: Neutralhaltung, leichtes reklinieren
  • Körper: Rückenlage
  • Maske: zuerst leicht über den Mund und Nase legen
  • Gaseinstellung: Präoxygenierung mit 6 – 8 l reinen Sauerstoff/Min, das Beatmungsventil ist offen
  • Medikamentengabe: Opioid, Hypnotikum, Muskelrelaxans, vor dem Injizieren muss der Name des Wirkstoffs, die Menge in µg/mg und die Menge in ml wiederholt werden (Read-Back-Verfahren), die Verabreichung muss langsam geschehen, es darf dabei keine Luft ins geschlossene System gelangen, nach der Medikamentengabe wird der Infusionsschlauch mit 1 ml NaCl 9% freigespült
  • Beatmung: schläft das Kind (Lidreflex erloschen), wird das Kinn hochgehoben, die Maske sehr dicht aufgesetzt und manuell beatmet, die Beatmungsdrücken dürfen 10 -12 cm H2= nicht überschreiten (Magenüberblähung !!)
  • Tubusgröße: Dicke des Kleinfingers des Kindes
  • Intubation: Endotrachealtubus mit Gleitgel bestreichen, Cuff auf Funktion überprüfen (kurz füllen, dann wieder entleeren), nach Intubation Cuff mit Manometer aufblasen (nie über 20 cm H2O), Tubus auf korrekte Lage überprüfen, mit Pflaster befestigen (Nasenlöcher freilassen, Lippen nicht bekleben)
  • nasale Intubation: vor Intubation in jedes Nasenloch einen Tropfen Otriven geben
  • Schmerzzäpfchen: nach der Intubation
  • Augen: Schließen mit Augenverband
Larynxmasken – Narkose Es darf kein erhöhtes Aspirationsrisiko vorliegen

  • Medikamentengabe: 3 -5 mg/kg KG Propofol
  • Einlegen: in tiefer Narkose (keine Reaktion auf einen Druck am Kieferwinkel)
  • Cuffdruck: nicht über 40 cm H2O (mit Manometer überprüfen)
  • Fixierung: mittels latexfreien schmalen Pflasters, Druckstellen vermeiden, Enden leicht umknicken (so leichtere/schneller Entfernung des Pflasters)
  • Beatmung: möglichst spontan (keine Gefahr der Magenüberblähung)
  • Augen: Schließen mit Augenverband
RSI (Rapid Sequence Induction) Schnelle Intubation bei Aspirationsgefahr, Verdacht auf Ileus, Adipositas, Magen-/ Ösophaguserkrankungen:

  • Instrumentarium: zur normalen Intubationsvorbereitung dazu Endotrachealtubus mit Führungsdraht, Laryngoskop mit Spatel verbinden, leistungsfähiges Absaugsystem
  • Lagerung: Rückenlage, Kopf in Neutralstellung
  • Durchführung:
    • Absaugvorrichtung einschalten/griffbereit legen
    • Magensonde (falls vorhanden) entfernen
    • Kind gut oxygenieren
    • zügig Hypnotikum (Propofol) + Relaxans (Succinylcholin) nacheinander injizieren
    • Krikoiddruck nach Sellick
    • sanfte Zwischenbeatmung: Druck nicht über 12 cm H2O
    • Intubation, wenn kein Wimpernreflex mehr vorhanden ist
    • Magensonde nach Intubation
Medikamente
  • Opiate:
    • Sufentanyl: 0,1 – 0,5 µg/kgKG
    • Alfentanyl: 10 – 20 µg/kgKG
    • Remifentanil: 0,5– 1 µg/kgKG
    • Paracetamol: 15 mg/kgKG. rektal 20 mg/kgKG
    • Ibuprofen rectal: 10 mg/kgKG ab dem 6. Lebensmonat

  • Hypnotika:
    • Propofol: 2 – 5 mg/kgKG
    • Thiopental: 3 – 7 mg/kgKG
    • Ketamin S: 0,5 – 1 mg/kgKG
    • Midazolam: 0,1 mg/kgKG

  • Relaxanzien:
    • Rocuronium: 0,3mg/kgKG
    • Atracurium: 0,5mg/kgKG
    • Mivacurium: 0,1 – 0,2 mg/kgKG
    • Succinylcholin: 1,5 - 3mg/kgKG

  • Antagonisten:
    • Naloxon: 10 µg/kgKG
    • Neostigmin: 10 -40 µg/kgKG

  • Antibiotika:
    • Amoxicillin: 30 mg/kgKG
    • Ampicilin: 50 mg/kgKG
    • Cefazolin: 30 mg/kgKG
    • Cefuroxim: 30 mg/kgKG
    • Metronidazol: 10 mg/kgKG
    • Vancomycin: 15 mg/kgKG

  • Antiemetika:
    • Dimenhydrinat (Vomex): 1 mg/kgKG
    • Granistron: 20 µg/kgKG
    • Dexamethason (Fortecortin): 150 µg/kgKG

  • Sonstiges:
    • Atropin: 10 µg/kgKG
    • Adrenalin: 1- 10 µg/kgKG
Aufrechterhaltung der Narkose
  • Spontanatmung mit Sevofluran und Sauerstoff (CAVE: Toxizität FiO2 0,4 bei Säuglingen)
  • Beatmungsnarkose mit Sevofluran in niedriger Dosierung (0,5- 1 Vol%)
  • Beatmungsfrequenz:
                              Frühgeborene:     40 –60 /Min
                              Säuglinge:            30 –35 /Min
                              Kleinkinder:          30 – 35 /Min
                              Schulkinder:         20 – 25 /Min

  • Inspiration/ Exspiration: 1: 1,5
  • angestrebter pO2 : 80 – 100
  • Inspirationsdruck: bis ca. 20 cmH2O
  • PEEP: 3 -5 cmH2O
Flüssigkeitszufuhr Soll ausgerichtet sein an der Korrektur der prä- und postoperativen Nüchternheitsdefizite und dem Erhaltungsbedarf:

  • Allgemeines:
    • Blutvolumenverluste führen bei Kindern schneller zu einer Zentralisation als bei Erwachsenen
    • bei Säuglingen wird die Infusion über einen Perfusor gegeben
    • bei Kleinkindern über einen Infusomaten
    • Standard: wird eine Ringer-Lösung (500 ml) verwendet
    • Kinder mit erhöhtem Risiko zur Hypoglykämie (lange Nüchternzeit, Stoffwechselerkrankungen, Lebererkrankungen, parenterale Ernährung): balancierte azetatgepufferte Vollelektrolytlösung mit 1% Glukose
    • Fieber: Mehrbedarf von ca. 10% je 1 Grad über 37,5 Grad Celsius
    • große abdominelle Operationen: Mehrbedarf von 10 -30 ml/kgKG/h

  • Dosierung:
    • erste 3 Lebensjahre: 10 ml/kgKG
    • 1- 5 Jahre: 6-10ml/ KgKG/ Std.
    • 6- 10 Jahre: 4-8ml/ KgKG/ Std.
    • 10- 14 Jahre: 2-6ml/ KgKG/ Std.

  • Infusionsgeschwindigkeit:
    • erste Stunde: 10 -20 ml/kgKG/h
    • folgende Stunden: 5 -10 ml/kgKG/h
Transfusion
  • Allgemein:
    • vor der Operation klären, ob Konserven bereitgestellt werden sollten
    • Präparate: Erykonzentrate, FFP
    • Blutvolumen vor der Operation berechnen und bestimmen wie weit der Hb-Wert sinken darf

  • Durchführung:
    • Berechnung des Blutverlustes: Blutverlust x (aktueller Hkt – tolerabler Hkt) : mittlerer Hkt
Extubation – Narkoseausleitung
  • Allgemein:
    • bei Säuglingen und Kleinkindern besteht bei der Extubation ein hohes Risiko zum Laryngospasmus
    • keine Ausleitung in der Exzidationsphase
    • je jünger der Patient, desto wacher sollte er sein

  • Voraussetzungen für eine Extubation:
    • stabile Herz- Kreislauffunktion
    • Körpertemperatur im Normbereich
    • ausreichende Spontanatmung unter Raumluft
    • intakte Schutzreflexe

  • Medikation:
    • wenn noch nicht intraoperativ gegeben dann vor Extubation ein Schmerz-Zäpfchen
    • zur POMV-Prophylaxe: Dexamethason 150 µg/ kgKG, Granisetron 20µg/ kgKG
    • zur Analgesie: Piritramid 50 -100 150 µg/ kgKG

  • Ablauf:
    • Mund- Rachen- Raum mit weichem, ausreichend dicken Absauger absaugen (gegebenfalls auch den Magen), da Kinder eine vermehrte Speichelbildung haben
    • endotracheales Absaugen nur bei Bedarf, wenn dann danach die Lunge mehrfach blähen (Atelektasengefahr!!)
    • Intubationsbesteck muss vollständig hergerichtet und vorhanden sein (Vorbereitung auf Schwierigkeiten bei der Extubation)
    • Narkosegase abdrehen: 100 % Sauerstoff (mindestens 3 Minuten lang)
    • für Ruhe im Raum sorgen
    • Überhang von Opiaten und Muskelrelaxanzien ausschließen
    • bei ausreichender Spontanatmung mit Überdruck extubieren
    • während der Extubation nicht tracheal absaugen (Gefahr des Laryngospasmus)
    • Kind nach der Extubation in eine stabile Seitenlage bringen
    • einige Minuten 100 % Sauerstoff über eine Beatmungsmaske zuführen
    • das Kind wird erst abgegeben, wenn die Spontanatmung über einige Minuten stabil ist
Verlegung Das Kind wird nach der Narkose entweder in den Aufwachraum oder auf die Kinderstation zur Überwachung gelegt.

  • Voraussetzungen:
    • ausreichende Spontanatmung
    • vorhandene Schutzreflexe
    • freie Atemwege
    • stabile Kreislaufverhältnisse
    • Vigilanz
    • gute Schmerzverhältnisse

  • Ablauf:
    • Transport vom Operationsaal zur Schleuse: auf den OP-Tisch, in Seitenlage
    • Überwachung: Pulsoxymetrie
    • mitzunehmende Beatmungsutensilien: Beatmungsmaske und Ambu-Beutel

  • Übergabeinformationen:
    • Kinderdaten (Name, Alter, Vorerkrankungen, Allergien usw.)
    • Operationsart
    • Anästhesieverfahren und -verlauf (+ Nervenblockaden)
    • Blutverluste, Flüssigkeitsbilanz
    • Vitalparameter des Kindes (+ Körpertemperatur, Blutzucker)
    • Komplikationen während der Operation (Narkose, Operation)
    • postoperative Anordnungen (Sauerstoff, Überwachung, Infusionen, Medikation, Schmerztherapie)
    • Anweisungen des Operateurs

 

Alter Spatelgröße Tubus ID (mm)
Larynxmaske Magensonde (Ch)
Frühgeborene 0 3,0 1 5
Neugeborene 1 3,0 1 8
2 Monate 1 3,0 1 8
6 Monate 1 3,0 1,5 8
12 Monate 1 3,5 1,5 8
18 Monate 1 3,5 2 10
2 Jahre 2 4,0 2 10
4 Jahre 2 4,0 2 10
6 Jahre 2 4,5 2,5 10
8 Jahre 2- 3 5,0 2,5 14
10 Jahre 3 5,5 3 14
12 Jahre 3 6,0 3 14

ff