Krankheiten
Koronare Herzkrankheit (KHK)

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Koronare Herzkrankheit

Koronare Herzerkrankung, KHK, ischämische Herzkrankheit, Koronarsklerose sind weitere Bezeichnungen für die koronare Herzkrankheit. Bei der koronaren Herzerkrankung handelt es sich um eine Durchblutungsstörung der Herzkranzgefäße (Ischämie), die zu einer Mangelversorgung des Herzmuskels mit Sauerstoff führt (Hypoxie) und die häufigste Todesursache in den Industrieländern ist. Sie manifestiert sich als Angina pectoris mit anfallsartigen Schmerzen (Enge-/ Druckgefühl) im Brustraum oder Herzinfarkt mit dem Absterben von Muskelgewebe. Es kommt hierbei zu einem Missverhältnis zwischen dem Sauerstoffangebot und –bedarf des Herzmuskels, bedingt durch Arteriosklerose oder durch Gefäßspasmen. Es kommt hierbei zu einer zunehmenden Verengung der betroffenen Arterien am Herzen. Die meisten Beschwerden, die bei dieser Erkrankung auftreten sind Zeichen der Angina pectoris. Manchmal gibt es aber auch keine Symptome und die Krankheit verläuft stumm.

Leitmerkmale: retrosternalen Schmerzen (kurze Dauer), Ausstrahlung der Schmerzen in Arme, Hals, Unterkiefer, Schulter
Definition Als koronare Herzkrankheit bezeichnet man eine chronische Erkrankung des Herzes, die bedingt ist durch atherosklerotische Veränderungen der Koronararterien

Weitere Bezeichnungen
(Synonyme)
  • Koronare Herzerkrankung
  • KHK
  • Ischämische Herzkrankheit
  • Koronarsklerose
Einteilung
  • stabile (belastungsabhängige) Angina pectoris: Anfall durch immer gleiche auslösende Momente verursacht (Stress, körperliche/seelische Belastung), aber auch Abnahme der Beschwerden durch körperliche Tätigkeit möglich, bessert sich spontan, durch Ruhe/Nitrate gut therapierbar, Kreislaufstabilität; meist nur ein Gefäß betroffen
  • instabile Angina pectoris: jeder 1. Anfall, zunehmende Häufigkeit/ Intensität/Dauer der Anfälle, Ruheschmerz, zunehmender Bedarf an Medikamenten (Nitrate wirken schlecht); meist mehrere Gefäße betroffen, großes Herzinfarktrisiko
  • Ruheangina: bereits in Ruhe/Schlaf treten Beschwerden auf
  • „Walking-Through-Angina“: die Angina tritt bei leichter Belastung / Anfang einer Belastung auf und hört bei stärkerer/weiteren Verlauf aber wieder auf
  • vasospastische Angina pectoris (selten): ausschließlich Ruheschmerzen, halten länger als 15 Min. an
  • stumme Angina pectoris: trotz Myokardischämie keine Angina-pectoris- Beschwerden: v.a. bei Diabetes mellitus, ältere Patienten
  • Prinzmetal-Angina: vorübergehender Vasospasmus der Koronargefäße mit heftigen Ruheschmerzen (Sekunden bis über 15 Min.), Therapie: Ca-Antagonisten, Nitraten
  • Roemheld-Syndrom: Beschwerden nach dem Essen
  • Kälteangina: Auslösung der Symptome bei Kälteeinfluss
Einteilung nach
Canadian Cardiovascular Society
Grad  
I stumme Ischämie (Joggen, Radfahren), keine Schmerzen
II Angina pectoris bei schwerer Belastung (schnelles Treppensteigen)
III Angina pectoris bei mittlerer Belastung (gehen, Hausarbeit)
IV Angina pectoris bei geringster Belastung oder in Ruhe
TIMI-Klassifikation der koronaren Durchblutung
  • Grad 0 keine Perfusion: das Kontrastmittel bleibt am Verschluss stecken
  • Grad 1 Penetration ohne Perfusion: das Kontrastmittel dringt über den Verschluss hinaus ins Koronargefäß ein
  • Grad 2 partielle Perfusion: das Kontrastmittel passiert die Stenose und färbt das dahinter liegende Gefäßbett vollständig
  • Grad 3 vollständige Perfusion: das Kontrastmittel breitet sich ohne Schwierigkeiten über die Stenose aus
Einteilung nach Gefäßbefall
  • Eingefäßerkrankung: die Stenosen sind in einem Hauptast der Koronararterien
  • Zweigefäßerkrankung: die Stenosen befinden sich in zwei Hauptästen der Koronararterien
  • Dreigefäßerkrankung: die Stenosen befinden sich in drei Hauptästen der Koronararterien
  • Hauptstammstenose: Verengung des Hauptstammes der linken Koronararterie
Pathogenese Durch eine Endothelzellläsion (z.B. durch Hypertonus) kommt zu einer Thrombozytenanlagerung (Plaques aus Makrophagen und LDL) an die Zellwand mit anschließendem fibrotischen Umbau.  Diese Plaques verringern die Elastizität der Gefäßwand, wodurch es zu Einrissen kommt und zur Vergrößerung der Plaques (Plaques-Deckplatten). Bei einer Einengung des Gefäßlumens von 50% kommt es zur Minderdurchblutung des Herzmuskels bei Belastung (bei 70% Einengung treten diese bereits in Ruhe auf)

Ursachen
  • vaskuläre Ursachen (Koronargefäßerkrankungen): Arteriosklerose (90 %), Koronarspasmen, Entzündungen der Koronaren
  • kardiale Ursachen: Myokardvergrößerung, Klappenfehler, Rhythmusstörungen
  • andere Ursachen:
    • erhöhter Sauerstoffbedarf bzw. Sauerstoffmangel: physisch/ psychische Belastungen (Fieber/Stress, körperliche Anstrengung), chronische Lungenerkrankungen
    • Anämie, erhöhte Blutviskosität (Polyglobulie, Vergiftungen), Hyperthyreose, Hypertonie, Tachykardie, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes mellitus, Metabolisches Syndrom
    • familiäre Disposition (Arteriosklerose, Herzinfarkt), üppige Mahlzeiten, Kälte, Alkohol, Rauchen, mangelnde körperliche Aktivität
Risikofaktoren
  • 1. Ordnung: Hyperlipoproteinämie, Hypercholesterinämie, Hypertonie, Diabetes mellitus (I/II), Rauchen, Gerinnungsstörung (Fibrinogen erhöht)
  • 2. Ordnung: männliches Geschlecht, Adipositas, Gicht, Alter, Stress, Bewegungsmangel, erhöhter Homocystein-Spiegel, chronische Entzündungen, Pille
Überschreitung des kritischen Herzgewichtes (500 g)

Häufigste Auslöser Meist durch Steigung des Herzzeitvolumens (vermehrte Herzarbeit):

  • körperliche und psychische Belastung (Aufregung, Stress)
  • Kälte
  • Fieber
  • ausgiebige Mahlzeiten
  • Tachykardie
  • Hyperthyreose
  • Anämie
  • Sauerstoffmangel (Lungenerkrankungen)
Symptome
  • leichter Anfall: kein Schmerz nur Enge-/Druckgefühl
  • schweren Anfall:
    • plötzlich einsetzender Schmerz (Sek. bis Min., linke Thoraxhälfte), Druck-/ Engegefühl
    • Druckschmerz hinter dem Sternum (nicht scharf begrenzt), brennend
    • Ausstrahlung typischerweise li. Arm bis in Kleinfingerseite, evtl. in Hals, li. Unterkiefer, Rücken, re. Schulter, gleichzeitig li. /re. Arm, selten Oberbauch
    • Allgemeinsymptome: Beklemmung, Atemnot (Dyspnoe), Schweißausbruch, eingeschränkte Leistungsfähigkeit, geringere körperliche Belastung, evtl. Übelkeit, Erbrechen  
  • ganz schwere Fälle: Erstickungsanfälle mit Vernichtungsgefühl und Todesangst
Diagnose Zuerst muss ein akuter Herzinfarkt ausgeschlossen werden.
Anamnese: Ganzkörperuntersuchung, Schmerzcharakter/-auslöser, Häufigkeit, Belastbarkeit, Besserung durch Nitroglycerin-Gabe, Risikofaktoren, Familienanamnese (Herzerkrankungen), Übergewicht, Rauchen
Körperliche Untersuchung: Gefäßgeräusche, Hypertonie, Zeichen einer Herzinsuffizienz, evtl. 3. oder 4. Herzton, Arcus lipoides, Xanthelasmen
Labor: Blutbild, BSG, Blutzucker, Fibrinogen, Cholesterin, HDL, LDL, Infarkt-Enzyme (CK, CK-MB, Troponin), GOT
Apparative Diagnostik: EKG (in Ruhe, bei Belastung: ST-Senkung), Langzeit-EKG, Koronarangiographie, intravaskulärer Ultraschall, Stressechokardiographie (Wandbewegungsstörungen), MRT, Myokardszintigrafie, PET, Gastroskopie, pH-Metrie

Differentialdiagnose
  • kardial: KHK, Herzinfarkt (!), Hypertensive Krise, Kardiomyopathie, Aorten-/ Mitralvitien, Peri-/Myokarditis, Herzrhythmusstörungen, funktionelle Herzschmerzen
  • intrathorakal: Pleuritis, Lungenembolie, Pneumothorax, Bronchialkarzinom, Mediastinitis, Aortenaneurysma, Refluxkrankheit, Mallory-Weiss-Syndrom, Achalasie
  • Thoraxschmerzen: Morbus Bechterew, andere Wirbelsäulenschmerzen (Schulter-Arm-Syndrom), Osteochondrose, Arthritis, Herpes zoster
  • Oberbaucherkrankungen: Gastritis, Refluxkrankheit, Pankreatitis, Gallenkolik, Roemheld-Syndrom
  • zerebral: Apoplex, Epilepsie
Komplikationen
  • Herzinfarkt
  • Herzrhythmusstörungen
  • Herzinsuffizienz
  • plötzlicher Herztod
Therapie
  • Allgemeinmaßnahmen: Ausschalten der Risikofaktoren (Rauchen, Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Stress), körperliches Training, mäßiger Alkoholgenuss, Therapie der Grunderkrankungen
  • Ernährungstherapie: Gewichtsreduktion, 2 Fischtage pro Woche, fett-/ cholesterinarm, ballaststoffreich, Gemüse/Salat reichlich, Magnesium, Selen, Vitamin A/C/E
  • Naturheilkundliche Therapie (in leichten Fällen): Akupunktur, Ohrakupunktur, Baunscheidtieren, Bachblüten, Eigenbluttherapie, Fußreflexzonenmassage, Homöopathie, Neuraltherapie, Phytotherapie (, progressive Muskelrelaxation, Autogenes Training, Schröpfen, Schüssler Salze
  • Medikamentöse Therapie: Nitroglycerin-Spray (2 Hübe): Nitroglycerin bessert (im Gegensatz zum Infarkt), fettspiegelsenkende Medikamente, Betablocker, Nitrate, Kalziumantagonisten, ASS, ACE-Hemmer, Antihypertensiva, Antikoagulantien
  • Operative Therapie: Bypass-Operation, Ballondilatation, PTCA (Aufdehnung der stenosierenden Koronargefäße), Stents, Hochfrequenzrotablation (Auffräsen der Plaques), Artherektomie (Herausschneiden des Plaquesmaterials)
Prognose Jährliche Sterblichkeitsrate: 5-8%
Prognoseverschlechterung durch Begleiterkrankungen

Bilder

 

Kardiovaskuläre Risikofaktoren
Beeinflussbare
Risikofaktoren
1. Ordnung Gesamtcholesterin erhöht (LDL erhöht,HDL erniedrigt), Triglyzeride erniedrigt, Hyperlipoproteinämie, arterieller Hypertonus, Diabetes mellitus (I/II), metabolisches Syndrom, Rauchen, Gerinnungs-störung (Fibrinogen erhöht)
2. Ordnung Adipositas, Gicht, Stress, Bewegungsmangel, erhöhter Homocystein-Spiegel, chronische Entzündungen, Pille
Unbeeinflussbare
Risikofaktoren
Familiäre Disposition, männliches Geschlecht, Lebensalter

 

Notfall

Notfallmaßnahmen beim akuten Angina-pectoris-Anfall:

  • Anruf: Notarzt
  • Allgemeinmaßnahmen: Patienten beruhigen, beengte Kleidung entfernen, Patient zudecken
  • Lagerung: erhöhter Oberkörper
  • Vitalzeichenkontrolle: engmaschig
  • Reanimation: Wiederbelebung
  • Zusatzmaßnahmen: Sauerstoffgabe, i.v.- Zugang
  • Medikamente: 2-3 Hübe Nitrosprayâ (Systole über 120) gut bei Angina pectoris, bei Herzinfarkt kann es wirkungslos bleiben
  • Cave: keine i.m.- Injektion
Cave
Das Auftreten von Angina- pectoris Anfällen ist grundsätzlich als Vorbote eines drohenden Herzinfarktes zu sehen!
Merke
Bei instabiler Angina pectoris besteht ein erhöhtes Infarktrisiko. Sofortige Klinikeinweisung ist erforderlich.
Ein Angina-pectoris-Anfall zeigt keine stechenden oder pulsierenden Schmerzen, sondern Drückende.
Merke
Angina pectoris: kurze Zeit          -    Patient hält still                     -  Nitrolinqual  bessert
Herzinfarkt:  anhaltende Symptome  -  Patient bewegt sich, unruhig  -  Nitrolinqual  bessert nicht
Merke
Die Ischämietoleranz des Herzmuskelgewebes beträgt ca. 2-4 Stunden, diese Zeit hat man um den Herzmuskel vor einer Nekrose zu bewahren.
Merke
Die Koronardurchblutung ist abhängig von:
  • diastolischen Aortendruck
  • Diastoliedauer
  • Gefäßwiderstand
  • Wandspannung des Myokards
Merke
Der Sauerstoffbedarf des Herzens hängt ab vom:
  • Herzgewicht
  • Herzfrequenz
  • Kontraktilität
  • Wandspannung

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