Definition |
Bei der Leberzirrhose handelt es sich um eine chronische Erkrankung der Leber mit Zerstörung der Leberläppchen und der Gefäßstruktur der Leber
|
Weitere Bezeichnungen (Synonyme) |
|
Vorkommen (vor allem bei) |
- Männer: zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr
|
Einteilung |
- kompensierte inaktive Form:
- kaum Krankheitszeichen, Leber verhärtet/vergrößert oder verkleinert, kann übergehen in eine
- dekompensierte aktive Form:
- ausgelöst oft durch körperliche Belastung, Alkohol, Infekte
- Inappetenz, Gewichtsverlust, Juckreiz
- mögliche Folgeerscheinungen: Ikterus mit Stuhlentfärbung, Aszites, Somnolenz, Müdigkeit, Bewusstseinstrübungen bis Coma hepaticum (Leberkoma = Zusammenbruch aller Leberfunktionen, Anhäufung hirntoxischer Stoffe)
|
Child-Pugh-Score |
Kriterien zur Stadieneinteilung der Leberzirrhose:
Punkte |
1 |
2 |
3 |
Serum Bilirubin (mg/dl) |
< 2,0 |
2,0-3,0 |
>3,0 |
Serum- Albumin (g/dl) |
>3,5 |
2,8-3,5 |
< 2,8 |
INR (Blutgerinnung) |
< 1,7 |
1,7 – 2,2 |
>2,2 |
Aszites (Ultraschall) |
Kein |
Leicht |
Mittel |
Hepatische Enzephalopathie (Stadien) |
Kein |
I –II |
III- IV |
|
Pathogenese |
Durch den fibrinösen Umbau des Lebergewebes (Vernarbungen) kommt es zur Störung der Leberfunktion. Die Leber schrumpft, verhärtet sich und es kommt zum Rückstau in die Pfortader (portale Hypertonie)
|
Ursachen |
- häufigste Ursachen:
- Alkohol (50 %)
- Virushepatitis (40 %) (Cave: Hepatitis B, C, D; nicht A, E)
- andere, seltene Ursachen:
- Autoimmunerkrankungen: chronische Autoimmunhepatitis, primäre biliäre Zirrhose (durch chronische Cholestase, häufiger bei Frauen im mittleren Lebensalter)
- biliäre Zirrhose: chronische Gallenwegserkrankungen mit Cholestase, primär sklerosierende Cholangitis
- Medikamente: z.B. Methotrexat, Paracetamol
- Arbeitsstoffe: Pestizide in der Landwirtschaft, chlorierte Kohlenwasserstoffe
- Stoffwechselerkrankungen: Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit), Morbus Wilson (Kupferspeicherkrankheit), Glykogenspeicherkrankheit, Mukoviszidose. Alpha1- Antitrypsinmangel
- Herz-/Kreislauferkrankungen: chronische Rechtsherzinsuffizienz, Pericarditis constructiva
- Lebererkrankungen: Fettleber, Verschluss der Lebervenen (Budd-Chiari-Syndrom), Stauungsleber
- Infektionskrankheiten: Bilharziose
|
Symptome |
Lange ohne oder mit uncharakteristischen Symptomen:
- Frühsymptome
- Leber: Vergrößerung mit scharfem Rand, erhöhte Blutungsneigung
- Allgemeinsymptome: leichte Ermüdung, Abgeschlagenheit, Leistungsminderung, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme, vermehrte Reizbarkeit, Meteorismus, Polyneuropathie, Pruritus (Frühsymptom einer Cholestase), Schwitzen
- enteral: Völlegefühl, Druck im Oberbauch, Verdauungsbeschwerden (Unverträglichkeit von Fett, Blähungen)
- Leberhautzeichen
- Spider naevi: „Gefäßsternchen“, meist am Gesicht, Hals, Brust
- Lackzunge/Lacklippen (Anämie): glänzend, glatt, bei Mangel an Vitamin B12 und Folsäure (Mundwinkelrhagaden)
- Hautatrophie (Geldscheinhaut) mit Teleangiektasen: Gefäßerweiterung an der Haut
- Palmar-/Plantarerythem: symmetrische Hautrötungen an Handfläche/Fußsohlen
- Behaarungsanomalien: „Bauchglatze“, fehlende Achselbehaarung
- Teleangiektasien: an dem Licht ausgesetzte Körperteile (Gesicht, Hände) kommt es zur Erweiterung zahlreicher kleiner Gefäße
- Dupuytren Kontraktur: Verkürzung von Sehnen an der Hand, v. a. der Beugesehne des Ringfingers
- Nagelanomalie: Uhrglasnägel, Weißfärbung
- Caput medusae: Bauchvarizen und Kollateralkreislauf bei erhöhtem Pfortaderdruck an der Bauchhaut
- Ikterus
- Ödeme: bei Mangel an Bluteiweißen (Hypoproteinämie), v.a. an Unterschenkeln
- Hämatome, Petechien: zu geringe Konzentration an Gerinnungsfaktoren (Prothrombin-Mangel, Thrombozytopenie)
- hormonelle Störungen
- Mann: Libido-/Potenzverlust, Hodenatrophie, Gynäkomastie, „Bauchglatze“
- Frau: Libido-/Potenzverlust, Menstruationsstörungen
- Symptome des Pfortaderhochdrucks (portale Hypertonie)
- Ösophagusvarizen:
- Erweiterung der Speiseröhrenvenen aufgrund eines Pfortaderhochdrucks
- Gefahr einer massiven Blutung bei Ruptur der Varizen und gleichzeitigem Mangel an Gerinnungsfaktoren, nachfolgend hypovolämischer Schock und Leberkoma
- Aszites
- Gewichtszunahme, Zunahme des Bauchumfangs
- begünstigende Faktoren: Hypalbuminämie, vermehrte Lymphproduktion
- Splenomegalie (Milzvergrößerung)
- Terminalstadium
- höckerige Leberoberfläche
- Fieberschübe, Tremor, Schweißausbruch, Tachykardie
- Portaderhochdruck: Ösophagusvarizen, Caput medusae (Hautvenenerweiterung der Bauchdecke), Hämorrhoiden, Aszites
- Verlust des der Eiweißsynthese: Ödeme, Aszites, Blutungsneigung
- Ulcus, Neigung zu Gallensteinen, Pankreatitis, Diabetes mellitus
- Coma hepaticum
|
Diagnose |
Anamnese: Klinik, Alkoholismus, Hepatitis, Bluttransfusionen Körperliche Untersuchung:
- Palpation Abdomen: Lebergröße/-beschaffenheit (groß, höckrig), aufgetriebener Bauch, starker Meteorismus, Aszites, Milzvergrößerung
- Inspektion: Leberhautzeichen
Labor: Blutbild (Leuko- und Thrombopenie, Anämie), BSG erhöht, Bilirubin erhöht, GOT erhöht, GPT erhöht, AP erhöht, Gamma-GT erhöht, Gerinnung (Prothrombin) erniedrigt, Cholinesterase erniedrigt (CHE), Quick-Wert erniedrigt, Albumin erniedrigt, Ammoniak erhöht, Kalium erniedrigt, Eisen erhöht, Kupfer erhöht, Hepatitis-Serologie, Autoantikörper,Harnsäure erniedrigt (wegen nachlassendem Leberstoffwechsel fällt weniger an!), Alpha-Feto-Protein (Tumor) Apparative Diagnostik: Abdomen-Sonografie (Größe/ Form/ Strukturveränderung der Leber, Aszites), Duplexsonografie (Flußeigenschaften der Pfortader), CT, Leberbiopsie, Endoskopie (Nachweis von Ösophagusvarizen, Tumor?), psychometrische Tests, EEG
|
Differentialdiagnose |
- hepatisch: Pfortaderthrombose, Stauungsleber, Metastasenleber, Lebertumoren, Gallenblasenentzündung, Gallensteine
- enteral: Gastritis, Magen-/Duodenalulcus, chronische Pankreaserkrankungen
|
Komplikationen |
- hepatorenales Syndrom:
- Definition: Oligurie als Folge einer schweren Leberzirrhose ohne eigenständige Nierenerkrankung
- Auslöser: Volumenverluste durch Diuretikatherapie, Blutungen, Aszitespunktion
- hepatische Enzephalopathie, Coma hepaticum
- Definition: mangelnde Entgiftung ZNS-toxischer Substanzen (z.B. Ammoniak, Mercaptan).
- Auslöser vermehrte Ammoniakbildung im Darm (nach gastrointestinaler Blutung, eiweißreichem Essen), verstärkter Abbau von Eiweiß bei fieberhaften Infekten
- Symptome:
- Stadium I: Apathie, rasche Ermüdbarkeit, Konzentrationsstörungen, Depression, „Flapping Tremor“ (grobschlägiges Händezittern), Sprachstörungen („verwaschene Sprache“)
- Stadium II: stärkere Schläfrigkeit undApathie als Stadium I, zusätzlich: EEG-Veränderungen, Tachykardie, Blutdruck sinkt
- Stadium III: Patient nicht ansprechbar, ist jedoch erweckbar, dann Desorientiertheit; Störung der Motorik, Hyperreflexie, Tachykardie, Hypotonie, Foetor hepaticus
- Stadium IV: Leberausfallkoma, erloschene Reflexe, keine Schmerzreaktion, starker Foetor hepaticus
- Ösophagus-/Magenfundusvarizenblutung
- portale Hypertension
- Leberzellkarzinom
- Aszites
- Splenomegalie
- Peritonitis
- Enzephalopathie
- Nierenversagen
- Infektionsrisiko
|
Therapie |
- ABSOLUTE ALKOHOLKARENZ
- Naturheilkundliche Therapie: Aderlass, Bachblüten, Blutegel, Homöopathie, Neuraltherapie, Phytotherapie (Mariendistel, Schöllkraut, Artischocke), Schröpfen, Schüssler Salze
- bei kompensierter inaktiver Form
- Allgemeinmaßnahmen: Alkoholverbot, Ausschaltung aller zusätzlicher Noxen (Medikamente usw.), dosierte körperliche Belastung, Aderlässe
- Ernährungstherapie: eiweiß-/vitaminreich/kochsalzarm, bei Bedarf Vitamin-/Spurenelementsubstitution, bei hepatischer Enzephalopathie: eiweißarm, ansonsten normal, fettarm
- bei dekompensierter aktiver Form
- Allgemeinmaßnahmen: strengstes Alkoholverbot, Bettruhe, körperliche Schonung
- Ernährungstherapie: Eiweiß-/vitaminreich, leicht verdaulich, evtl. Vit. B-Komplex
- Medikamentöse Therapie: Behandlung der Grundkrankheit (Immunsuppression bei autoimmuner Genese, Interferon bei chronischer Hepatitis, Eisenentfernung bei Hämochromatose, Kupferentfernung bei M. Wilson), Vitamin K, Gerinnungsfaktoren
- Operative Therapie: Lebertransplantation, Shunts
- Ösophagusvarizenblutungen: endoskopische Blutstillung, Somatostatin, Prophylaxe mit Betablockern, Sengstaken-Sonde
- Aszites: Natrium- und Flüssigkeitsrestriktion, Diuretika
- hepatische Enzephalopathie: Verhinderung von Ammoniakbildung durch Darmreinigung (hohe Einläufe, Laktulose, schwer resorbierbare Antibiotika
|
Prognose |
Die individuelle Prognose ist nicht sicher einzuschätzen, treten Leberzeichen mit Komplikationen und Zeichen der Leberinsuffizienz auf, so ist die Prognose sehr schlecht.
|
Sonderform: Hepatorenales Syndrom |
Als Folge einer schweren Leberzirrhose kommt es zum Nierenversagen:
- Leitmerkmale: Oligurie, Aszites, ZNS-Beteiligung, Zeichen des Leberversagens
- Symptome: Zeichen der Leberinsuffizienz, Ödeme, niedriger Blutdruck, reduzierte Nierenausscheidung (evtl. Pruritus plus Café-au-lait-Kolorit)
|