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Leberzirrhose

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Leberzirrhose

Schrumpfleber ist ein weiterer Begriff für die Leberzirrhose. Bei der Leberzirrhose handelt es sich um einen Sammelbegriff für Lebererkrankungen, die mit einer irreversiblen Zerstörung der Leberläppchen, mit Parenchymuntergang und narbigem Bindegewebeumbau/-vermehrung einhergehen. Das Krankheitsbild ist das Endstadium aller Lebererkrankungen und kommt vor allem bei Männern zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr vor. Die Synthese- und Entgiftungsfunktion der Leber ist eingeschränkt, durch eine reduzierte Durchblutung, es kommt zu einer toxischen Konzentration von verschiedenen Substanzen, die über die Galle ausgeschieden werden müssten (v.a. Ammoniak). Es bilden sich aber intrahepatische Shunts um die Funktionen der Leber noch einigermaßen zu gewährleisten. Die Erkrankung selbst entwickelt sich meistens über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Es kommt hierbei immer wieder zu chronischen Entzündungen der Leber und dadurch zur Narbenbildung und Einbau von Bindegewebe in das Leberparenchym. Dies führt zu einem Untergang von Lebergewebe und zu einer Zerstörung der Durchblutung der Leber.

Leitmerkmale:
Kompensierte Form: asymptomatisch, Müdigkeit, Juckreiz
Dekompensierte Form: Leberhautzeichen, schlechter Allgemeinzustand, Appetitlosigkeit, Ödeme
Definition Bei der Leberzirrhose handelt es sich um eine chronische Erkrankung der Leber mit Zerstörung der Leberläppchen und der Gefäßstruktur der Leber

Weitere Bezeichnungen
(Synonyme)
  • Schrumpfleber
Vorkommen
(vor allem bei)
  • Männer: zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr
Einteilung
  • kompensierte inaktive Form:
    • kaum Krankheitszeichen, Leber verhärtet/vergrößert oder verkleinert, kann übergehen in eine

  • dekompensierte aktive Form:
    • ausgelöst oft durch körperliche Belastung, Alkohol, Infekte
    • Inappetenz, Gewichtsverlust, Juckreiz
    • mögliche Folgeerscheinungen: Ikterus mit Stuhlentfärbung, Aszites, Somnolenz, Müdigkeit, Bewusstseinstrübungen bis Coma hepaticum (Leberkoma = Zusammenbruch aller Leberfunktionen, Anhäufung hirntoxischer Stoffe)
Child-Pugh-Score Kriterien zur Stadieneinteilung der Leberzirrhose:

Punkte 1 2 3
Serum Bilirubin (mg/dl) < 2,0 2,0-3,0 >3,0
Serum- Albumin (g/dl) >3,5 2,8-3,5 < 2,8
INR (Blutgerinnung) < 1,7 1,7 – 2,2 >2,2
Aszites (Ultraschall) Kein Leicht Mittel
Hepatische Enzephalopathie (Stadien) Kein I –II III- IV
Pathogenese Durch den fibrinösen Umbau des Lebergewebes (Vernarbungen) kommt es zur Störung der Leberfunktion. Die Leber schrumpft, verhärtet sich und es kommt zum Rückstau in die Pfortader (portale Hypertonie)

Ursachen
  • häufigste Ursachen:
    • Alkohol (50 %)
    • Virushepatitis (40 %) (Cave: Hepatitis B, C, D; nicht A, E)

  • andere, seltene Ursachen:
    • Autoimmunerkrankungen: chronische Autoimmunhepatitis, primäre biliäre Zirrhose (durch chronische Cholestase, häufiger bei Frauen im mittleren Lebensalter)
    • biliäre Zirrhose: chronische Gallenwegserkrankungen mit Cholestase, primär sklerosierende Cholangitis
    • Medikamente: z.B. Methotrexat, Paracetamol
    • Arbeitsstoffe: Pestizide in der Landwirtschaft, chlorierte Kohlenwasserstoffe
    • Stoffwechselerkrankungen: Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit), Morbus Wilson (Kupferspeicherkrankheit), Glykogenspeicherkrankheit, Mukoviszidose. Alpha1- Antitrypsinmangel
    • Herz-/Kreislauferkrankungen: chronische Rechtsherzinsuffizienz, Pericarditis constructiva
    • Lebererkrankungen: Fettleber, Verschluss der Lebervenen (Budd-Chiari-Syndrom), Stauungsleber
    • Infektionskrankheiten: Bilharziose
Symptome

Lange ohne oder mit uncharakteristischen Symptomen:

  • Frühsymptome
    • Leber: Vergrößerung mit scharfem Rand, erhöhte Blutungsneigung
    • Allgemeinsymptome: leichte Ermüdung, Abgeschlagenheit, Leistungsminderung, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme, vermehrte Reizbarkeit, Meteorismus, Polyneuropathie, Pruritus (Frühsymptom einer Cholestase), Schwitzen
    • enteral: Völlegefühl, Druck im Oberbauch, Verdauungsbeschwerden (Unverträglichkeit von Fett, Blähungen)

  • Leberhautzeichen
    • Spider naevi: „Gefäßsternchen“, meist am Gesicht, Hals, Brust
    • Lackzunge/Lacklippen (Anämie): glänzend, glatt, bei Mangel an Vitamin B12 und Folsäure (Mundwinkelrhagaden)
    • Hautatrophie (Geldscheinhaut) mit Teleangiektasen: Gefäßerweiterung an der Haut
    • Palmar-/Plantarerythem: symmetrische Hautrötungen an Handfläche/Fußsohlen
    • Behaarungsanomalien: „Bauchglatze“, fehlende Achselbehaarung
    • Teleangiektasien: an dem Licht ausgesetzte Körperteile (Gesicht, Hände) kommt es zur Erweiterung zahlreicher kleiner Gefäße
    • Dupuytren Kontraktur: Verkürzung von Sehnen an der Hand, v. a. der Beugesehne des Ringfingers
    • Nagelanomalie: Uhrglasnägel, Weißfärbung
    • Caput medusae: Bauchvarizen und Kollateralkreislauf bei erhöhtem Pfortaderdruck an der Bauchhaut
    • Ikterus
    • Ödeme: bei Mangel an Bluteiweißen (Hypoproteinämie), v.a. an Unterschenkeln
    • Hämatome, Petechien: zu geringe Konzentration an Gerinnungsfaktoren (Prothrombin-Mangel, Thrombozytopenie)

  • hormonelle Störungen
    • Mann: Libido-/Potenzverlust, Hodenatrophie, Gynäkomastie, „Bauchglatze“ 
    • Frau: Libido-/Potenzverlust, Menstruationsstörungen

  • Symptome des Pfortaderhochdrucks (portale Hypertonie)
    • Ösophagusvarizen:
      • Erweiterung der Speiseröhrenvenen aufgrund eines Pfortaderhochdrucks
      • Gefahr einer massiven Blutung bei Ruptur der Varizen und gleichzeitigem Mangel an Gerinnungsfaktoren, nachfolgend hypovolämischer Schock und Leberkoma

    • Aszites
      • Gewichtszunahme, Zunahme des Bauchumfangs
      • begünstigende Faktoren: Hypalbuminämie, vermehrte Lymphproduktion

    • Splenomegalie (Milzvergrößerung)

  • Terminalstadium
    • höckerige Leberoberfläche
    • Fieberschübe, Tremor, Schweißausbruch, Tachykardie
    • Portaderhochdruck: Ösophagusvarizen, Caput medusae (Hautvenenerweiterung der Bauchdecke), Hämorrhoiden, Aszites
    • Verlust des der Eiweißsynthese: Ödeme, Aszites, Blutungsneigung
    • Ulcus, Neigung zu Gallensteinen, Pankreatitis, Diabetes mellitus
    • Coma hepaticum
Diagnose Anamnese: Klinik, Alkoholismus, Hepatitis, Bluttransfusionen
Körperliche Untersuchung:
  • Palpation Abdomen: Lebergröße/-beschaffenheit (groß, höckrig), aufgetriebener Bauch, starker Meteorismus, Aszites, Milzvergrößerung
  • Inspektion: Leberhautzeichen
Labor: Blutbild (Leuko- und Thrombopenie, Anämie), BSG erhöht, Bilirubin erhöht, GOT erhöht, GPT erhöht, AP erhöht, Gamma-GT  erhöht, Gerinnung (Prothrombin) erniedrigt, Cholinesterase erniedrigt (CHE), Quick-Wert erniedrigt, Albumin erniedrigt, Ammoniak erhöht, Kalium erniedrigt, Eisen erhöht, Kupfer erhöht, Hepatitis-Serologie, Autoantikörper,Harnsäure erniedrigt (wegen nachlassendem Leberstoffwechsel fällt weniger an!), Alpha-Feto-Protein (Tumor)
Apparative Diagnostik: Abdomen-Sonografie (Größe/ Form/ Strukturveränderung der Leber, Aszites), Duplexsonografie (Flußeigenschaften der Pfortader), CT, Leberbiopsie, Endoskopie (Nachweis von Ösophagusvarizen, Tumor?), psychometrische Tests, EEG

Differentialdiagnose
  • hepatisch: Pfortaderthrombose, Stauungsleber, Metastasenleber, Lebertumoren, Gallenblasenentzündung, Gallensteine
  • enteral: Gastritis, Magen-/Duodenalulcus, chronische Pankreaserkrankungen
Komplikationen
  • hepatorenales Syndrom:
    • Definition: Oligurie als Folge einer schweren Leberzirrhose ohne eigenständige Nierenerkrankung
    • Auslöser: Volumenverluste durch Diuretikatherapie, Blutungen, Aszitespunktion

  • hepatische Enzephalopathie, Coma hepaticum
    • Definition: mangelnde Entgiftung ZNS-toxischer Substanzen (z.B. Ammoniak, Mercaptan).
    • Auslöser vermehrte Ammoniakbildung im Darm (nach gastrointestinaler Blutung, eiweißreichem Essen), verstärkter Abbau von Eiweiß bei fieberhaften Infekten
    • Symptome:
      • Stadium I: Apathie, rasche Ermüdbarkeit, Konzentrationsstörungen, Depression, „Flapping Tremor“ (grobschlägiges Händezittern), Sprachstörungen („verwaschene Sprache“)
      • Stadium II: stärkere Schläfrigkeit undApathie als Stadium I, zusätzlich: EEG-Veränderungen, Tachykardie, Blutdruck sinkt
      • Stadium III: Patient nicht ansprechbar, ist jedoch erweckbar, dann Desorientiertheit; Störung der Motorik, Hyperreflexie, Tachykardie, Hypotonie, Foetor hepaticus
      • Stadium IV: Leberausfallkoma, erloschene Reflexe, keine Schmerzreaktion, starker Foetor hepaticus

  • Ösophagus-/Magenfundusvarizenblutung
  • portale Hypertension
  • Leberzellkarzinom
  • Aszites
  • Splenomegalie
  • Peritonitis
  • Enzephalopathie
  • Nierenversagen
  • Infektionsrisiko
Therapie
  • ABSOLUTE ALKOHOLKARENZ
  • Naturheilkundliche Therapie: Aderlass, Bachblüten, Blutegel, Homöopathie, Neuraltherapie, Phytotherapie (Mariendistel, Schöllkraut, Artischocke), Schröpfen, Schüssler Salze

  • bei kompensierter inaktiver Form
    • Allgemeinmaßnahmen: Alkoholverbot, Ausschaltung aller zusätzlicher Noxen (Medikamente usw.), dosierte körperliche Belastung, Aderlässe
    • Ernährungstherapie: eiweiß-/vitaminreich/kochsalzarm, bei Bedarf Vitamin-/Spurenelementsubstitution, bei hepatischer Enzephalopathie: eiweißarm, ansonsten normal, fettarm

  • bei dekompensierter aktiver Form
    • Allgemeinmaßnahmen: strengstes Alkoholverbot, Bettruhe, körperliche Schonung
    • Ernährungstherapie: Eiweiß-/vitaminreich, leicht verdaulich, evtl. Vit. B-Komplex
    • Medikamentöse Therapie: Behandlung der Grundkrankheit (Immunsuppression bei autoimmuner Genese, Interferon bei chronischer Hepatitis, Eisenentfernung bei Hämochromatose, Kupferentfernung bei M. Wilson), Vitamin K, Gerinnungsfaktoren
    • Operative Therapie: Lebertransplantation, Shunts
  • Ösophagusvarizenblutungen: endoskopische Blutstillung, Somatostatin, Prophylaxe mit Betablockern, Sengstaken-Sonde
  • Aszites: Natrium- und Flüssigkeitsrestriktion, Diuretika
  • hepatische Enzephalopathie: Verhinderung von Ammoniakbildung durch Darmreinigung (hohe Einläufe, Laktulose, schwer resorbierbare Antibiotika
Prognose Die individuelle Prognose ist nicht sicher einzuschätzen, treten Leberzeichen mit Komplikationen und Zeichen der Leberinsuffizienz auf, so ist die Prognose sehr schlecht.

Sonderform:
Hepatorenales
Syndrom
Als Folge einer schweren Leberzirrhose kommt es zum Nierenversagen:

  • Leitmerkmale: Oligurie, Aszites, ZNS-Beteiligung, Zeichen des Leberversagens
  • Symptome: Zeichen der Leberinsuffizienz, Ödeme, niedriger Blutdruck, reduzierte Nierenausscheidung (evtl. Pruritus plus Café-au-lait-Kolorit)

 

Cave
Ösophagusvarizenblutungen bilden eine häufige Todesursache bei schweren Alkoholikern mit bestehender Zirrhose.
Merke
Hepatitis A, E gehören nicht zu den Ursachen der Leberzirrhose! Eine Pfortaderthrombose ebenfalls nicht.
Merke
Symptome aus dem varikösen Symptomenkomplex gehören nicht zu den Symptomen der Leberzirrhose (prähepatisch!).

ff