Medikamente
Lokalanästhetikum

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Lokalanästhetikum

Medikamente, die eine reversible und örtlich begrenzte Blockierung von sensiblen Nervenfasern herbeiführen.

Allgemein
  • die Unterbrechung ist aber vollständig reversibel
  • das Lokalanästhetikum wird nicht in die Nerven sondern in deren Umgebung injiziert
  • von Injektionsort muss das Mittel erst in die Nervenfasern infundieren
  • es wird sowohl die Sensorik wie auch die Motorik unterbrochen
  • je dicker eine Nervenfaser ist desto mehr Lokalanästhetikum wird benötigt
  • eine kontinuierliche Blockade kann mittels Katheter herbeigeführt werden
  • Nachinjektionen müssen gleich nachdem der Schmerz zurückkehrt durchgeführt werden (sonst braucht das Lokalanästhetikum zu lange bis es wieder vollständig anspricht)
  • die Dosierung des Lokalanästhetikums hängt von der Art der Regionalanästhesie ab
  • vor jeder Regionalanästhesie müssen Mittel/Instrumentarium für die Notfallversorgung bereitstehen
Einteilung
  • Lokalanästhetika vom Estertyp (Aminoester): werden durch Pseudocholinesterase im Blut abgebaut, können allergische Reaktionen auslösen; Cocain (Kokain), Procain (Novocain), Benzocain (Anaesthesin), Tetracain (Ophtocain)
  • Lokalanästhetika vom Säureamidtyp (Aminoamide): werden in der Leber abgebaut; Lidocain, Mepivacain (Scandicain, Meaverin), Bupivacain (Cabostesin), Ropivacain (Naropin), Etidocain (Dur-Anest), Prilocain (Xylonest)
Einteilung nach Wirksamkeit
  • schwach/kurz: Procain
  • mittel: Lidocain, Mepivacain, Prilocain
  • stark/lang: Bupivacain, Ropivacain
Indikationen

Schmerzausschaltung durch

  • Oberflächenanästhesie (Haut, Schleimhaut)
  • Infiltrationsanästhesie (Gewebe)
  • Leitungsanästhesie (Spinal-/Epiduralanästhesie, Plexusnarkosen)
  • intravenöse Regionalanästhesie
  • postoperative Schmerzbehandlung
Wirkung
  • Ort: Zellmembran der Nervenzellen (Innenseite der Natriumkanäle)
  • Blockierung des Ioneneinstrom (Natrium) in die Zelle der Nervenfasern, so dass die Reizleitung (Aktionspotential) unterbrochen wird
  • es wird die Empfindung und Weiterleitung von Schmerz/Druck/Temperatur unterbrochen
Die Wirkung hängt ab von
  • chemischer Beschaffenheit des Stoffes
  • Menge (Konzentration, Volumen) des Stoffes
  • Entfernung zwischen Injektionsort und Nervenfasern
  • Durchmesser der Nervenfaser
  • PH- Wert des Gewebes (Aufnahme des Lokalanästhetikums in das umliegende Gewebe)
  • Durchblutung der Umgebung des Nervenfaser
  • Temperatur
  • Verwendung von Zusätzen ( Adrenalin)
Barizität
  • wichtige Größe in der Lokalanästhesie (Ausbreitung)
  • gibt das Dichteverhältnis des Lokalanästhetikums zum Liquor bei 37 Grad Celsius an
  • isobar: gleiche Dichte wie der Liquor, das Lokalanästhetikum bleibt am Injektionsort
  • hypobar: geringere Dichte wie der Liquor, das Lokalanästhetikum steigt auf
  • hyperbar: höhere Dichte wieder der Liquor, das Lokalanästhetikum sinkt ab
Anschlagzeit

Zeit von der Injektion des Mittels bis zur kompletten Blockade:

  • hängt von den physiochemischen Eigenschaften und der Konzentration des Mittels ab
  • wichtig ist der Injektionsort: schnellste Reaktion bei der Spinalanästhesie
  • je höher die Konzentration, desto schneller der Wirkungseinritt
  • je dünner die Nervenfasern, desto kürzer die Anschlagzeit
  • je niedriger der pKa-Wert, desto kürzer die Anschlagzeit
  • die motorische Blockade setzt erst nach der sensorischen Blockade ein, und wird auch wieder schneller aufgelöst
Wirkungsdauer

Nach einer bestimmten Zeit wird das Lokalanästhetikum wieder von den Nerven weg diffundiert und in das Blut aufgenommen

  • je höher die Konzentration des Mittels, desto länger wirkt es
  • die Wirkdauer kann mittels Vasokonstriktor (Adrenalin, Phenylephrin) verlängert werden (drosselt die Durchblutung am Injektionsort)
Blockadeverlauf
  • zuerst: Sympathikusblockade (die Haut wird warm)
  • dann: Aufhebung von Temperatur- und Schmerzempfindung
  • zuletzt: Blockade von Berührung, Druck, Schmerz
  • die Blockade breitet sich von proximal nach distal aus und wird in umgekehrter Reihenfolge wieder abgebaut
Differenzialblock
  • nur die dünnen Fasern des Nervs sind blockiert, nicht aber die dicken Fasern
  • der Patient ist zwar schmerzfrei, kann aber Berührung empfinden und seine Muskel anspannen
Wedensky- Block
  • die Schmerzempfindung bei Nadelstichen ist blockiert, nicht aber die bei der Hautschnitt
  • das Lokalanästhetikum hat noch nicht alle Nervenfasern erreicht, man muss noch abwarten oder mehr Lokalanästhetikum nachspritzen
pKa-Wert
  • zeigt das Verhältnis Base zu Kation im Lokalanästhetikum an
  • je niedriger der Wert, desto höher ist der Anteil der Base, desto besser dringt das Lokalanästhetikum in die Zellen ein
  • je höher der Wert, desto  höher ist der Anteil des Kations, desto besser wird der Natriumkanal blockiert
Kombination von Lokalanästhetika
  • es wird ein kurz wirksames mit einen lang wirksamen Lokalanästhetika injiziert  (v.a. bei Plexusanästhesien)
  • es soll eine Verkürzung der Anschlagzeit, eine Verlängerung der Wirkungsdauer, eine Verminderung der Toxizität und eine Reduzierung der Dosis damit erzeugt werden
  • bei peripheren Nervenblockaden empfiehlt sich die Kombination von Prilocain 1% mit Bupivacain 0,5% oder Ropivacain 0,75%
  • dabei soll das kurz wirksame Medikament zuerst gespritzt werden (sonst werden die Rezeptoren vom lang wirksamen Medikament zuerst besetzt und die kurze Anschlagzeit kann man vergessen)
Vorsichtsmaßnahmen
  • legen eines venösen Zugangs
  • Vitalparameter kontinuierlich überprüfen (EKG, Blutdruck, Sättigung)
  • fraktionierte Aspiration während des Spritzen des Lokalanästhetikums (bei Blut sofortiger Abbruch der Injektion)
  • Sedierung des Patienten erst nachdem das Lokalanästhetikum wirkt
Nebenwirkungen
  • Allergien (bis anaphylaktischer Schock)
  • Arrhythmien
  • Krampfanfälle
ZNS-Reaktionen
  • Prophylaxe:
    • Gabe eines Antikonvulsivums (Midazolam, Diazepam) zur Prämedikation
    • Höchstdosierungen beachten
    • Vermeidung einer intravasalen Injektion
    • Intubation und Beatmung müssen jederzeit möglich sein

  • Ursachen:
    • Überdosierung
    • Injektion in eine Vene/Arterie
    • zu rasche Resorption des Mittels

  • Symptome:
    • Muskelzittern
    • Schwindelgefühl
    • verwaschene Sprache
    • Taubheit von Lippen/Zunge
    • Sehstörungen, Nystagmus
    • Schläfrigkeit
    • metallischer Geschmack
    • später Krampfanfälle bis Atemlähmung

  • Therapie:
    • Injektion sofort abbrechen
    • Patienten hyperventilieren  lassen (evtl. Intubation)
    • Diazepam injizieren ( 2,5 – 5 mg)
Stadien der Reaktionen im zentralen Nervensystem
  • Stadium I:
    • taubes Gefühl von Lippen und Zunge
    • metallischer Geschmack auf der Zunge
    • Schwindelgefühl
    • Schläfrigkeit
    • Ohrklingen
    • verwaschene Sprache
    • Muskelzittern
    • Nystagmus
    • Sehstörungen
    • Verwirrtheit

  • Stadium II:
    • Erbrechen
    • Krämpfe

  • Stadium III:
    • Koma
    • Kreislaufversagen
Herz-Kreislauf-Reaktionen
  • dämpfend auf die Herzfunktion (Bradykardie)
  • erweiternd auf die Arteriolen (Blutdruckabfall)
  • es kann bis zu einem Herzstillstand  gehen
  • Therapie:
    •  Beine hoch
    • Volumenzufuhr
    • 100% Sauerstoff
    • evtl. kardiovaskuläre Mittel
    • evtl. Reanimation
Maßnahme bei LA- Intoxikation
  • Injektion sofort abbrechen
  • 100 % Sauerstoff
  • Patient hyperventilieren lassen ( => erhöht die Toleranz gegenüber das LA)
  • evtl. Antikonvulsiva
  • Vitalparameter engmaschig überwachen
  • evtl. Intubation

 

Substanz

Konzentration (%)

Höchstdosis Wirkdauer
Lidocain 0,5 – 2 % 200 mg 60 – 120 Min.
Scandicain 0,5 – 2 % 300 mg 90 – 180 Min.
Xylonest 0,5 – 2 % 400 mg 90 – 240 Min.
Carbostesin 0,25 – 0,5 % 150 mg 240 – 720 Min
Naropin 0,2- 1% Je nach Injektionsort 180-  300 Min.

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