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Migräne

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Migräne

Hemikrania ist eine weitere Bezeichnung für die Migräne. Bei der Migräne handelt es sich um eine anfallsweise neurologische Erkrankung, die sehr viele Menschen betrifft. Sie tritt meist halbseitig auf, und hat als Hauptkrankheitszeichen starke Kopfschmerzen mit gastrointestinalen, visuellen und neurologischen Begleitsymptomen. Die Dauer der Symptome kann von 4–72 Stunden andauern. Während des Anfalls treten vier verschiedene Phasen (Vorboten-, Aura-, Kopfschmerz- und Rückbildungsphase) auf, die unterschiedliche Symptome hervorrufen, die in ihrer Häufigkeit und Andauer sehr verschieden sind. Die Migräne kann die davon Betroffenen im Ablauf ihres Alltages sehr einschränken, weshalb sie immer behandelt werden soll. Viele betroffene Menschen können während eines Anfalls nicht einmal geringe Tätigkeiten ausführen, sondern müssen sich hinlegen und warten bis dieser vergangen ist.


Leitmerkmale: intermittierende halbseitige pulsierende Kopfschmerzattacken, Übelkeit, Erbrechen, Lichtscheu, teils Aura (vorübergehende fokale Ausfälle, Lichtblitze, Sprachstörungen)
Definition Unter Migräne versteht man chronisch starke Kopfschmerzen, die in Episoden schlagartig auftreten

Weitere Bezeichnungen
(Synonyme)
  • Hemikrania
Vorkommen
(vor allem bei)
  • Frauen: 20. – 50. Lebensjahr
Formen
  • Migräne ohne Aura (einfache/gewöhnliche Migräne):  
    • Allgemein: häufigste Form
    • Symptome: ohne Aura, aber sehr akut auftretender, einseitiger Kopfschmerz mit vegetativen Begleitsymptomen/audiovisuelle Missempfindungen
    • Untergruppen: rein menstruelle Migräne ohne Aura, Menstruations-assoziierte Migräne ohne Aura, nicht menstruelle Migräne ohne Aura
  • Migräne mit Aura (klassische Migräne):
    • Symptome: Kopfschmerzen mit Aura, die Krankheitszeichen verschwinden beim Abklingen der Migräne
    • Unterformen: Migräne mit typischer Aura, Migräne mit Hirnstammtrauma (Sprechstörung, Hörminderung, Ohrgeräusche, Doppelbilder, Gangunsicherheit Bewusstseinsstörung), hemiplegische Migräne (ähnliche einer Hemiparese: Sprachstörungen, Sensibilitätsstörungen, motorische Störungen), retinale Migräne (Gesichtsfeldausfälle, Flimmerskotome, vorläufige Erblindung), rein menstruelle Migräne mit Aura, Menstruations-assoziierte Migräne mit Aura, nicht menstruelle Migräne mit Aura
  • komplizierte Migräne (chronische Migräne):
    • Symptome: die neurologischen Störungen dauern länger und können den Anfall überdauern
  • Migränekomplikationen: Status migraenosus, migränöser Infarkt, migränöser Infarkt
  • wahrscheinliche Migräne
    • Symptome: ohne oder mit Aura
  • episodische Symptome, die mit einer Migräne einhergehen
    • Symptome: wiederkehrende Verdauungsstörungen, vestibuläre Migräne
Einteilung nach den Kriterien der
Internationalen Kopfschmerzgesellschaft (IHS)
  • A: mindestens 5 Attacken der Kriterien B-D
  • B: Kopfschmerzattacken, die 4-72 Stunden andauern
  • C: Kopfschmerz mit mindestens 2 der unten aufgeführten Symptome:
    • einseitig
    • pulsierend
    • mittlere bis starke Schmerzen
    • wird unter Bewegung verstärkt (Bewegung wird vermieden)
  • D: währenddes Kopfschmerzes besteht mindestens eines der folgenden Symptome:
    • Übelkeit/Erbrechen
    • erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Licht oder/und Geräuschen
  • E: der Kopfschmerz ist nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen
Pathogenese Durch übermäßige Ausschüttung von Serotonin (Nervenbotenstoff) kommt es zur Gefäßengstellung im Gehirn

Ursachen
  • 50 % unbekannt
  • erblich, hormonell, allergisch, Störungen der inneren Sekretion (Leber, Galle), Wirbelsäule, Lebensstil
Auslöser
  • Allgemein: Wetterumschwung, Belastung, Entlastung, Schlafmangel, Zeitverschiebung, körperliche Anstrengung, Reizüberflutung (Lärm/ Lichteffekte/ Gerüche)
  • psychische Belastung: Stress, nach Operationen, Angst, emotionale
  • Noxen: Alkohol, Kaffee
  • Erkrankungen: HWS-Beschwerden
  • Nahrungsmittel: Schokolade, Käse, Rotwein, Zitrusfrüchte
  • Medikamente: Vasodilatatoren, Pille, Stickstoffmonoxid
  • Hormone: vor/während der Menstruationsblutung
Symptome
  • Dauer: einige bis Tage (meist morgens beim Aufstehen).
  • Häufigkeit: wenige Male pro Jahr bis täglich.

  • Vorphase/Vorbotenphase (Prodromalstadium):
    • gilt als Warnzeichen eines beginnenden Migräneanfalls, geht wenige Stunden bis zwei Tage vor den Anfall möglicherweise voraus
    • Wahrnehmungsstörungen: Müdigkeit (vermehrtes Gähnen), Licht-/ Geruchs-/ Geräuschempfindlichkeit, Übelkeit, Erbrechen
    • Verdauungstrakt: Verstopfungen, Heisshunger auf bestimmte Nahrungsmittel oder Appetitlosigkeit
    • Allgemeinsymptome: Stimmungsschwankungen/-veränderungen, gesteigerter Durst, vermehrter Harndrang
  • Auraphase: ist aber nur bei max. 20% der Fälle vorhanden
    • Sehen/Hören: Sehstörungen (Blitze, Gesichtsfeldausfälle, verschwommenes Sehen), Tränenfluss, Hörminderung, Gleichgewichtsstörungen
    • Allgemeinsymptome: Schwindel, Empfindungsstörungen (Kribbeln/ Schwäche in Armen/Beinen), Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit, Depressivität, Verwirrtheit, Sprachstörungen, neurologische Ausfälle
    • die Patienten sind gereizt (übererregt) und suchen Abgeschiedenheit
  • Schmerzphase: (Reaktion auf die Ischämie: Dilatation der Arterien); Länge von 60 Minuten bis 3 Tage
    • Schmerzen: plötzlich, anfallartig, heftigst, wiederkehrend, Kopf (halbseitig (die Seite kann von Anfall zu Anfall wechseln), Stirn-/ Schläfenbereich, hinter dem Auge), pochend, pulsierend (Schläfenregion, retro-/periorbital ausgehend)
    • Allgemeinsymptome: Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Schwitzen, Tachykardie, Harnflut, Durchfall, Lichtscheu, Reizbarkeit, Geräuschempfindlichkeit
    • Neurologie: Sprechstörungen, Lähmungen, Missempfindungen (Finger, Arme, Gesicht)
  • Ödemphase (Rückbildphase): durch eine erhöhte Kapillardurchlässigkeit entwickelt sich ein Ödem der Arterienwand und des umgebenden Gewebes; Länge bis zu 24 Stunden
    • Schmerz: pochender wechselt mit stetigen ab (konstant, dumpf)
  • nach dem Anfall: Harnflut, Euphorie, Durchfall, Abnahme der Kopfschmerzen und der Begleitsymptome, jedoch Müdigkeit/ Angespanntheit noch
Psychosomatik
  • auslösende Faktoren:
    • Klima bedingte Einflüsse
    • Menstruation
    • Zu lange Bettruhe
    • Verselbstständigungsabschnitte (Pubertät, Eheschließung usw.)
    • Freude, Furcht, Angst
  • Menschentyp:
    • starke Mutterbindung
    • empfindsam gegen Kränkungen
    • verdrängte Feindseligkeit (gegenüber geliebten Personen)
    • Versagensängste in Schule, Beruf, Partnerschaft
  • Auswirkungen:
    • Migräneanfall als Selbstheilungsversuch (Beachtung)
Diagnose Anamnese: Klinik, Kopfschmerztagebuch, Vorerkrankungen, Art der Schmerzen, Medikamente, Genussmittel, Menstruation, Umwelt (Schlaf)
Körperliche Untersuchung: neurologische Ausfälle, Blutdruck, Beweglichkeit der Halswirbelsäule, Augenmuskeln
Apparative Diagnostik: CT-Kopf (Ausschluss anderer Ursachen), MRT (Hirnblutung?), EEG, Dopplersonografie
Differentialdiagnose
  • Kopfschmerzen: andere Arten (Spannungskopfschmerz, Cluster-Kopfschmerz), psychosomatisch bedingt
  • Gehirn: akute Hirnblutung, Epilepsie, Meningitis, Schlaganfall
  • Gefäße: Hypertonie
Komplikationen
  • Status migraenosus: ein Migräneanfall geht in den Nächsten über
  • Migralepsie: zerebrale Krampfanfälle während einer Migräne
  • migränöser Infarkt: Hirninfarkt während einer Migräne
Therapie
  • Allgemeinmaßnahmen: Reizabschirmung (abgedunkelte, geräuscharme Räume), Auslöser meiden, Regulierung des Tagesablaufes, Entspannungsübungen (progressive Muskelrelaxation), kühlende Umschläge, Pfefferminzöl auf die Schläfen, Ausdauersportarten, wechselwarme Fußbäder, Schulter-Nacken-Massagen
  • Ernährungstherapie: Magnesium (Bananen), Heilfasten, kein Alkohol, koffeinhaltige Getränke, Omega-3-Fettsäuren, Vitamin E, Selen, Pantothensäure, Vitamin-B-Komplex
  • Naturheilkundliche Therapie: Aderlass, Akupunktur, Ohrakupunktur, Bachblüten, Baunscheidtieren, Chiropraktiker (HWS), Eigenbluttherapie, Homöopathie, Manuelle Therapie, Neuraltherapie, Phytotherapie, Schröpfen, Schüssler Salze
  • Medikamentöse Therapie: Antiemetika, Analgetika, Serotoninrezeptoren-Antagonisten, ASS, Betarezeptorenblocker
Prognose Die kindliche Migräne verliert sich zu 50% nach der Pubertät, bei Erwachsenen sehr variabler Verlauf.

  Migräne Spannungskopfschmerz Cluster-Kopfschmerz
Pathogenese Vaso-vegetative Regulationsstörung der Hirngefäße Muskelverspannungen (Kopf, Nacken) Vaskuläre Störung
Häufigkeit 1-2x/Jahr bis 2-3x/Woche Bis 15 Tage/Monat 1-3 x/Tag während 4-12 Wochen
Seite Meist halbseitig Beidseitig Halbseitig
Schmerzcharakter Drückend, hämmernd, pulsierend, klopfend Drückend, ziehend, Helm- / Schraubstockgefühl Schwerste Attacken, bohrend, brennend
Schmerzlokalisation Schläfen-/Augenregion Hinterkopf, Schläfen, Stirn Augen-/ Schläfenbereich
Wann Durch Stress, Klima, Genussmittel Meist abends Meist frühmorgens
Begleiterscheinungen Übelkeit, Erbrechen, Sehstörungen, Licht-/ Lärmempfindlichkeit, gesteigerte Empfindlichkeit gegenüber Außenreize Meist ohne Gesteigerte Nasensekretion/Tränenfluss, Horner-Syndrom, Augenrötung
Dauer Stunden bis Tage anhaltend variabel Mehrere Anfälle pro Tag  (immer zur gleichen Zeit)