Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans)

Progressive Form der Arthritis: entzündlich-rheumatische, chronische Allgemeinerkrankung mit Manifestation besonders an der Wirbelsäule, die zur Angylosierung (Versteifung) der kleinen Wirbelgelenke führen kann. Beginn meist am Iliosakralgelenk.
Versteifung des Achsenskeletts, Rippen-/Wirbel-/Gelenke, Iliosakralgelenk, überwiegend Männer: 20.-30. Lebensjahr, familiär gehäuft, oft in Kombination mit entzündlichen Darmerkrankungen.

Stadien

0	ohne sichtbare Röntgenbefunde
I	beginnende Steifigkeit der Wirbelsäule
II	irreversible Versteifung der Wirbelsäule
III	Verknöcherung der Rippenwirbelkörper
IV	Versteifung der ganzen Wirbelsäule

Pathogenese

Ausgehend von der Sakralgegend der Wirbelsäule, wo sich die Sehnenansätze/Gelenkskapseln entzünden, breitet sich die Versteifung (Verknöcherung) weiter nach oben entlang der Wirbelsäule aus und verknöchert dabei die Zwischenwirbelräume (Knochenspangen => Bambuswirbelsäule). Sie kann in jeder Höhe zum Stillstand kommen.

Ursachen

unbekannt, familiär gehäuft
bei 95 % der Erkrankten kann ein Zellantigen (HLA B27) nachgewiesen werden (normal bei 6 % der Bevölkerung)

Symptome

Vorerkrankungen: rezidivierende Monoarthritis (Lendenwirbelsäule-/ Kreuzschmerzen, Gesäßschmerzen: Hüfte/Knie) und Iritis, Fersenschmerzen
Frühsymptome:
- Allgemeinsymptome: mäßiges Fieber, Nachtschweiß, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Anämie
- Schmerzen (Bewegung lindert Schmerzen):
- tief sitzende Rückenschmerzen (nächtlich, morgens), Bewegung lindert die Schmerzen, evtl. in die Beine/Gesäß ausstrahlend
- Schmerzen an der Symphyse (Schambein) und Sternum (Brustbein)
- Fersenschmerz (Sehnenverkalkung/-entzündungen u.a. Achillessehnen)
- Schmerzen (Wirbelsäule, Gesäß) beim Niesen, Husten, Pressen
- schmerzhafte Sehnenansätze (Fußsohle, Oberschenkelknochen)
- Morgen-/Nachtsteifheit (des Rückens, kein Beugen/Strecken), Bewegung bessert
- häufige Augenentzündungen (Iritis)
- typische Haltung:stark vorgebeugter Rumpf, Beugestellung des Hüft-/ Kniegelenke, starke Mitbewegung der Arme beim Gehen
Spätsymptome:
- Wirbelsäule: starke Kyphose der BWS, Lordose der LWS (Bechterew Haltung durch Blockierung, irreversible Versteifung = Angylosierung der kleinen Wirbelgelenke): Kopf kann kaum bewegt werden
- Allgemeinsymptome: Muskelatrophie, Schmerzen lassen nach
- Begleiterkrankungen: Beschwerden des Herzens/Lunge/Harnwege/Augen (durch Kompression, Entzündung)

Diagnose

Anamnese: Familie, Vorerkrankungen
Körperliche Untersuchung: Finger-Boden-Abstand mehr als 20 cm, Schober- und Ott-Zeichen positiv, Dornfortsätze schmerzhaft
Forestier-Zeichen („Wandtest“): Patient mit dem Rücken an Wand stellen; der Abstand zwischen Wand und Vertebra Prominens (= 7. Halswirbel) wird gemessen, der Hinterkopf kann nicht mehr an Wand gelehnt werden
Labor: BSG ↑, Entzündungszeichen , HLA- B 27 meist positiv,Rheumafaktor aber negativ (seronegative Spondylarthrits)
Apparative Diagnostik: Röntgen (Bambuswirbelsäule, Verwachsungen), Skelettzintigramm

Differentialdiagnose

Bandscheibenvorfall, pseudoradikuläres LWS-Syndrom, allgemeine Rückenschmerzen, rheumatoide Erkrankungen, Osteoporose, Psoriasis, Tumorerkrankungen, Morbus Forrester

Komplikationen

Restriktive Ventilationsstörungen, kardiale Beteiligungen, Versteifungen der Wirbelsäule, Knochenbrüche

Therapie

Allgemeinmaßnahmen: Krankengymnastik, lebenslange Bewegungstherapie (Wandern, Schwimmen), Thermalbewegungsbäder, hartes Bett, Wärmeanwendungen (Fango: nicht im akuten Schub da entzündlich!), lokale Kryotherapie (gerötete Gelenke), Ultraschall, Atemtherapie, Massagen
Ernährungstherapie: Selen, Vitamin C/E, Omega-3-Fettsäuren, Zink, Kupfer
Naturheilkundliche Therapie: Akupunktur, Bachblüten, Eigenbluttherapie, Enzymtherapie, Fußreflexzonenmassage, Homöopathie, Manuelle Therapie, Neuraltherapie, Schröpfen, Schüssler Salze
Medikamentöse Therapie: Analgetika, Antiphlogistika (NASR), Zytostatika
Operative Therapie: Einsteifung/Aufrichtung der Wirbelsäule (Spätstadium)

Prognose

Nicht heilbar, in jedem Stadium kann ein Stillstand eintreten, Verläufe sehr unterschiedlich, nur 5 % schwere Verläufe

Merke

Seronegative Spondylarthritiden sind: M. Bechterew, Psoriasis-Arthritis, M. Reiter. Der Rheumafaktor ist in der Regel negativ, der HLA-B 27 positiv.