Krankheiten
Morbus Parkinson

 Zurück zur alphabetischen Auswahl

Morbus Parkinson

Schüttellähmung; Störung der willkürlichen und unwillkürlichen Bewegungsabläufe (extrapyramidales System) durch unklare Degeneration von melaninhaltigen, dopaminproduzierenden Zellen in der Substantia nigra (Mittelhirn) mit nachfolgendem Mangel des Transmitters Dopamin und Überschuss an Acetylcholin. Tritt bei 1–2% der Bevölkerung auf, v.a. bei 40–60-jährigen Männern.

Leitmerkmale: Hypokinese/Akinesie, Rigor, Ruhetremor
Stadien
O keine klinischen Symptome
I einseitige Symptomatik
II leichte beidseitige Symptomatik
III geringe bis mäßige Behinderung, Haltungsinstabilität
IV starke Behinderung, ohne Hilfe nicht stehen/gehen
V Patient im Rollstuhl/Bett
Pathogenese Durch die Erkrankung kommt es zum fortschreitenden Verlust von dopaminproduzierenden Gehirnzellen (v.a. in der Substantia nigra) und damit zu einem Dopaminmangel (Dopamin notwendig für den un-/willkürlichen Bewegungsablauf).

Ursachen
  • primäre (idiopathische) Ursachen:
  • Ursache unbekannt, vermutet: Erbanlage, Umwelt, Entzündungen, Vergiftungen, Medikamente
  • sekundäre (symptomatische) Ursachen:
  • Medikamente (Neuroleptika, Psychopharmaka, Kalziumantagonisten), virale Infektionen des Gehirns, Entzündungen, Intoxikationen (Mangan, Kohlenmonoxid), metabolisch (Hypoglykämie, Urämie), zerebrale Hirnarteriosklerose, selten: Trauma, Tumoren
Symptome
  • Frühsymptome: Muskelschmerzen/-verspannungen (Schulter-/ Armregion), Parästhesien, vegetative Störungen, Depression, Missempfindungen
  • Bewegungsstörungen: unterschieden werden Plussymptome mit erhöhter Aktivität (Tremor) von den Minussymptomen mit erniedrigter Aktivität (Hypokinese, Rigor); Beginn fast immer schleichend, einseitig (häufig nur als Schweregefühl, Steifigkeit), oft mit Gelenkschmerzen und depressiven Tendenzen
  • Hypokinese/Akinesie (fehlende oder verlangsamte Motorik und fehlende Mitbewegung):
    • Arme schwingen nicht mit beim Gehen; Starten und Beenden einer Bewegung fällt schwer; in schweren Fällen kann Bewegung nicht mehr gestoppt werden
    • kleinschrittiger Gang, vermehrte Wendeschritte, Haltung gebückt nach vorne, Gang schlurfend, Gangunsicherheit, bleibt auf halben Weg stehen
    • Maskengesicht (Talgproduktion stark erhöht: glänzende Gesichtshaut), seltenerer Lidschlag, leise monotone Stimme, undeutliches Sprechen, Speichelfluss erhöht, Schlucken verzögert
    • Mikrographie: Schrift wird kleiner während des Schreibens, unleserlich
  • Rigor: Muskelsteifheit, erhöhter Muskeltonus (bei passiver Bewegung spürbar), Muskelschmerzen, leichte Beugung von Ellbogengelenk/Rumpf/Nacken;  Zahnradphänomen: Extremitäten reagieren bei passiver Bewegung mit ruckartigen Sperrungen, beim Entfernen des Kopfkissens bleibt der Kopf in der Luft
  • Tremor: grobschlägig,v.a.in Ruhe, bei zielgerichteten Bewegungen vermindert: „Münzenzählertremor“, „Pillendrehen“; im Schlaf nicht vorhanden
  • vegetative Symptome: Minderung des Geruchssinns, vermehrter Speichelfluss, Schluckstörungen, gestörte Schweißsekretion, Hitzewallungen, Obstipation, Harnverhalt, Hypotonie, Sexualstörungen, Schlafstörungen
  • psychische Störungen: depressive Stimmung, verlangsamte Denk-/ Wahrnehmungsvorgänge, allgemeine Müdigkeit, reizbar, misstrauisch, starrköpfig, Stimmungslabilität (Affekte können nicht mehr zurückgehalten werden), teils auch in sich gekehrt, in 25% kommt es zu einer Demenz, Verfolgungswahn
Diagnose Anamnese: Beginn, Verlauf, Familienanamnese, psychische Veränderung, Infektion, Medikamente, Trauma, Beruf (Mangan, CO)
Körperliche Untersuchung: neurologischer Status, Ganzkörperuntersuchung
Apparative Diagnostik: CT, MRT, EEG, Tomographie, L-Dopa-Test

Differentialdiagnose
  • zerebral: Arteriosklerotische  Enzephalopathie, frontale Hirnschädigungen (Tumoren)
  • allgemein: Neuroleptika induziert, Kupferstoffwechselstörung
Komplikationen Stürze (Kontraktionen), Demenz, Depressionen, hypo-/akinetische Krisen, Infektionen

Therapie
  • Allgemeinmaßnahmen: regelmäßige Krankengymnastik, Gangschulung, Logopädie, psychosoziale Betreuung, warme Bäder, wechselwarme Waschungen
  • Ernährungstherapie: eiweißarme Kost
  • Naturheilkundliche Therapie: Aderlass, Akupunktur, Bachblüten, Baunscheidtieren, Homöopathie, Schröpfen
  • Medikamentöse Therapie: L-Dopa, Anticholinergika, Dopaminantagonisten, MAO-Hemmer , Antiemetika, Antidepressiva
  • Operative Therapie: Stimulation des Nucleulus subthalamicus, im Extremfall stereotaktische Operation (Eingriff am Hirn: Zielgebiete ausschalten)
Prognose Lebenserwartung kaum reduziert, langsam progredient, Heilung nicht möglich, chronisch fortschreitend

 

Merke
Beim Morbus Parkinson findet man kein Taschenmesserphänomen und kein Grimassieren.

gg