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Symptome (Leitbilder)
Ödem

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Ödem

Gewebewassersucht, Wasseransammlung, Wassereinlagerung sind weitere Bezeichnungen für das Ödem. Beim Ödem handelt es sich um einemeist schmerzlose, diffuse, pathologische Flüssigkeitsansammlung in den Gewebsspalten der Haut oder Schleimhaut. Die Erkrankung kann lokalisiert und generalisiert auftreten. Es ist hierbei das Gleichgewicht zwischen Filtration und Resorption gestört. Der Flüssigkeitsverlust ins Gewebe hängt vom hydrostatischen Druck in den Blutkapillaren und von der Differenz des onkotischen Drucks zwischen den Kapillaren und dem interstitiellen Raum ab. Beide Drücke beeinflussen sich gegenseitig und wirken gegensinnig. Der hydrostatische Druck fördert einen Austritt von Wasser ins Interstitium, der onkotische Druck bindet Wasser in den Kapillaren. Bei normalen Körperverhältnissen sind beide im Gleichgewicht. Ist zu wenig Blut im Gefäßsystem kommt es dazu zur Aktivierung der Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems.


Leitmerkmale:  diffuse Schwellung, Spannungsgefühl, Gewichtszunahme
Definition Als Ödem bezeichnet man eine Flüssigkeitsansammlung im interstitiellen Raum

Weitere Bezeichnungen
(Synonyme)
  • Gewebewassersucht
  • Wasseransammlung
  • Wassereinlagerung
Einteilung
  • generalisierte Ödeme:
    • Herz/Kreislauf venöse Drucksteigerung durch reduzierte Herzleistung): Rechtsherzinsuffizienz (später auch Linksherzinsuffizienz), Herzklappenerkrankungen/-fehler, Globalinsuffizienz, Perikarditis, Cor pulmonale, Hypertonie
    • Atemsystem (venöse Rückstauung): Lungenembolie
    • Nieren (vermehrte Eiweißausscheidung => onkotischer Druck sinkt): Niereninsuffizienz, Glomerulonephritis, nephrotisches Syndrom
    • Verdauungstrakt: Morbus Crohn, Sprue, Zöliakie, Pankreasinsuffizienz. Maldigestionssyndrom, Malabsorptionssyndrom
    • Leber: Leberzirrhose, Leberinsuffizienz, Lebertumoren/-metastasen
    • Störungen des Elektrolyt-/Hormonhaushaltes: Hypokaliämie, Hyperaldosteronismus
    • gynäkologisch: EPH-Gestose, Schwangerschaft
    • Medikamente: Glukokortikoide, Laxantien, Antidepressiva, Antiphlogistika, Antihypertensiva 
    • Allgemein: Hunger, Kwashiorkor, langes Stehen/Sitzen, Hitze, Cushing-Syndrom   
  • lokale Ödeme (venöse, lymphatisch, entzündliche, allergische Ödeme):
    • im Bereich der Beine: Herzinsuffizienz (prätibialer Fingerdruck), tiefe Venenthrombose, chronisch venöse Insuffizienz, Krampfadern, Lymphstau (Infektionen, Tumoren, Lymphknotenentfernungen: Ödem teigig), Schilddrüsenerkrankungen (Hypothyreose: Myxödem), Nierenerkrankungen (nephrotisches Syndrom, Niereninsuffizienz)
    • im Bereich der Arme: Lymphstau (Tumore, Bestrahlung)
    • Lidödeme (v.a. morgens): Glomerulonephritis
    • Extremitäten, Gesicht: Allergien, Eiweißmangel
    • Allgemein: Traumen, Infektionen, Allergien, langes Stehen/Sitzen, Hitze
Einteilung nach Pathogenese
  • proteinarmes Ödem (Transsudat): kolloidosmotisches Ödem (fehlende Wiederaufnahme der Flüssigkeit im venösen Gefäßschenkel), hydrostatisches Ödem (verstärkte Filtration der Flüssigkeit ins Gewebe), mechanisches Ödem (bedingt durch eine Abflussbehinderung
  • proteinreiches Ödem (Exsudat): entzündliches Ödem
Arten
  • allergisches Ödem: Quincke-Ödem, Urtikaria (Kontaktekzem)
  • endokrines Ödem: Myxödem, Morbus Cushing
  • entzündliche Ödeme: nach jeder Entzündung
  • extrazelluläres Ödem: außerhalb der Zellen
  • generalisiertes Ödem: am ganzen Körper
  • Gewebeödem: Einlagerungen in die Subkutis (Beine, Anasakra)
  • Glottisödem: Kehlkopfödem
  • hepatisches Ödem: bei Leberzirrhose
  • idiopathisches Ödem: ohne erkennbare Ursache
  • interstitielles Ödem: im Gewebezwischenraum
  • interzelluläres Ödem: innerhalb der Zellen
  • kardiale Ödeme: Herzinsuffizienz
  • lymphatische Ödeme: Stauung, Entzündungen, Tumoren
  • physiologische Ödem: langes Sitzen/Stehen
  • Organödeme: Flüssigkeitseinlagerung in Organe (Lunge, Hirn)
  • perifokales Ödem: im gesunden Gewebe, um einen Krankheitsherd herum
  • regionales Ödem: an einer bestimmten Körperregion
  • renales Ödem: nephrotisches Syndrom, Glomerulonephritis
  • traumatische Ödem: bei akuter Weichteilverletzung
  • variköses Ödem: Phlebothrombose, chronisch venöse Insuffizienz
  • zerebrales Ödem: Hirnödem
Einteilung
  • Genitalödem: Penisödem, Vulvaödem
  • Glottisödem
  • hereditäres Angioödem
  • Hirnödem
  • Hungerödem
  • Hydrops fetalis
  • Intimaödem
  • Knöchelödem
  • Knochenmarködem
  • Larynxödem
  • Lidödem
  • Lungenödem: interstitielles Lungenödem, intraalveoläres Lungenödem, Höhenlungenödem
  • Lymphödem
  • Makulaödem
  • Myxödem
  • Phlebödem
  • Quincke-Ödem
  • Reinke-Ödem
  • Schwangerschaftsödem
Auslöser
  • erhöhter hydrostatischer Druck in den Kapillaren
  • niedriger onkotischer Druck in den Kapillaren
  • erhöhter onkotischer Druck außerhalb der Kapillaren
  • Behinderung der Lymphabflusses
Ursachen
  • Änderungen der Flüssigkeitsbewegungen zwischen den Kapillargefäßen und dem Interstitium
Risikofaktoren
  • Blutdruckanstieg in den Kapillaren (arterielle Seite): Venenentzündung
  • Anstieg des venösen Drucks: Venenthrombose, Herzinsuffizienz (links: Lungenödem, rechts: Körperödeme), mechanische Stauung (enge Strümpfe)
  • verminderter Lymph-/Blutabfluss (lokale Ödeme): Operationen, Tumoren (Kompression, Verdrängung), Strahlentherapie (Verödung), Thrombose, Trauma, Allergien (Insektenstiche, Nahrungsmittel, Medikamente)
  • zu wenig Proteine im Plasma (Eiweißverlust): Niere (Proteinurie, nephrotisches Syndrom, Glomerulonephritis), Leber (Leberzirrhose, Tumoren), zu wenig Zufuhr (Diäten, Eiweißmangel), Resorptionsstörungen im Darm (Sprue, M. Crohn, Colitis ulzerosa, Pankreasinsuffizienz), Hungerödem
  • durch Entzündungen (lokale Ödeme): Erysipel
  • Erhöhung des hydrostatischen Druckes: Herzinsuffizienz, Thrombosen, Venenklappeninsuffizienzen
  • Erniedrigung des kolloidosmotischen Druckes: nephrotisches Syndrom, Leberzirrhose
Symptome Hängen davon ab welches Körperteil/ welches Organ davon betroffen ist:
  • Allgemeinsymptome: diffuse Schwellung, Spannungsgefühl, beim Drücken auf das Gewebe bleibt eine Delle zurück, Gewichtszunahme
Diagnose Anamnese: Klinik,Grunderkrankungen, Traumen, Operationen, Gerinnungsstörungen, Medikamente
Körperliche Untersuchung: Ganzkörper (Temperatur, Hautfarbe, Umfang)
  • Inspektion: Gewichtszunahme, dicken Knöcheln (Herz), Zunahme des Leibesumfanges (Aszites => Leber), Schwellung des Gesichtes (Nieren)
  • Auskultation: Lunge
Labor: Blutbild, BSG, CRP, Blutzucker, Kreatinin, Harnstoff, Elektrolyte, Transaminasen, Gerinnung, Harn-Streifentest
Apparative Diagnostik: Röntgen-Thorax, Sonografie, Duplexsonografie, EKG, Phlebografie, CT, MRT
Therapie
  • Allgemeinmaßnahmen: Behandlung der Grunderkrankung, Kompressionsstrümpfe, warm-kalte Wechselbäder, Bewegung, Beine hochlegen
  • Ernährungstherapie: Kartoffel, Reis, salzfrei
  • Medikamentöse Therapie: Diuretika
Sonderfall:
Ödeme bei
Entzündungen/ Allergien/ Verbrennungen
Hierbei werden Mediatoren (Histamin, Bradykinin) freigesetzt, die eine Kontraktion der Endothelzellen bewirken, wodurch größere Lücken im Endothel entstehen, durch diese wandern vermehrt Proteine vom Plasma ins Interstitium. Damit steigt der onkotische Druck im Interstitium, der in den Kapillaren fällt ab, es kommt zur vermehrten Filtration ins Interstitium und damit zu Ödemen.