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Akute Pankreatitis

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Akute Pankreatitis

Akute Pankreatitis ist eine akute Entzündung der Bauchspeicheldrüse mit Selbstandauung (Autodigestion). Als Ursache kommen vor allem Erkrankungen der Gallenwege oder ein Alkoholabusus in Frage. Die Bauchspeicheldrüse entzündet sich plötzlich, vergrößert sich und es stauen sich die hier produzierten Vorstufen der Verdauungsenzyme im Pankreasgang zurück. Durch diesen Rückstau werden sie nun im Pankreas aktiviert, was sonst nur so im Verdauungstrakt geschieht.  Es kommt zur Selbstandauung des Organs. Die Zellen der Bauchspeicheldrüse werden damit geschädigt. Weiter werden schädigende Stoffe über das Blut im ganzen Körper verteilt. Diese greifen verschiedene Organe (Nieren, Lunge usw.) an, so dass diese in ihrer Funktion beeinträchtig werden. Der Verlauf ist sehr variabel. Die schwerste Form ist die hämorrhagisch-nekrotisierende Pankreatitis mit raschem Gewebeuntergang, Einblutungen, und einem Schock. Dies überleben 50 % der Erkrankten nicht.

Leitmerkmale (3 S): (bei der leichten Form kommt es zu keinem Schock)
Schmerzen: Oberbauch, gürtelförmig
Stoffwechselstörung: Malabsorption
Schock
Definition Bei der akuten Pankreatitis entzündet sich die Bauchspeicheldrüse und es kommt zur Selbstandauung des Organs

Einteilung nach Schwere
  • leichte akute Pankreatitis: ohne lokale Nekrosen und Komplikationen
  • mittelschwere akute Pankreatitis: mit Komplikationen und Organversagen, bessern sich nach 48 Stunden
  • schwere Pankreatitis: länger anhaltendes Organversagen, Multiorganversagen
Einteilung nach Krankheitszeichen
  • akut ödematöse Pankreatitis: vorübergehende Schädigung des Pankreas, es sind keine weiteren Organe beschädigt, es entsteht kein Dauerschaden
  • akut nekrotisierende Pankreatitis: Pankreasgewebe wird zerstört und stirbt ab, Funktionsausfall anderer Organe, lebenslange Schäden
Pathogenese Durch ödematöse Schwellungen und Entzündungsherde kommt es zu einer Vergrößerung der Bauchspeicheldrüse und zu einem Rückstau der aktivierten Verdauungsenzyme. Diese werden bereits im Pankreas und nicht erst im Dünndarm aktiviert mit der Folge einer Selbstandauung des Organs (Autodigestion bis zur Pankreasnekrose). Der Verlauf ist sehr variabel. Greift die Entzündung auf den Pankreas umgebende Fettgewebe über so kommt es zu Nekrosen, die wenn sie durchbrechen Blutungen, Abszesse, Pseudozysten hervorrufen können

Ursachen
  • Gallenwegserkrankungen (40%): Stauung durch Gallensteine oder Tumoren, Stenosen der Papilla vateri (Gallenreflux), Spasmen
  • Alkohol (40%)
  • Infektionen: Viren (Hepatitis, Mumps, HIV), Mykoplasmen, Würmer
  • Stoffwechselerkrankungen: Hyperkalzämie (Überfunktion der Nebenschilddrüse), Hyperthyreose, Hyperparathyreoidismus, Diabetes mellitus, Mukoviszidose, ausgeprägte Hypertriglyzeridämie, Urämie
  • Pankreas: Steine, Verletzungen (z.B. nach ERCP, Bauchoperation), Tumoren
  • Schock, Trauma, eiweißreiche/fettreiche Ernährung
  • Medikamente: Kortikosteroide, Östrogen, Diuretika, Antikoagulantien, Antibiotika, Antikonvulsiva
Symptome Oft nach einer reichlichen Mahlzeit mit hohem Fettgehalt und Alkohol:

  • Leitsymptome (3 „S“)
    • Stoffwechselstörung: Malabsorption, Massenstühle, nachfolgende Obstipation
    • Schmerzen: Vernichtungsschmerz imOberbauch (oberhalb des Bauchnabels; Abwehrspannung der Bauchdecke, elastischer „Gummibauch“), auch kolikartig, plötzlich, gürtelförmig, ausstrahlend in den Rücken, gesamter Bauch (8-12 Stunden nach einem opulenten Mahl/Alkoholexzess)
    • Schock (Blutdruckabfall, Tachykardie)

  • Allgemeinsymptome: Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Meteorismus, Unruhe, subfebrile Temperaturen, Tachykardie, aufgetriebener Bauch
  • In schweren Fällen: Ikterus, Aszites, Pleuraergüsse, Ileus, Niereninsuffizienz, Schockzeichen, dabei Blässe, aber hochrote bis zyanotische Wangen, Gesichtsrötung, bläulich-grünliche Flecken (um Bauchnabel, Flankenbereich), Zeichen der Verbrauchskoagulopathie
Diagnose Anamnese: Gallensteine, Alkohol, fettes Essen, Medikamente, Ulcusleiden
Körperliche Untersuchung: Bauchraum (druckschmerzhaft, gering gespannt, elastisch), Darmgeräusche (evtl. Ileus)
Labor:Alpha-Amylase stark erhöht, Lipase stark erhöht, Gamma-GT erhöht, AP erhöht, Bilirubin erhöht, GOT erhöht, GPT erhöht, Blutbild (Leukozytose, Thrombopenie), BKS erhöht, CRP erhöht, Blutzucker (Hyperglykämie) erhöht, Kalium, Kalzium erniedrigt, Kreatinin erhöht, Harnstoff erhöht, Gerinnung, Gesamteiweiß, Trypsin, Säure-Basen-Haushalt,  Chymotrypsin (Stuhl), Proteinurie (Harn)
Apparative Diagnostik: Abdomen-Sonographie (Zysten, Abszesse, Aszites?), Rö-Thorax/-Abdomen, CT (Gallensteine, Ileus), ERCP (Stenosen, Steine?), EKG (Hinterwandinfarkt?), Endoskopie

Differentialdiagnose
  • enteral: akute Cholangitis, Ulkusperforation/-penetration, akute Gastroenteritis, Nieren-/Gallenkolik, mechanischer Ileus, Appendizitis, Pankreaskarzinom, akutes Abdomen
  • kardial/vasal: Herzinfarkt, Mesenterialinfarkt, Ruptur eines Bauchaortenaneurysma
  • pulmonal: Lungenembolie, Pneumonie
  • Schub einer chronischen Pankreatitis
  • Praecoma diabeticum
  • Porphyrie
  • Addison-Krise
  • Milzriss
Komplikationen
  • bakterielle Infektion von Pankreasnekrosen (Abszesse) mit septischen Komplikationen (Schock)
  • Kreislaufversagen mit Nierenversagen
  • Schocklunge (ARDS)
  • Verbrauchskoagulopathie
  • Blutungen
  • Pleuraerguss
  • Sepsis
  • Multiorganversagen: Herz, Lunge, Nieren
  • Pankreasabszesse
  • Chronifizierung
  • Ileus
  • Peritonitis
  • Pseudozystenbildung (Hohlraum, der von Bindegewebe umgeben ist ohne Epithelauskleidung)
Therapie Immer stationär

  • Bei leichten Formen:
    • Ernährungstherapie: protein-/fettarmer Schondiät, kein Kaffee/Gebratenes, Alkoholverbot
    • Medikamentöse Therapie: Substitution von Pankreasenzymen, entzündungshemmende Medikamente

  • Bei akuten Abdomen (NOTFALL):
    • Notarzt verständigen, der Patient bleibt liegen
    • Allgemeinmaßnahmen: Bettruhe, engmaschige Kontrolle auf der Intensivstation, Stressprophylaxe
    • Ernährungstherapie: Nahrungs-/Flüssigkeitskarenz (parenterale Ernährung/ Flüssigkeitszufuhr), Elektrolyte, volle parenterale Ernährung erst nach 3-5 Tagen, dann leichter Kostaufbau bei Besserung der Beschwerden
    • Medikamentöse Therapie: Analgetika, Spasmolytika, Antibiotika, Protonenpumpenhemmer zur Prophylaxe eines Ulkus, Thromboseprophylaxe
    • Operative Therapie: Pankreaspseudozysten und -abszesse werden drainiert, bei Versagen der konservativen Therapie: Nekrosenausräumung, Hämolyse, evtl. Teilresektion, endoskopische Sphinkterotomie
Prognose Bei schweren Verläufen 80 % Letalität
Rezidive müssen verhindert werden (Alkoholverbot, Sanierung der Gallenwege).

 

Notfall

Notfallmaßnahmen bei der akuten Pankreatitis:

  • Anruf: Notarzt
  • Allgemeinmaßnahmen: Patienten beruhigen, Patient zudecken
  • Lagerung: Oberkörper leicht erhöht, Knierolle, bei Bewusstlosigkeit stabile Seitenlage
  • Vitalzeichenkontrolle: engmaschig
  • Zusatzmaßnahmen: Sauerstoffgabe, i.v.- Zugang, Schockbehandlung
  • Medikamentengabe: Analgesie, Spasmolyse
  • Cave: Nulldiät, evtl. Dauerabsaugung des Magens, parenterale Ernährung
Merke
Die akute Pankreatitis zeigt keine Durchfälle (nur die chronische Form).

ff